Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Die Ruhe vor der Wahl
2024 will die CDU stärkste kommunale Kraft bleiben – Für einen wird es vorher ernst
SCHÖNTAL - Es ist die letzte Bastion der CDU im einst schwarzen BadenWürttemberg: Noch ist sie stärkste Kraft in Gemeinden und Landkreisen. Die Grünen habe aber für 2024 bereits zur Attacke geblasen. Wie die Christdemokraten diese abwehren wollen, haben sie am Wochenende bei ihrer Klausur im Kloster Schöntal (Hohenlohekreis) besprochen. Wer 2026 das Ministerpräsidentenamt von den Grünen zurück erobern soll, stand nicht auf der offiziellen Agenda. Doch eine Tendenz zeichnet sich immer deutlicher ab.
Zum 14. Mal trafen sich Amts- und Mandatsträger der Partei aus EU, Bund, Land und Kommunen in dem Kloster. Zuletzt gab es ähnlich viele Anmeldungen im Jahr 2017, als die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Aufwartung machte. Schon damals musste sich die CDU in Baden-Württemberg mit der Rolle des Juniorpartners in der grünschwarzen Koalition begnügen.
Daran hat sich im Land nichts geändert, 2021 scheiterte die Partei mit Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann mit einem historischen schlechten Ergebnis an den eigenen Ansprüchen und an der Popularität von Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne). Der wird nun 2026 nicht mehr antreten, die Chancen für eine Rückkehr an die Spitze sollten also besser stehen. Die Frage ist nur, wer der geeignete Kandidat dafür ist. „Damit beschäftigen wir uns nicht“, sagte Landeschef und Südwest-Innenminister Thomas Strobl dazu im Kloster. Dass er selbst antritt, ist unwahrscheinlich. Seine Partei zollt ihm zwar Respekt dafür, dass er die Scherben nach diversen Niederlagen zusammengekehrt hat und jedes Mal einsprang, wenn das übrige Spitzenpersonal scheiterte. Doch nun, so sagen viele aus dem Führungszirkel, sei die Zeit für einen geordneten Rückzug gekommen. Die Frage für das laufende Jahr lautet: Tritt jemand im Herbst auf dem Landesparteitag für den Landesvorsitz an? Und wenn ja: Wer? Derjenige wäre im Rennen um eine Spitzenkandidatur 2026 ganz vorne mit dabei. Aktuell fallen vor allem drei Namen: der von Thorsten Frei, Bundestagsabgeordneter aus dem Schwarzwald und parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion. Allerdings punktet Frei derzeit in Berlin. Sollte bei den Bundestagswahlen im Herbst 2025 wieder eine Regierungsbeteiligung für die CDU herausspringen, gilt er momentan als möglicher Innenminister. Für eine Spitzenkandidatur bei den Landtagswahlen 2026 müsste er auf bundespolitische Ambitionen verzichten – ohne Garantie, dass es in Baden-Württemberg 2026 tatsächlich fürs Amt des Regierungschefs reicht. Dass Frei bereits am Freitag wieder abreiste, galt vielen als Signal für seine Präferenzen.
Der zweite Name: Andreas Jung, Konstanzer Bundestagsabgeordneter und Landesgruppenchef. Der vor allem in der Klima- und Energiepolitik profilierte Jung ist vielen aber zu leise, zu wenig zupackend für ein Duell um das Ministerpräsidentenamt. Außerdem ist der Widerstand der Landespolitiker gegen einen Kandidaten aus Berlin derzeit recht groß.
Bleibt noch Name Nummer drei: Manuel Hagel, Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion. Besonders aus den Reihen der Abgeordneten im Stuttgarter Parlament wird Hagel für sein Talent gelobt, die lange zerstrittene Fraktion geeint und auch mit dem Rest der Partei versöhnt zu haben. So geräuschlos wie zuletzt arbeiteten Partei und Fraktion in der Tat selten zusammen. Dieses Bild konnte in Schöntal selbst die Kritik des Landeschefs der Christlich-Demokratischen
Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, an mangelndem Profil und mangelnder Transprenz der CDU nur kurz stören. Und auch mehrere Mitglieder des Landesvorstands stimmen überein in der Prognose: Sollte Hagel sich im Herbst zur Wahl stellen wollen, werde er auch die Unterstützung bekommen. Strobl müsse das anerkennen und nicht mehr antreten. Wenn Hagel zugreift, geht er ins Risiko. Denn gewählt wird erst 2026, bis dahin stünde er im Rampenlicht. Selbst seine Anhänger betonen, dass Hagel mit bald 35 Jahren noch einiges an Erfahrung fehlt – die Zeit, entscheidende Fehler zu machen, wäre lang.
Andererseits müsse man zugreifen und hinstehen, wenn sich die Chance biete, die Unterstützung der Partei sei ja da. Offiziell schwiegen die Protagonisten dazu. Worum es geht, ist aber ihnen und den übrigen CDUlern natürlich klar. „Da drinnen war grad Schaulaufen“, berichtet ein Teilnehmer aus dem Saal, nachdem Hagel und Jung aus Landtag- und Bundetsag berichtet haben – beide länger als geplant.