Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Weltkunst verknüpft mit regionaler Kunst
Museum Langenargen eröffnet Sonderausstellung mit Druckgrafiken von Goya und zeitgenössischer Druckkunst
LANGENARGEN - Mit neuen Wegen überrascht das weit über die Region hinaus bekannte Museum Langenargen seine Freunde. Neues war im Vorjahr geboten durch die Zusammenarbeit mit der Lände in Kressbronn und der Galerie des Bodenseekreises in Meersburg, die fortgeführt werden soll. Klar, dass nach vielen Maulbertschund Purrmann-Ausstellungen und nach drei Domes-Präsentationen das heimische Repertoire, das Museumsgründer Eduard Hindelang und seine Nachfolgerin Angela Heilmann pflegten, ziemlich ausgeschöpft war. Der Titel der neuen Ausstellung „Vor, bei und nach Goya“, die am Palmsonntag eröffnet wird, lässt aufhorchen. Doch keine Angst, Langenargen reiht sich nicht in die Reihe von Museen ein, die publikumswirksam aufgemacht mit zugkräftigen Namen um Besucher buhlen.
Aufschlussreich ist der Untertitel „Experimente auf Papier von 1762 bis heute“. Die Ausstellung entstand in enger Zusammenarbeit mit der Grafischen Sammlung der Universität Trier. Ein Glücksfall, dass der Langenargener Museumsleiter und Kurator Ralf Michael Fischer, der nach seiner Habilitation an der EberhardKarls-Universität Tübingen bis 2021 auch wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fach Kunstgeschichte der Universität Trier war, engen Kontakt dorthin pflegt. So geriet Francisco de
Goya in den Mittelpunkt, der die zu seiner Zeit als Innovation gefeierte Tiefdrucktechnik der Aquatinta zu einem frühen Höhepunkt führte. Die neue Technik erlaubte erstmals, nicht nur mit Linien und Schraffuren zu arbeiten, sondern auch Flächen wie beispielsweise Wolken zu gestalten.
Die Sonderausstellung beginnt im Erdgeschoss mit duftigen Landschaften und Genreszenen von Goyas Vorläufer Jean-Baptiste Le Prince. Als Herzstück hängen im ersten Obergeschoss zweiundzwanzig Werke aus Goyas berühmtem, zwischen 1793 und 1799 entstandenen Zyklus „Los Caprichos“, darunter ein so berühmtes Blatt wie „el sueño de la razón“(Der Schlaf der Vernunft). Das Besondere ist, dass die Ausstellung nicht bei den frühen Vertretern stehenbleibt, sondern die Linie weiterführt zu Gegenwartskünstlern aus der Region: zu den in Tettnang geborenen Künstlern Eckhard Froeschlin (*1953) und Karin Brosa (*1978), die sich ihrerseits in ihrem Schaffen in Aquatinta auf das Vorbild Goya beziehen. So hängen Goyas gesellschaftskritischen „Caprichos“extrem sozialkritische Blätter aus Froeschlins Zyklus „Tagwerk“gegenüber, in denen der Künstler sich alptraumhaft mit eigenen Geistern auseinandersetzt – keine „Kunst zum Kuscheln“, sondern eine Neuinterpretation der „Caprichos“. Daneben sind noch ausgewählte Aquatinta-Arbeiten weiterer Künstler wie Max Klinger oder Günter Schöllkopf zu entdecken. In eigenen Räumen finden sich weitere kritische Arbeiten Froeschlins, auch abstrahierte Landschaften, sowie Werke von Karin Brosa, die mit alten Techniken wie Farbradierung, Linienätzung, Aquatinta und Kaltnadelradierung neue Themen umsetzt, mit Verfremdungseffekten eine „virtual reality“schafft.
Um die aufwendige Technik dieser Druckgrafik näherzubringen, zeigt ein Raum die entsprechenden Werkzeuge und Druckplatten und stellt Probedrucke neben fertige Drucke. Das technische Know-how ist wichtig für die Kunst und es prägt den Inhalt, der hier nicht mehr nur linear, sondern dank der Flächen „malerisch“sein darf.
Neu präsentiert sind Hauptwerke der Dauerausstellung im Obergeschoss. Hier kann man vertraute Künstler und Werke aus dem Fundus finden, etwa von Jan Balet, Karl Caspar und Maria Caspar-Filser, aber auch von Zeitgenossen wie Dietlinde Stengelin. Ein eigener Raum ist dem 1999 verstorbenen Maler André Ficus zum 25. Todestag gewidmet.
Eine anspruchsvolle Ausstellung, die Weltkunst mit regionaler Kunst verknüpft und den Besucher wirklich fordert, ihm aber völlig neue Perspektiven auftut.
Die Ausstellung wird am Palmsonntag, 24. März, um 11 Uhr im Münzhof Langenargen eröffnet. Sie ist bis Ende Oktober Dienstag bis Sonntag von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Weitere Infos unter
www.museum-langenargen.de.