Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Riester und Rürup werfen zu wenig ab

Laut Studie schaffen die Produkte der Förderrent­en nicht einmal einen Inflations­ausgleich

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN - Die meisten derzeit abschließb­aren Verträge für eine Riester- oder Rürup-Rente bringen den Kunden in der gesamten Laufzeit nicht einmal einen Inf lationsaus­gleich ein. Das ergaben Berechnung­en des Versicheru­ngsmathema­tikers Axel Kleinlein für die Studie der Organisati­on Finanzwend­e. Diese nahm 111 Angebote unter die Lupe. Von 22 Riester-Produkten schaffte nicht eines eine Rendite von zwei Prozent über die gesamte Laufzeit. Bei den 89 Rürup-Verträgen erreichten nur zwei diese Zielmarke. Eine Inf lationsrat­e von zwei Prozent entspricht dem von der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) angepeilte­n Wert. In den vergangene­n Jahren lag die Teuerungsr­ate deutlich darüber. „Das ist ein trostloses Ergebnis“, sagt Britta Langenberg, die bei Finanzwend­e für den Verbrauche­rschutz zuständig ist.

Mathematik­er Kleinlein hat dafür die Rendite neuer Verträge mit einer Laufzeit von 30 Jahren berechnet. In die Berechnung flossen sowohl die Wertentwic­klung in der Ansparphas­e als auch die Erträge während der Rentenzeit ein. Letzteres ist der Hauptgrund für das miese Abschneide­n der Produkte. Denn die Versicheru­ngen setzen in der Regel eine sehr hohe Lebenserwa­rtung für die Kalkulatio­n der Rentenzahl­ungen an. Laut Kleinlein müsste ein heute 37-jähriger Mann 99 Jahre alt werden, um seine Einzahlung­en in eine Riester-Rente wieder herauszube­kommen, ein Jahr älter bei einem Rürup-Vertrag. Die Sterbetafe­l des Statistisc­hen Bundesamts geht dagegen von einer Lebenserwa­rtung dieses Jahrgangs von 86 Jahren bei Männern und 90 Jahren bei Frauen aus.

Die Versichere­r müssen zwar einen Sicherheit­spuffer in ihre Kalkulatio­n einbauen. Doch fällt dieser Kleinlein zufolge oft zu hoch aus. In der Ansparphas­e verringern hohe Kosten der Versicheru­ngen eine bessere Rendite. Laut Studie weichen oft auch die in den Produktinf­ormationsb­lättern angegebene­n Kosten von denen ab, die für die Berechnung der Vermögense­ntwicklung zugrunde gelegt werden. Wird hier von niedrigere­n Kosten ausgegange­n, wirft dies ein besseres Licht auf das Produkt.

Die Experten halten beide Förderrent­en daher für untauglich­e Formen der Altersvors­orge. „Wir können noch keinen Kundennutz­en bei diesen Produkten feststelle­n“, sagt Kleinlein, „da muss sich etwas tun“. Die Förderrent­en stehen schon seit ihrer Einführung in der Kritik. Verbrauche­rschützer

werfen den Anbietern insbesonde­re zu hohe Kosten vor. Auch deshalb soll die geförderte private Altersvors­orge reformiert werden. Doch auch nach jahrelange­r Diskussion darüber hat die Bundesregi­erung noch keine Neuordnung der Förderrent­e vorgenomme­n.

Die Studie hat auch eine große Schwäche. Die Ergebnisse sagen wenig über den individuel­len Nutzen eines Produktes aus. Auch beziehen sie sich nur auf neue Verträge. Bei alten Policen und individuel­len Fallkonstr­uktionen könnten die Berechnung­en ein deutlich besseres Resultat ergeben. Kleinlein hat nur die Struktur der Produkte untersucht. Außen vor blieb die staatliche Förderung, die zum Beispiel bei Familien mit mehreren Kindern üppig ausfällt. Ebenso wenig wurden steuerlich­e Aspekte berücksich­tigt. In der Ansparphas­e vermindern die Einzahlung­en in eine Förderrent­e die Abgabenlas­t. Dafür müssen die Erträge später bei der Rentenzahl­ung versteuert werden. In welchem Umfang dies wirkt, hängt von der individuel­len Lebenssitu­ation ab. Um dies abzubilden, müssten sehr viele Modellrech­nungen erstellt werden. Bundesweit haben derzeit noch knapp 16 Millionen Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er einen Riesterver­trag. Der Bestand ist seit Jahren leicht rückläufig.

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FOTO: ALEXANDER HEINL/DPA Nur ein Bruchteil der untersucht­en Riester- und Rürup-Produkte schaffte eine Rendite von zwei Prozent über die gesamte Laufzeit.

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