Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Künstlerinnen mussten sich Studium einst erkämpfen
Enormer Andrang zur Ausstellung „Starke Frauen – Künstlerinnen im Dialog“in der Lände
KRESSBRONN - Frauen, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts zur Künstlerin berufen fühlten, brauchten einen starken Willen, um ihr Ziel zu erreichen. Vier solcher Frauen zeigt die Lände Kressbronn in ihrer am Sonntagmorgen eröffneten Ausstellung „Starke Frauen – Künstlerinnen im Dialog“. Auch die musikalische Umrahmung durch junge Pianistinnen der Jugendmusikschule konzentrierte sich auf Werke von Komponistinnen.
„Ihre Lebensgeschichten erzählen von Mut, Erfindungsreichtum, Ausdauer und unterschiedlichen Strategien zur Überwindung zahlreicher Hindernisse auf ihrem Lebensweg“, sagte Bürgermeister Daniel Enzensperger in seiner Einführung.
Alle vier Künstlerinnen – Mathilde Vollmoeller-Purrmann (1876 bis 1943), Fridel DethleffsEdelmann (1899 bis 1982), Hilde Broër (1904 bis 1987) und Rose Sommer-Leypold (1909 bis 2003) – hat ihr Lebensweg in den Umkreis von Kressbronn geführt, manch ältere Besucher der Vernissage haben sie noch persönlich kennengelernt. Unter den zahlreichen Gästen waren auch ein Neffe von Fridel Dethleffs-Edelmann und Angehörige von Hilde Broër.
Dass die ausgestellten Werke nicht nur aus dem Fundus der
Lände stammen, sondern zudem als Leihgaben von der Galerie Bodenseekreis, vom Museum Langenargen, von der Stadtgalerie Schramberg, dem Heimatverein Immenstaad und der Galerie Dethleffs in Isny kommen, ist ein erfreuliches Zeichen kollegialer Zusammenarbeit der Kunstinstitutionen.
Die Werke von Mathilde Vollmoeller-Purrmann sind zugleich Teil der Kooperationsausstellung
„Purrmann SEEWEIT“der Galerie Bodenseekreis in Meersburg, des Museums Langenargen und der Lände.
Wie mühsam der Weg der vier Künstlerinnen war, wie schwer der Zugang zu einem Kunststudium, davon berichtete die Kunsthistorikerin Babette Caesar in ihrer Vernissagerede. In ihrer fundierten, mit farbigen Zitaten unterlegten Rede brachte sie die Lebenswege der Künstlerinnen nahe, zeigte sie im Spannungsfeld zwischen künstlerischer Ambition und gesellschaftlicher Erwartung, die Rolle als Ehefrau und Mutter zu erfüllen.
Für die Heirat mit Arist Dethleffs habe die selbstbewusste und weitgereiste Fridel DethleffsEdelmann sogar einen ihr angebotenen Lehrstuhl ausgeschlagen. Dafür hat sie am Entwurf der Dethleffschen Wohnwägen mitgearbeitet und konnte somit
Mann und Tochter Ursula begleiten und zugleich das „Wohnauto“zum Atelier machen und malen.
Mathilde Vollmoeller-Purrmann fand nach Langenargen, als die Familie dort das Fischerhaus Feriendomizil erwarb, wo sie sich dem Aquarell zuwandte und luftig-leichte Impressionen vom See malte. Hilde Broër war 1943 Berthold Müller-Oerlinghausen zu den Mosaikwerkstätten in Kressbronn gefolgt, sie fand ihren Weg in der „kleinen Form“der Medaillen, bei denen sie Spitzenwerke der Kunst geschaffen habe – sie sind ebenso in der Ausstellung zu sehen wie Reliefs in Gips, Zement und Bronze.
Die in Schramberg geborene Rose Sommer-Leypold musste ihr Studium an der Kunstakademie Stuttgart unterbrechen, um ab 1933 in der elterlichen Landwirtschaft mitzuhelfen – erst 1989 nach der Übergabe des Hofes konnte sie wieder ganz Malerin sein.
Die Ausstellung zeigt eine überwältigende Fülle von Werken, überwiegend Porträts, Stillleben, Blumen, Landschaften – es ist eine Freude, darin mit den Augen spazieren zu gehen. Die Ausstellung ist bis 27. August zu sehen. Öffnungszeiten: sind Freitag und Samstag 15 bis 17 Uhr, Sonntag 14 bis 17 Uhr. Führungen finden am 9. Juli, 23. Juli und 6. August, jeweils um 16 Uhr statt.