Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Historisch schlecht

Deutsches U21-Team scheitert bei der EM kläglich an England – Fans singen nach 0:2: „Wir haben die Schnauze voll“

- Von Miriam Schmidt

BATUMI (dpa) - Tief enttäuscht stand Antonio Di Salvo nach der Blamage von Batumi reglos vor seiner Trainerban­k, seine Spieler schlichen mit leerem Blick Richtung Fans. Die deutsche U21 hat mit einem kläglichen Auftritt gegen England ihr frühes EM-Scheitern besiegelt und zum ersten Mal seit zehn Jahren nicht die Vorrunde überstande­n. „Das tut weh“, sagte Tom Krauß von Schalke 04. „Das haben wir uns alle ganz anders vorgestell­t, das ist klar“, gab Coach Di Salvo bei Sat.1 zu.

Seine Mannschaft verlor am Mittwoch verdient mit 0:2 (0:2) gegen den Titelfavor­iten und verpasste damit auch das OlympiaTic­ket für Paris 2024 – als Tabellenle­tzter. Rund ein halbes Jahr nach der WM-Blamage des ATeams in Katar befeuerte das frühe Fiasko auch die schwere Krise des deutschen Fußballs weiter. Schon vor dem Abpfiff sangen deutsche Fans im Stadion: „Wir haben die Schnauze voll.“

Gegen den deutschen Nachwuchs – angetreten als Titelverte­idiger – erzielten vor 9587 Zuschauern Cameron Archer (4. Minute) und Harvey Elliott (21.) die Tore. Nach chancenlos­en 90 Minuten plus Nachspielz­eit zog Krauß ein alarmieren­des Fazit: „Es ist schon ein Qualitätsu­nterschied heute gewesen, das hat man brutal gesehen.“

Die DFB-Elf blamierte sich mit nur einem Punkt aus drei Spielen in der machbaren Vorrundeng­ruppe. So schlecht war Deutschlan­ds U21 bei einer EM-Teilnahme noch nie. Seit der Einführung der Gruppenpha­se holte das Team mindestens einen Sieg, wenn es qualifizie­rt war. Auch für Di Salvo verlief das erste Turnier als Chefcoach nach der Erfolgsära von Stefan Kuntz und dessen drei Final-Teilnahmen in Serie sowie zwei Titeln auf ganzer

Linie ernüchtern­d. „Jetzt müssen wir ganz kritisch das Turnier analysiere­n. Wir haben alles versucht mit dem Kader, der uns zur Verfügung stand“, sagte er.

Für das Weiterkomm­en hätte seine Elf ohnehin ein kleines Fußball-Wunder gebraucht. Doch der Blick auf das Parallelsp­iel mit Hoffnungen auf einen Sieg Israels gegen Tschechien erübrigte sich früh. Sportdirek­tor Rudi Völler musste von der Tribüne aus zusehen, wie sich die überforder­te deutsche Abwehr ein ums andere Mal von den schnellen Engländern ausspielen ließ.

Drei Neue hatte Di Salvo gebracht, darunter Innenverte­idiger Marton Dardai von Hertha BSC. Doch die neu formierte Defensive funktionie­rte überhaupt nicht. Englands B-Elf mit insgesamt acht Neuen wirbelte nach Belieben. Die Young Lions hatten den Viertelfin­al-Einzug und Platz eins in der Gruppe bereits vor Anpfiff sicher gehabt.

Und dann war Di Salvo auch noch gezwungen, seine bislang halbwegs funktionie­rende rechte Seite umzubauen. Der A-Nationalte­am-erfahrene Josha Vagnoman humpelte nach knapp einer Viertelstu­nde vom Platz. Als sich das deutsche Team gerade etwas zu fangen schien und mutiger nach vorn spielte, schlugen die Engländer erneut zu. Liverpools Elliott lief der gesamten deutschen Abwehr davon und vollstreck­te eiskalt. Kapitän Yann Aurel Bisseck verhindert­e zweimal in höchster Not noch Schlimmere­s (26./33.)

Vorn mühte sich der erstmals in der Startelf stehende 18-jährige Nelson Weiper vom FSV Mainz 05, wirklich zwingend wurde die Di-Salvo-Elf aber nicht. Der 44Jährige breitete an der Seitenlini­e ratlos die Arme aus. Im Sturmzentr­um fehlte dem Coach erneut Torjäger Youssoufa Moukoko. Der 18-Jährige musste nach seinem enttäusche­nden EM-Debüt und den rassistisc­hen Beleidigun­gen gegen ihn wieder wegen muskulärer Beschwerde­n passen.

Die beste Nachricht war für die deutsche Elf das Ergebnis. Auch nach dem Seitenwech­sel hatte England Chancen für weitere Tore, auch wenn der Nachwuchs des Vize-Europameis­ters einen Gang zurückscha­ltete. Bei Deutschlan­d lief dagegen weiterhin wenig bis nichts zusammen. Die Partie plätschert­e dem Ende entgegen.

 ?? FOTO: SEBASTIAN KAHNERT/DPA ?? Entsetzen schon während des Spiels: Deutschlan­ds Nelson Weiper (links) rauft sich die Haare, Englands Charlie Cresswell ist eher gelassen. Die DFB-Auswahl verpasst mit dem 0:2 auch die Olympia-Qualifikat­ion.
FOTO: SEBASTIAN KAHNERT/DPA Entsetzen schon während des Spiels: Deutschlan­ds Nelson Weiper (links) rauft sich die Haare, Englands Charlie Cresswell ist eher gelassen. Die DFB-Auswahl verpasst mit dem 0:2 auch die Olympia-Qualifikat­ion.

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