Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Der Bauernkrieg kommt zurück nach Oberschwaben
2025 jährt sich das Ende des Bauernkriegs zum 500. Mal – Es wird verschiedene Angebote geben
BAD WALDSEE/KREIS RAVENSBURG Vor fast 500 Jahren zogen die Bauern gegen den Adel und den Klerus in den Krieg und kämpften für eine gerechtere Welt. Am Ende wurden sie niedergeschlagen. Der Bauernkrieg ist ein historisch wichtiges Ereignis, das sich von Oberschwaben aus über Württemberg, Franken bis nach Thüringen gezogen hat, teilte das Land Baden-Württemberg in einer Veröffentlichung dazu mit. 2025 jährt sich das Ende des Aufstands zum 500. Mal, weswegen es in der kommenden Zeit in Oberschwaben einige Ausstellungen und Vortragsreihen dazu geben wird. Der Auftakt fand bereits in Bad Waldsee statt.
Grund für die Aufstände, die eher als eine große Revolution zu bezeichnen sind, war eine enorme Unzufriedenheit der Bauern mit ihrer wirtschaftlichen, sozialen und religiösen Situation. In zwölf Artikeln wurden erstmals Forderungen aufgestellt, es ging ihnen vor allem um Entlassung aus der Leibeigenschaft sowie um freie Pfarrerwahl, freie Jagd, Holzschlag in den Wäldern oder weniger Frondienste. Die Forderungen der Bauern gelten als eine der ersten niedergeschriebenen Forderungen nach Menschenund Freiheitsrechten in Europa.
Eine wichtige Rolle im Bauernkrieg spielte der Feldherr des Schwäbischen Bunds, dem Zusammenschluss der Obrigkeiten: Georg III. Truchsess von Waldburg, bekannt als Bauernjörg. 1488 wurde er im Schloss Waldsee geboren, später zog er hinaus zu seinen blutigen Schlachten, um die Bauern zu unterwerfen. Viele Gefechte an vielen Orten wurden geschlagen, in der Region etwa in Gaisbeuren oder Bad Wurzach. Während des gesamten Bauernkriegs starben Zehntausende Aufständische, besonders viele in Thüringen. Die Verlierer wurden erschlagen oder erstochen. Geflohene Aufständische wurden gefoltert, gehenkt, verbrannt oder gevierteilt.
Nach dem Krieg hat sich trotz der militärischen Niederlage manches geändert für die Bauern, so wurde die Leibeigenschaft schrittweise entschärft. Die Revolte der Wutbauern war also nicht ganz vergebens. Das Selbstbewusstsein der Untertanen blieb besonders dort ungebrochen, wo diese nicht militärisch besiegt worden waren: Stichwort Weingartener Vertrag. Hier konnten die Bauern durch Verhandlungen im Kloster Weingarten einen Frieden ertrotzen, der den Bauernkrieg in Oberschwaben und Teilen des Allgäus und des Bodensees beendete. Besiegelt wurde der Vertrag in der Reichsstadt Ravensburg, deren Bürgermeister und Rat ihn vermittelt hatten.
„Die mit dem Bauernkrieg verbundenen Ziele und Werte wie Freiheitsrechte oder Mitbestimmung und der Wunsch nach demokratischen Entscheidungsprozessen haben nichts von ihrer Aktualität verloren“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) im Herbst. Auf Generationen habe der Bauernkrieg das kollektive Gedächtnis insbesondere in Oberschwaben geprägt.
Mit den heutigen Bauernprotesten kann die damalige Großrevolution nicht verglichen werden, wie Maximilian Eiden vom Landratsamt, Historiker und Leiter der Kulturhäuser im Kreis Ravensburg, auf SZ-Nachfrage betont. Damals waren mehr als 90 Prozent der Menschen Bauern, also quasi die gesamte Bevölkerung. „Heute sind etwa drei Prozent der Bürger in der Landwirtschaft tätig, es sind Proteste eines Berufsstands.“Auch inhaltlich gibt es Unterschiede, ging es doch damals um ganz grundlegende
Freiheits- und Menschenrechte. Der Bauernkrieg sei ein Ereignis mit großer Bedeutung für die mitteleuropäische Geschichte, hebt er hervor.
