Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Brandstifter zeigt sich reumutig
Schnelle Reaktion eines Hausbewohners verhindert Schlimmeres – Amtsgericht Wangen verhängt Freiheitsstrafe
WANGEN - In der Dunkelheit schlich er zum Haus seines Widersachers, goss Benzin an Haustür und Klingelanlage sowie auf einen angrenzenden Schuppen und zündete das Ganze an. Es sollte eine Warnung für einen Bekannten sein, mit dem es offenbar Schwierigkeiten wegen einer Drogenlieferung gegeben hatte. Nur das rasche Eingreifen eines Bewohners der Drei-Parteien-Hauses verhinderte ein Ausbreiten der Flammen. Es wurde niemand verletzt und es entstand nur geringer Sachschaden, die Betroffenen kamen mit dem Schrecken davon. Wegen dieser versuchten schweren Brandstiftung landete ein 40-Jähriger jetzt vor dem Amtsgericht. Er war noch in der Tatnacht im Dezember vergangenen Jahres festgenommen und in Untersuchungshaft gebracht worden.
Reumütig hatte der Angeklagte schon vor der Verhandlung ein umfangreiches Geständnis an die Justizbehörde in Ravensburg geschickt. „Es tut mir sehr leid, das war eine große Dummheit“, sagte er auch vor Gericht wieder. „Ich war mies drauf damals.“Er führte seine Alkoholund Drogenabhängigkeit sowie eine Psychose als Begründung für seine Tat an. Er höre immer wieder Stimmen und habe Wahnvorstellungen. Er beteuerte, er wolle keine Drogen mehr nehmen und eine Langzeittherapie
machen. „Bitte geben Sie mir eine Chance, ein neues Leben zu beginnen und meine Kinder wiederzusehen.“
Auf die Spur des Angeklagten kam die Polizei durch ein Überwachungsvideo, das den Bereich des angezündeten Hauseingangs zeigt und das der Vermieter noch in der Brandnacht sichtete und an die Beamten weiterleitete. Darauf war der Angeklagte bei seinem Brandanschlag deutlich zu sehen und er wurde von demjenigen, dem die Tat galt, wiedererkannt. Der Kriminaldauerdienst in Ravensburg übernahm die Ermittlungen und nahm den Mann noch in der Tatnacht in seiner Wohnung fest.
Ein Gutachter des Zentrums für Psychiatrie (ZfP) in Wangen, den das Gericht hinzugezogen hatte, bescheinigte ihm eine schwere Suchterkrankung sowie eine Schizophrenie. Die Alkohol- und Drogenabhängigkeit begleite den Mann mit schwerer Kindheit bereits seit seiner Jugend. Auch im Berufsleben habe er nie richtig Tritt gefasst und ein unstetes Leben geführt. Gleichzeitig hob der Experte hervor, dass die Einsichtsfähigkeit des Angeklagten trotz eines erheblichen Alkoholkonsums vor der Tat nicht eingeschränkt gewesen sei. Auf die Frage des Richters, was dem Angeklagten wirklich helfen könne, antwortete der Gutachter: „eine über Jahre dauernde Behandlung unter klaren Bedingungen, die die verlässliche Einnahme seiner Medikamente und eine Abstinenz sicherstellt“.
Angesichts eines beachtlichen Vorstrafenregisters, mehrerer abgebrochener Entzugstherapien und „kaum Aussicht auf Besserung“, forderte die Staatsanwältin eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Der Anwalt des Mannes plädierte auf eine Strafe auf Bewährung und mit klaren Auflagen – wie Therapie, Meldepflicht, Nachweis der Medikamenteneinnahme. „Denn wenn er im Gefängnis nur die Strafe absitzt, kann er danach wieder machen, was er will, und es ist nichts gewonnen“. Das Gericht folgte jedoch keinem der Plädoyers und verhängte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten ohne Bewährung.