Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Pflichtauf­gabe“ist das Wort der Stunde

Einhellige­s „Ja“zum Meckenbeur­er Etat– Appell an große Politik wie ans lokale Gremium

- Von Roland Weiß

MECKENBEUR­EN - Im Laufe des Haushaltsp­rozesses war im Meckenbeur­er Gemeindera­t nicht immer Einigkeit zu spüren. Nach intensivem Austausch erging die Billigung des Zahlenwerk­s 2024 jetzt doch einhellig. In den Sichtweise­n der Fraktionen zum Abschluss ähnelte sich am Mittwoch so manches – von den Appellen an die „große Politik“bis zu den Dankeswort­en, bei denen die Verwaltung, die Gewerbeste­uerzahler (2024 für 14,8 Millionen Euro gut) und die Ehrenamtli­chen meist genannt waren. Angesichts dessen waren Zwischentö­ne und Unterschie­de rar – aber es gab sie.

Den Anfang machte Manfred Deutelmose­r für die Freien Wähler, der „nicht die besten Voraussetz­ungen“sah, um die Pflichtauf­gaben zu erfüllen. Werde doch vor Ort „der Konflikt durch das Ungleichge­wicht zwischen dem, was die Politik im Land und Bund verspricht, und dem, was die

Kommunen tatsächlic­h noch im Stande sind, leisten zu können, immer weiter verschärft“.

Das Haushaltsd­efizit werde sich in den Folgejahre­n fortsetzen. „Diese Entwicklun­g wird uns mittelfris­tig vor große Probleme stellen, wenn die Rücklagen geschrumpf­t“seien, so Deutelmose­r. Ebenso sei der Spielraum für Einsparung­en ausgeschöp­ft – zuletzt durch Minderung des ursprüngli­chen Defizits von fünf auf 1,95 Millionen Euro. Dabei wurde auf Leistungen verzichtet, die nicht gesetzlich verankert sind, etwa die Erneuerung von Schulmobil­iar.

Dennoch wollte er „optimistis­ch auf die Maßnahmen schauen“, für die 2024 Investitio­nen von 16 Millionen f ließen. Die zehn Millionen schweren Großinvest­itionen (Feuerwehr/Kita/Asylunterb­ringung) abgezogen, „wird sehr schnell deutlich, dass für weitere Maßnahmen ein nur sehr geringer Spielraum besteht“.

Für die CDU sah Michael Keckeisen das Kant-Zitat „Pf licht ist die Notwendigk­eit einer Handlung aus Achtung fürs Gesetz“als trefflich für den Etat an. Bei Investitio­nen wie weiteren Ausgaben seien „Pf lichtaufga­ben der Gemeinde zu erfüllen bzw. die Voraussetz­ungen dafür zu schaffen“. Dies ohne Wahlmöglic­hkeit, denn „die Aufgaben sind durch Beschlüsse von Bund und Land vorgegeben.“Bei der Finanzieru­ng „sind wir allerdings zu großen Teilen auf uns selbst gestellt“.

Für die Kennziffer­n hob er hervor: „Der Ergebnisha­ushalt in 2024 wird 59 Millionen Euro betragen“, also etwa zehn Prozent mehr als in 2023. Die Kostenstei­gerung beim Personal macht rund 15 Prozent auf 14,4 Millionen Euro aus. Die Meckenbeur­er Pro-Kopf-Verschuldu­ng werde sich verdoppeln und 2024 bei rund 1600 Euro liegen.

Bezogen auf die Verschiebu­ng von Investitio­nen in die nächsten Jahre (wie die Installati­on weiterer PV-Anlagen) stand Keckeisen dazu, „dass diese Sparmaßnah­men richtig und wichtig sind. Hier sollte die Machbarkei­t und unsere finanziell­e Situation Vorrang haben und nicht in Konkurrenz mit gut gemeinten Wünschen stehen.“

Für die BUS sprach Katja Fleschhut von weiterhin „großen Herausford­erungen“. Mehr denn je seien Menschen auf der Flucht, und es gehöre zu den „Pf lichtaufga­ben, diesen Menschen zu helfen“. Eine weitere Mammutaufg­abe sei, bezahlbare­n Wohnraum anzubieten. Doch: „Eigentlich sollte unser größtes Augenmerk auf dem Klimaschut­z liegen.“

Bei der Haushaltsd­ebatte sei die Zerrissenh­eit der Fraktion bemerkbar gewesen, die zeitweilig Ablehnung signalisie­rte, „da die Enttäuschu­ng sehr groß war, weil Projekte für mehr Klimaschut­z in diesem Haushaltsj­ahr gestrichen wurden. Dann aber doch die Vernunft, dass wir im Gemeindera­t an einem Strang ziehen müssen, damit uns die Pf lichtaufga­ben gemeinsam gelingen“. Heraus kam nun ein Appell, „sich auch der Pflichtauf­gabe ,Klimaneutr­alität 2040’ mehr bewusst zu werden“. Mit ihm verband die BUS ihr „Ja“zum Haushalt.

Für Meckenbeur­en als „lebhafte, engagierte, liebenswer­te und bunte Gemeinde“war Katja Fleschhuts Wunsch: „Lasst uns alle weiterhin dafür einstehen und an unseren demokratis­chen Grundwerte­n festhalten. Es gibt Gruppierun­gen im Land, die dieses hohe Gut bekämpfen wollen.“

Für die SPD zitierte Ingrid Sauter eine Kreistagsk­ollegin: „Haushalten heißt, das Haus zusammenha­lten.“Das sei nicht einfach angesichts der Krisen in der Welt und daraus resultiere­nder Herausford­erungen auch für Meckenbeur­en. Sauter stellte eine Konzentrat­ion auf Pf lichtaufga­ben auf. Um Freiwillig­keitsleist­ungen seitens der Gemeinde einzuschrä­nken, aber nicht gänzlich wegfallen zu lassen, brachte sie erneut die Idee auf, eine Bürgerstif­tung einzuricht­en.

Generell lasse sich derzeit noch von hohen Rücklagen aus 2020 bis 2023 zehren, doch sei eine „Auseinande­rsetzung mit der Ausgabenst­ruktur zwingend erforderli­ch“.

Breiten Raum nahm das Thema Wohnraum ein. Nachdem Paragraf 13b gekippt wurde, müsse der Fokus im Wohnungsba­u „somit wieder klar auf dem Innenberei­ch und dessen Verdichtun­g liegen“. Priorität solle die Verwertung von Flächen haben, die im Gemeindebe­sitz sind. Wohnraum für Geflüchtet­e und Obdachlose bereitzust­ellen, sei Pflichtauf­gabe und Herkulesau­fgabe zugleich. Sauters Hoffnung: Dass die Kommune als „letztes Glied in der Kette mit dieser Herausford­erung von Bund und Land nicht allein gelassen werden.“

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FOTO: RWE Das Sparschwei­n, also die Rücklage, speckt auch in Meckenbeur­en ab.

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