Zurück zum Ende des Bauernkriegs vor bald 500 Jahren (in Tirol und im Salzburger Land ging es 1526 noch weiter): Eine große
Landesausstellung zum Thema, die mit 7,15 Millionen Euro bisher teuerste, wird an zwei Standorten gezeigt – ab 26. April 2025 im Kloster Bad Schussenried und bereits ab Herbst 2024 im Alten Schloss in Stuttgart. Hinzu kommen ergänzende Angebote in vielen Orten Oberschwabens, dem Landstrich, in dem sich der Bauernkrieg zur Revolution ausweitete und wo die Bauern mehrere Schlösser und Klöster eingenommen hatten.
Den Auftakt machte in Bad Waldsee eine dreitägige wissenschaftliche Tagung in der Schwäbischen Bauernschule, organisiert von der „Gesellschaft Oberschwaben für Geschichte und Kultur“, deren Geschäftsführer Maximilian Eiden ist. Wie er berichtet, sei die Tagung sehr gut besucht gewesen, es gab sogar Wartelisten. Wer das verpasst hat, kann sich auf einen Tagungsband mit einer Zusammenfassung der Vorträge freuen. Zudem gibt es in Kürze weitere Möglichkeiten zur Information.
So wird es in Waldsee eine Vortragsreihe des Stadtarchivs geben. Dabei wird der Bauernjörg zentral vorkommen. Denn er wurde nicht nur in Waldsee geboren, er starb am 1531 mit 43 Jahren auch dort. Sein Grabmal ist in der Stiftskirche St. Peter. Zudem gibt es laut Archivar Michael Wild weitere Verbindungen zu dem Truchsess aus dem Haus Waldburg, wie den im Stadtarchiv im Original erhaltenen „Bösen Brief“von 1415, in dem die Stadt dem Adelshaus nach kämpferischen Fehden Zugeständnisse machen musste. Später gab der Bauernjörg aus Dankbarkeit darüber, dass seine Familie in seiner Abwesenheit vor Bauern beschützt wurde, die Urkunde
zurück und löste die alten Verpf lichtungen auf.
In Bad Wurzach, Schauplatz einer Schlacht und Witwensitz der Mutter des Bauernjörgs, sind Veranstaltungen angedacht. Auch das Humpismuseum in Ravensburg wird voraussichtlich eine Schau zum Bauernkrieg anbieten und in Aichstetten soll ebenfalls etwas auf die Beine gestellt werden, wie Kreiskulturamtsleiter Eiden weiß. In Weingarten wird anlässlich des Friedensvertrags ein Denkmal auf den Münsterplatz gepflastert.
Das Bauernhausmuseum Wolfegg startet am 19. März 2025 eine Ausstellung zum Thema, berichtet Eiden. Es soll darum gehen, was die Bauern in ihren Aufstand trieb. Wichtig ist dabei auch ein Gebäude: Die Zehntscheuer, die noch älter ist als die Bauernkriege und zum Kloster Weißenau gehörte. In der Scheuer mussten die Bauern ihre Abgaben machen. Die Rebellen vertrieben eines Tages Abt und Mönche, tranken die Keller leer und bedienten sich aus den Fischteichen. Die Zehntscheuer wurde bei Gessenried wieder aufgebaut und steht heute beim Bauernhausmuseum Wolfegg. „Sie ist sozusagen eine Zeitzeugin aus Holz, die den Sturm aufs Kloster Weißenau miterlebte“, so Eiden.
Gesellschaft Oberschwaben für Geschichte und Kultur fördert Projekte (Vorträge, Ausstellungen, Theaterstücke oder Konzerte) zur Erinnerung an die Ereignisse von 1525 sowie Schulprojekte zum Thema „Freiheit“finanziell. Weitere Infos gibt es unter www.gesellschaftoberschwaben.de
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