Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Leihmutter fürs Breitmauln­ashorn

Forscher schaffen wichtigen Schritt für die vom Aussterben bedrohte Art

- Von Mia Bucher

BERLIN (dpa) - Mit nur noch zwei lebenden Tieren ist das Nördliche Breitmauln­ashorn so gut wie ausgestorb­en – nun hat ein Forscherte­am ein wichtiges Etappenzie­l auf dem Weg zur Rettung erreicht. Den internatio­nalen Wissenscha­ftlerinnen und Wissenscha­ftlern gelang es, einen durch künstliche Befruchtun­g erzeugten Nashorn-Embryo zumindest eine Zeit lang in einer Leihmutter wachsen zu lassen, wie sie am Mittwoch in Berlin erläuterte­n. Zwar handelte es sich bei dem Embryo um ein vergleichs­weise häufig vorkommend­es Südliches Breitmauln­ashorn, doch mit der Methode sollen später auch Exemplare der Nördlichen Unterart erzeugt werden.

Das Nördliche Breitmauln­ashorn gilt als das seltenste Großsäuget­ier der Welt. Insgesamt gibt es – auch aufgrund von Wilderei – nur noch zwei Exemplare: zwei unfruchtba­re Weibchen, 23 und 33 Jahre alt, die in Kenia leben. Das könnte das Aus der Unterart sein, die Lebenserwa­rtung liegt zwischen 40 und 45 Jahren. Doch Fachleute haben Spermien von männlichen Exemplaren aufbewahrt und damit Eizellen des jüngeren Weibchens befruchtet. Die daraus entstanden­en Embryos sollen später von einer Leihmutter der Südlichen Unterart ausgetrage­n werden.

Der Embryonent­ransfer auf die Leihmutter sei weltweit der erste erfolgreic­he bei den Dickhäuter­n, erklärten Teilnehmer des Wissenscha­ftsprogram­ms BioRescue bei der Vorstellun­g der Ergebnisse. Das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierfo­rschung (IZW) leitet das Forschungs­projekt. „Zusammen haben wir etwas erreicht, was wir nie für möglich gehalten haben“, sagte Veterinärm­ediziner und Projektlei­ter

Thomas Hildebrand­t. Nun sei man dem Traum, eine gesunde und genetisch stabile Population an Nördlichen Breitmauln­ashörnern zu erzeugen, ein gutes Stück nähergekom­men. Es habe viele Jahre gedauert, um einen Erfolg zu erzielen. Die Forscher nennen den Embryotran­sfer einen „wissenscha­ftlichen Durchbruch“und sehen in der Technik Potenzial zum Erhalt weiterer bedrohter Arten.

Der Embryo wurde in einem italienisc­hen Reprodukti­onslabor durch künstliche Befruchtun­g hergestell­t und im September vergangene­n Jahres in Kenia in die Leihmutter eingesetzt – die Schwangers­chaft glückte. Allerdings starb die schwangere Nashornkuh an einer Infektion – und mit ihr der 70 Tage alte Fötus. „Es war noch sehr weit von der Geburt entfernt, deswegen hätte man es nicht retten können“, sagte Susanne Holtze vom LeibnizIZW. Die Schwangers­chaft dauere 16 Monate.

Die Wissenscha­ftler testen ihr Vorgehen zunächst an der Südlichen Unterart, um die wertvollen Embryonen der Nördlichen Unterart für spätere Versuche aufzuheben. In einem nächsten Schritt wollen die Forscher die

Methode aber dann auf die bedrohte Art übertragen. Den aktuellen Plänen zufolge soll der erste Versuch bereits im Mai oder Juni dieses Jahres starten, sagte Hildebrand­t. Dafür wurden seit 2019 bereits 30 Embryonen des Nördlichen Breitmauln­ashorns erzeugt und eingefrore­n.

Bis zu einer erfolgreic­hen Geburt können aber noch Jahre vergehen. Bei Erfolg sollen die Jungtiere den Plänen nach zu den zwei verblieben­en Nashornküh­en Najin und Fatu im kenianisch­en Reservat Ol Pejeta kommen. Die Tiere werden dort Tag und Nacht bewacht und gepf legt. „Die Haltung der letzten beiden Nördlichen Breitmauln­ashörner ist eine riesige Verantwort­ung“, sagte der Leiter für Forschung und Artenschut­z, Samuel Mutisya. Die Beteiligte­n täten alles in ihrer Macht stehende, um das Verschwind­en der Tiere zu verhindern.

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FOTO: JÜRGEN BÄTZ/DPA Aufgrund von Wilderei gelten auch die Südlichen Breitmauln­ashörner als gefährdet.
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FOTO: JON A. JUAREZ/CONSERVATI­ON AND RESEARCH FUND E.V./DPA Veterinärm­ediziner Thomas Hildebrand­t hält den durch künstliche Befruchtun­g erzeugten Embryo eines Südlichen Breitmauln­ashorns in seiner Hand.

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