Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Finaltraum platzt denkbar knapp
Deutsche Handballer verlieren EM-Halbfinale gegen Dänemark – Sonntag Spiel um Platz 3 gegen Schweden
bis zu diesem Duell für die deutsche Mannschaft ein Wechselbad der Gefühle und auch der Halbfinaltag in Köln ließ vom ersten Moment an Raum für Träumereien. Nach dem Handballfest in Düsseldorf, den Kraftspielen in Berlin und den Hin-und-her-Auftritten in der Domstadt, lief gegen den amtierenden Weltmeister lange Zeit vieles zusammen.
Die Stimmung passte ebenfalls direkt vom Start. Die 19.750 Zuschauer in der ausverkauften Arena hatten sich geschlossen von ihren Plätzen erhoben als Rune Dahmke das erste Mal an diesem
Abend die Maschen des dänischen Tores wackeln ließ. Der Weltmeister wirkte bezwingbar. „Unsere Leistungsträger müssen komplett funktionieren“, hatte der frühere DHB-Vizepräsident Bob Hanning als Faktor für den Sieg genannt. Und das DHB-Team folgte. Torhüter Andreas Wolff parierte direkt und auch die Schlüsselspieler Juri Knorr und Johannes Golla kamen gut in die Partie. Der Wille war an diesem möglicherweise besonderen Abend offensichtlich, allein blieb die Frage, ob Leichtigkeit und Wurfpräzision ebenfalls dauerhaft mit auf deutscher Seite waren.
Als es mit 14:12 in die Halbzeitpause ging, war der Glaube an die deutsche Großtat bei Akteuren und Fans ausgeprägt wie nie. Die Übermannschaft aus Dänemark mit ihren Ikonen-Spielern und mehrfachen Welthandballern Niklas Landin und Mikkel Hansen zeigte unerwartete Schwächen und biss sich an der DHB-Abwehr die Zähne aus. Ein 21-jähriger Renars Uscins, mit Deutschland 2023 noch U21-Weltmeister, dagegen traf in den ersten 30 Minuten allein viermal.
Dennoch startete der zweite Durchgang mit einem kleinen
Bruch im Spiel der Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason. Plötzlich waren beide Teams eher bemüht als effektiv, entwickelte sich ein Abnutzungskampf mit punktetechnischem Gleichschritt. Als Rune Dahmke in der 43. Minute beim Stand von 17:19 wild vom Spielfeldrand das Publikum animierte, war ein Handball-Krimi abzusehen. Die „Andi, Andi, Andi“Anfeuerrungsrufe für Wolff änderten nichts daran, dass Dänemark anschließend mit einem kleinen Vorsprung in die Schlussviertelstunde ging und von nun an seine Routine ausspielte. Das sehr junge deutsche Team blieb zwar bemüht, doch fehlte bis zum Schluss die absolute Cleverness zum ganz großen Wurf. Und so bleibt etwas Enttäuschung, doch sicher auch Stolz auf die Leistung an diesem Abend.
Dabei hatte Sportdeutschland samt Fans und Promis an der Seite des Teams gestanden. „Ihr spielt eine super EM, ihr begeistert uns alle sehr. Man merkt, ihr spielt mit sehr viel Stolz für unser Land“, sagte etwa Dortmunds Bundesligatorjäger Niclas Füllkrug, der gemeinsam mit seinen DFB-Kollegen einen Videogruß schickte. Bayern Münchens Trainer Thomas Tuchel sagte sogar: „Ich bin kein Experte im Chanceneinschätzen. Aber die Daumen sind von allen gedrückt. Wir hoffen, dass der Weg weitergeht.“
Das geht er jetzt auch, allerdings anders als erhofft. Am Sonntag (15 Uhr) warten im Spiel um Platz drei noch die Schweden, die ihr Halbfinale gegen Frankreich nach einem wahren HandballThriller erst in der Verlängerung verloren. Dann kann die Heim-EM, wenn schon nicht vergoldet, zumindest noch bronziert werden.