Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Kreis investiert in altes Landratsamt
Rund vier Millionen Euro für Elektro- und Datenleitungen – Abriss kein Thema mehr
FRIEDRICHSHAFEN - Eigentlich hätte es in einigen Jahren abgerissen werden sollen, jetzt wird es doch noch mal ertüchtigt: Der Bodenseekreis investiert zwischen dreieinhalb und vier Millionen Euro in das alte Landratsamtgebäude in der Glärnischstraße 1 - 3. Dabei geht es um die Erneuerung von Elektro- und Datenleitungen. Der Kreistagsausschuss für Umwelt und Technik (AUT) hat am Montag mit einem einstimmigen Beschluss grünes Licht gegeben für ein entsprechendes europaweites Vergabeverfahren.
Das Schicksal des Verwaltungsgebäudes, das 1973 nach Plänen des 2016 verstorbenen Architekten Gunther Jauss vom Friedrichshafener Büro Jauss und Gaupp erbaut wurde, war eigentlich längst besiegelt. Mit einem vierstufigen Erweiterungskonzept wollte der Bodenseekreis in der Amtszeit von Landrat Lothar Wölfle den Verwaltungsstandort im Bereich Glärnisch-, Albrechtund Zeppelinstraße ausbauen und damit Platz schaffen für die ständig wachsende Zahl an Mitarbeitern. Vorgesehen war dabei, dass nach Fertigstellung des zweiten Bauabschnitts das alte Landratsamtsgebäude Glärnischstraße 1 - 3 abgerissen wird.
Bei den Haushaltsberatungen für 2024 wurde Ende letzten Jahres
klar, dass das Geld für das ehrgeizige Projekt fehlt. Allein die ersten beiden Bauabschnitte waren vor Jahren auf 60 Millionen Euro geschätzt worden. Der neue Landrat Luca Wilhelm Prayon zog die Reißleine. Aufgrund von knapper Kassen müssten alle Investitionen auf den Prüfstand, sagte Prayon, das Thema sei erstmal vom Tisch.
„Um das Verwaltungsgebäude noch mehrere Jahre sicher im Betrieb halten zu können, müssen wir uns dieser Maßnahmen annehmen“, sagte Harald Betting, der Leiter des Bau- und Liegenschaftsamts, am Montag im Ausschuss. Elektroverkabelung sowie Schaltschränke müssen laut Verwaltung erneuert werden, sie seien mittlerweile über 50 Jahre alt und würden nicht mehr den gewünschten Anforderungen entsprechen. „Auch der Brandschutz muss mitbedacht werden“, sagte Betting.
In dem Gebäude ist unter anderem die Integrierte Leitstelle untergebracht. Das Landratsamt sei auch Katastrophenschutzbehörde und somit systemrelevant. Die technische Infrastruktur müsse den Betrieb der gesamten Verwaltung im laufenden Betrieb sowie in Katastrophenfällen bei einem Ausfall des öffentlichen Stromnetzes gewährleisten. Bereits 2021 wurde ein Notstromaggregat beim Verwaltungsgebäude Glärnischstraße 1 - 3 installiert.
Beim Kreis rechnet man für die anstehende Maßnahme mit Kosten von dreieinhalb bis vier Millionen Euro. Die Planungen sollen im vierten Quartal 2024 beginnen, die Sanierung könnte demnach ab Ende 2025 starten. Sie werde rund drei Jahre, also bis 2028, dauern und im laufenden Betrieb Stock für Stock durchgeführt. Es werde dann eine ständige Rochade der Mitarbeiter in der Zeit geben, erklärte Betting.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Norbert Zeller sieht in der Maßnahme ein weiteres Anzeichen dafür, „dass ein Neubau in weite Ferne rückt“. Er gehe davon aus, dass dieser nicht so schnell komme. Wenn man jetzt investiere, „reißt man in zehn Jahren nicht wieder ab“sagte Zeller zum alten Landratsamtgebäude. Zeller kritisierte außerdem, dass das Bebauungsplanverfahren für den Neubau weiter stocke: „Es wird keinen Wert darauf gelegt, das Verfahren voranzubringen.“Seinen Unmut über die Stadt Friedrichshafen, die dafür zuständig ist, habe er in der Sache schon geäußert.