Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Boxen statt Hochzeit
Auf dem Weg nach Dänemark bekommt Kushtrim Mahmuti einen wichtigen Anruf
LANGENARGEN - Seit Corona-Beginn hat es so ausgesehen, als ob er nicht kommen wollte, der 100. Kampf von Kushtrim Mahmuti. Nun war es aber so weit, allerdings zu einem Zeitpunkt, den sich der 30-Jährige vom Boxteam Langenargen nie so ausgesucht hätte. Mahmuti war mit Lebensgefährtin Valentina auf dem Weg nach Dänemark, wo sich die beiden das Jawort geben wollten.
„Wir waren bereits knapp zwei Stunden unterwegs, als der Cheftrainer von den Chemnitzer Wölfen, Olaf Leib, bei mir anrief und meinte, er bräuchte mich am Samstag gegen den MBR Hamm ganz dringend“, erinnert sich Mahmuti. „Ich bin die nächste Raststätte rausgefahren und habe Valentina die Situation erklärt, dazu kam ja noch, dass es mein 100. Kampf werden sollte, also für mich persönlich auch eine weitere große emotionale Sache.“
Das Aushängeschild der Langenargener erzählt weiter: „Zu meinem Glück ist Valentina eine Wahnsinnsfrau und weiß, wie wichtig mir der Boxsport ist. Sie hat kurz überlegt und meinte dann, klar, lass uns umdrehen und deine Ausrüstung holen.“Der siebenfache Landesmeister hatte nach eigener Aussage mit mehr Gegenwehr seiner künftigen Frau gerechnet.
Die Hochzeitsreise der anderen Art sah dann vor, dass das Ehepaar Mahmuti zwei Tage in Hamm verbrachte. „Ich musste auf die schnelle zwei Kilo verlieren, da in der Bundesliga noch in den alten Gewichtsklassen geboxt wird. In meinem Fall bis 69 Kilogramm. Ich musste also schwitzen anstatt Kuchen und Sekt zu genießen.“Vier Stunden vor Beginn des Kampfabends in Hamm zeigte die Waage exakt 69,00 Kilo an. Mahmutis Gegner zum Jubiläum war Jurij Belinger, ebenfalls mehrfacher Landesmeister. „Die erste Runde habe ich verloren, da fand ich nicht richtig in den Kampf und habe unnötige Treffer kassiert“, sagt Mahmuti. „Ab der zweiten konnte ich aufdrehen und bearbeitete Jurij mit zahlreichen Schlägen zum Kopf und Körper.“
In der entscheidenden dritten Runde habe sich seine Kondition bezahlt gemacht, so Mahmuti. „Mit vielen Kombinationen und einigen Einzelschlägen landete ich immer mehr Wirkungstreffer, bis kurz vor Schluss bei Jurij aus zwei Wunden im Gesicht das Blut floss. Es wurde unterbrochen und natürlich beklagte seine Ringecke, dass die Wunden durch verbotene Kopfstöße entstanden seien.“Das sahen sowohl Mahmuti als auch der Ringrichter anders. Der Kampf wurde vorzeitig abgebrochen, das Kampfgericht wertete ihn mit 2:1 zugunsten Mahmutis, der damit seinen 84. Sieg einfuhr. Chemnitz holte so ein 10:10 und den ersten Punkt in der wieder nur aus vier Vereinen bestehenden Box-Bundesliga. „Für mich war das ein emotional sehr aufgeladenes Wochenende, einfach cool, aber wohl nur, weil alles geklappt hat“, sagt Mahmuti. „Ich freue mich jetzt schon unheimlich auf unsere Heimveranstaltung am 16. März in Langenargen.“Dort dürfte Mahmuti entsprechend geehrt werden.
Ein Wermutstropfen bleibt: Am liebsten hätte Mahmuti vor heimischem Publikum seinen Jubiläumskampf absolviert, aber die Festhalle war lange mit ukrainischen Flüchtlingen belegt.