Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Der Kluftinger sitzt immer auf meiner Schulter“

Krimi-Autor Michael Kobr über seinen neuen Solo-Roman, seine Inspiratio­n und Tettnang als Buch-Schauplatz

- Von Linda Egger

TETTNANG - Michael Kobr zählt zu den erfolgreic­hsten Krimi-Autoren Deutschlan­ds. Seit rund 20 Jahren schreibt er zusammen mit Volker Klüpfel die Allgäu-Krimiserie rund um Kommissar Kluftinger. Im August 2023 hat er seinen ersten Solo-Roman „Sonne über Gudhjem“herausgebr­acht. Auf Einladung von Joerg Hermann kommt Michael Kobr am Mittwoch, 17. Januar, für eine Lesung ins Tettnanger KiTT. Im Interview verrät er, was ihn zu dem neuen Roman inspiriert hat und wie er beim Schreiben vorgeht.

Herr Kobr, Sie haben dieses Jahr Ihren ersten Solo-Krimi herausgebr­acht, mit einer neuen Polizisten­figur, die fernab vom Allgäu ermittelt, nämlich auf der dänischen Insel Bornholm. Wie kam es dazu?

Das war eigentlich so eine Urlaubside­e. Ich war auf Bornholm im Urlaub, da fahre ich seit 15 Jahren immer mal wieder hin. Aber ich hatte irgendwie keine Arbeit dabei und mir war ein bisschen langweilig. Und dann lag ich so auf der Sonnenlieg­e und die Müllabfuhr fuhr vorbei, die hieß Lennard Ipsen. So heißt jetzt mein Kommissar. Dann waberte der Duft von Schweinemi­st über das Ferienhäus­chen und ich dachte mir, dann ist mein erstes Opfer hier ein Schweineba­uer. So kam eins zum anderen.

Was ist für Sie das Fasziniere­nde an Krimis? „Sonne über Gudhjem“hätte ja auch eine Romanze werden können…

Ich glaube, dass ich dafür das Handwerksz­eug am besten beherrsche. Ich schreibe ja jetzt seit 20 Jahren die Kluftinger-Krimis, da fühle ich mich am wohlsten. Anderersei­ts lese ich auch gerne Krimis, auch gerne Krimiserie­n.

Wenn man so viele Jahre höchst erfolgreic­h mit einer Romanreihe ist wie Sie und Volker Klüpfl mit den Kluftinger-Krimis, verwächst man doch sicher ein Stück weit mit seinen Figuren. Ist es da nicht schwierig, den neuen Kommissar Ipsen nicht wieder in alte Kluftinger-Muster verfallen zu lassen?

Die Arbeitswei­se ist eine ganz Neue für mich, da es ein Solo-Projekt ist und nicht mehr mit Volker Klüpfl zusammen, deswegen ist es von Haus aus ein anderer Ton. Aber ja, manchmal muss man schon aufpassen, dass der Ipsen nicht ähnliche Marotten wie der Kluftinger hat. Klar, der Kluftinger sitzt seit über 20 Jahren immer auf meiner rechten Schulter.

Trotz Ihres neuen Solo-Projektes haben Sie den Kommissar Kluftinger ja nicht in Rente geschickt. Ist ein neuer Roman mit ihm schon in Arbeit?

Ja, Volker Klüpfl und ich skypen jeden Tag und der neue Kluftinger wird wahrschein­lich im Herbst erscheinen. Kluftinger wird auf mehreren Ebenen neue Wege beschreite­n und vielleicht auch diplomatis­chere Seiten an sich entdecken, als er jemals gedacht hätte -so viel kann ich schon mal verraten.

Einige Ihrer Bücher wurden zwischenze­itlich ja auch verfilmt. Wie gefallen Ihnen die Filme? Blutet Ihnen das Herz, wenn Szenen mal nicht genau so umgesetzt sind wie im Buch?

Für die Autoren ist das natürlich immer schwierig, wenn etwas passiert mit der eigenen Welt, die man sich irgendwann selbst überlegt hat. Das geht ja auch vielen Lesern so. Wenn es einmal eine Buchwelt gibt, hat man gewisse Vorstellun­gen, die ein Film niemals treffen kann. Das muss einem eigentlich klar sein. Uns ist wichtig, dass wir ein bisschen Einfluss darauf haben, dass der Grundtenor stimmt - was wir bisher nicht hatten. Da hatten die Filme manchmal vielleicht einen etwas überheblic­hen Stadtblick auf ländlicher­e Regionen, in denen wir leben.

Wie gehen Sie vor, wenn Sie ein neues Buch konzipiere­n? Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Seit unserem zweiten Buch plotten wir vorab alles relativ genau. So habe ich es auch bei meinem Solo-Buch gemacht. Sprich, ich habe mir einen groben Durchgang durch die Handlung überlegt, sowohl was Privatlebe­n als auch die Ermittlung­en angeht. Der wird dann mit ein bisschen Hintergrun­d angefütter­t, sodass kleine Szenen entstehen. Da mache ich mir nur Stichpunkt­notizen, das entkoppelt die Ideenfindu­ng etwas vom Schreibpro­zess. Dadurch kann ich auch mal im Zug oder im Café schreiben.

In Ihrem neuen Bornholm-Krimi spielt auch die Insel selbst eine wichtige Rolle. Bei den Kluftiger-Krimis war es das Allgäu. Was muss eine Gegend mitbringen, um für Sie als guter Roman-Spielort zu taugen?

Tatsächlic­h ist es auch diesmal wieder eine recht kleinteili­ge und ländliche Region geworden. Ich glaube, es ist gut, wenn es eine Urlaubsreg­ion ist, wo die Leute gerne hinfahren. Und es muss eine Landschaft sein, die die Leute prägt. Die Insel Bornholm ist zwar im Sommer sehr schön, aber im Herbst oder Winter kann sie auch ganz schön rau sein. Ich glaube, das macht etwas mit den Leuten. Das ist hier im Allgäu auch so, denke ich.

Damit ist Tettnang ja prädestini­ert dafür… Dürfen sich die Fans denn darauf freuen, dass auch mal zwischen Hopfengärt­en oder im Tettnanger Schloss ermittelt wird?

Eigentlich schon, ja (lacht). Für uns Allgäuer ist es ja auch eine Sehnsuchts­region, obwohl sie so nah ist. Also das könnte schon sein, ich bin schließlic­h auch immer mal wieder dort.

Die Lesung mit Michael Kobr zu „Sonne über Gudhjem“findet am 17. Januar ab 19.30 Uhr im KiTT statt. Nach der Lesung signiert der Autor mitgebrach­te oder am

Abend erworbene Bücher. Der

Erlös des Abends geht vollständi­g an die Urmel-Kinderkreb­shilfe.

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FOTO: JUSTINE HOEGH /JH-PHOTOGRAPH­Y Michael Kobr macht gerne Urlaub auf Bornholm, und aus lauter Langeweile schuf er dort eine neue Krimireihe.

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