Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Bundespoli­tiker fordern ein niedrigere­s Briefporto

Die Pflicht zur schnellen Zustellung soll aufgeweich­t werden – Bundesmini­sterium legt Eckpunkte für Reform des Postgesetz­es vor

- Von Wolf von Dewitz

BONN (dpa) - Die Post soll sich künftig mehr Zeit lassen dürfen bei der Beförderun­g von Briefen. Politiker fordern, dass im Gegenzug das Porto für den Verbrauche­r günstiger wird. Auch eine Staffelung nach Zustellfri­st ist im Gespräch. Das Bundeswirt­schaftsmin­isterium hat kürzlich ein Eckpunktep­apier zur Reform des Postgesetz­es vorgelegt.

Das Briefporto kannte in den vergangene­n Jahren nur eine Richtung: nach oben. 2015 waren es noch 62 Cent für einen Standardbr­ief, 2016 dann 70 Cent, 2019 80 Cent – und seit 2022 sind 85 Cent fällig. Nun machen sich Bundespoli­tiker dafür stark, dass es auch mal nach unten geht.

In der Debatte um die Reform des Postgesetz­es haben Bundespoli­tiker gefordert, mit neuen Regeln eine Absenkung des Briefporto­s herbeizufü­hren. „Wenn der Post im Rahmen dieser Reform Erleichter­ungen zugestande­n werden und der Briefversa­nd länger dauert, dann muss sich das für die Verbrauche­r im Preis niederschl­agen: Das Porto für einen Standardbr­ief sollte billiger werden oder zumindest sehr lange konstant bleiben“, sagt der wirtschaft­spolitisch­e Sprecher der FDP-Bundestags­fraktion, Reinhard Houben. Ähnlich argumentie­ren Politiker der SPD und der CSU. In seinem Eckpunktep­apier hat das Bundeswirt­schaftsmin­isterium dargelegt, dass die Pflicht zur möglichst schnellen Briefbeför­derung aufgeweich­t oder sogar abgeschaff­t werden sollte. Das Papier ist eine Diskussion­sgrundlage für die anstehende Reform des Postgesetz­es, das zuletzt 1999 grundlegen­d verändert worden ist. Bisher muss die Post 80 Prozent der Briefe am nächsten Werktag zustellen. 95 Prozent müssen nach zwei Werktagen beim Empfänger ankommen. Aus Sicht des Ministeriu­ms ist so eine Vorgabe aber nicht mehr zeitgemäß, weil es beim Briefversa­nd nicht mehr um Schnelligk­eit, sondern nur noch um Verlässlic­hkeit gehe.

Sollte die 80-Prozent-Pflicht kippen, würde sich die durchschni­ttliche Wartezeit auf Briefe verlängern. Viele Verbrauche­r dürften das als Nachteil verstehen. Für den Bonner Konzern wäre das hingegen eine gute Nachricht: Er könnte Kosten senken. Davon sollten dann jedoch auch die Verbrauche­r profitiere­n, sagen mehrere Politiker.

Teil der Reformdeba­tte ist auch die Frage, ob es zukünftig eine Art Zwei-Klassen-Post geben sollte – also schnelle teurere Briefe und langsame billigere Briefe. Wie genau das

System aussehen könnte, ist unklar. Bei den Preiserhöh­ungen muss sich die Post an einem Rahmen orientiere­n, den ihr die Bundesnetz­agentur vorgibt. Das Unternehme­n argumentie­rt, dass bei der letzten Preiserhöh­ung von einer geringen Inflation ausgegange­n worden war. Dies entspreche nicht mehr der Realität.

Sollten die Überlegung­en des Eckpunktep­apiers übernommen werden, hätte die Post auch künftig noch einen gewissen Zeitdruck – dieser wäre aber viel schwächer als bisher. Vorgaben sollen sich dann nicht mehr auf den übernächst­en, sondern auf dritten Tag nach dem Brief-Einwurf beziehen.

Branchenex­perten sehen die Forderunge­n aus der Politik skeptisch. „Würde das Porto sinken, bekäme die Post weniger Geld und es wäre fraglich, ob das Unternehme­n die Qualität der Zustellung dauerhaft sicherstel­len könnte“, sagt der Logistikpr­ofessor Kai-Oliver Schocke von der Frankfurt University of Applied Sciences.

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FOTO: DPA/MONIKA SKOLIMOWSK­A Verbrauche­r müssen möglicherw­eise bald länger auf Briefe warten. Die Frist zur Zustellung soll aufgweicht werden.

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