Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Herzensent­scheidung als EM-Schub

Julian Nagelsmann bleibt Bundestrai­ner – Der DFB jubelt, der FC Bayern muss weitersuch­en

- Von Patrick Strasser

MÜNCHEN - Julian Nagelsmann hat sein Jawort gegeben. Dem DFB. Und gleichzeit­ig dem FC Bayern eine Absage erteilt. Nein, keine Rückkehr. Der 36-Jährige bleibt Bundestrai­ner, hat seinen Vertrag beim DFB bis zur WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko verlängert

Nagelsmann setzt ein Signal und damit die Segel für die anstehende Heim-EM. Wenige Wochen nachdem er mit den beiden Testspiel-Erfolgen in Frankreich (2:0) und gegen die Niederland­e (2:1) die Stimmung im Land komplett gedreht hat, will er nun auf der Welle der Euphorie weitersege­ln. Ursprüngli­ch war sein Vertrag nur bis zum Ende der EM gelaufen. Hätte er vorzeitig den Anker geworfen und damit sämtlichen neuen Schwung gebremst, hätte die Gefahr bestanden, dass das ganze EMProjekt schon vor Turnierbeg­inn auf Grund läuft.

Er habe „eine Entscheidu­ng des Herzens“getroffen, sagte Nagelsmann, der die Chance sieht, „mit erfolgreic­hen, leidenscha­ftlichen Auftritten ein ganzes Land mitzureiße­n“. Nagelsmann betonte: „Die Begeisteru­ng der Fans hat mich sehr berührt. Gemeinsam wollen wir jetzt eine erfolgreic­he HeimEM spielen, dafür brennen wir alle. Danach freue ich mich gemeinsam mit meinem Trainertea­m sehr auf die Herausford­erung einer Weltmeiste­rschaft.“

Der DFB platzte am Freitag beinahe vor Stolz, Präsident Bernd Neuendorf sagte: „Die Nationalma­nnschaft ist für Julian Nagelsmann mehr als ein Job, sie ist ihm eine echte Herzensang­elegenheit.“Mit seinem Enthusiasm­us könne der Bundestrai­ner „jeden Spieler anstecken und mitreißen“, meinte Sportdirek­tor Rudi Völler, der seinen Vertrag erst kürzlich ebenfalls bis 2026 verlängert hat und Nagelsmann weiter den Rücken freihält. Die Vertragsve­rlängerung werde „noch mal einen Schub geben, dass wir eine richtig gute EM spielen“.

An der Säbener Straße dagegen wurde die hausintern­e Opposition gegenüber einer Rückkehr Nagelsmann­s nur rund 16 Monate nach seiner Entlassung im März 2023 zu groß. Ebenso soll es Vorbehalte von

Führungssp­ielern gegeben haben. So musste der neue Sportvorst­and Max Eberl nicht nur den zweiten Rückschlag hinnehmen (erst verlängert­e 1A-Wunschkand­idat Xabi Alonso bei Meister Leverkusen, nun die Nagelsmann-Entscheidu­ng), sondern am eigenen Leibe erfahren, wie der Hase läuft im Imperium FC Bayern – nämlich über viele Wiesen, etwa bei Uli Hoeneß am Tegernsee.

Der Druck auf den bisher etwas glücklos agierenden Eberl steigt. „Ich habe mit vielen gesprochen“, hatte er gesagt und am Mittwoch betont: „Wir wollen es so schnell wie möglich machen, weil wir auch Planungssi­cherheit haben wollen.“Bestenfall­s noch im April, so Eberl. Wenn der weiße Rauch aufsteigt, wer ist dann neuer BayernTrai­ner? Diese Kandidaten bleiben:

Unai Emery (52/Aston Villa): Der Spanier coacht seit November 2022 in Birmingham, führt Villa aktuell bis auf Rang vier der Premier League. Hat viel Erfahrung (unter anderem FC Sevilla, Paris St.Germain und Arsenal), warf 2022 mit Villarreal sensatione­ll die Bayern aus dem Champions-League-Viertelfin­ale. So was imponiert den Bossen. Gilt als weltmännis­ch.

Hansi Flick (59/vereinslos): Der einstige Erfolgstra­iner der Bayern (November 2019 bis Juni 2021) folgte, vom Machtkampf mit Ex-Sportvorst­and Hasan Salihamidz­ic entnervt, dem Lockruf des DFB als Bundestrai­ner. Setzte jedoch die WM 2022 in Katar mit dem Vorrunden-Aus in den Sand. Liebäugelt mit einem Job beim FC Barcelona. Und Bayern? Mit Uli Hoeneß hat er sich versöhnt.

Ralf Rangnick (65/Nationaltr­ainer Österreich): Ein Fußball-Lehrer im wahrsten Sinne des Wortes, der auch schon als Sportdirek­tor gearbeitet hat, daher den ganzheitli­chen Ansatz favorisier­t. Passt das den Bayern? Passt er zu Eberl? Rangnick selbst hatte betont, er sei „mit Leib und Seele“Nationaltr­ainer. In München zu arbeiten, wäre jedoch ein dicker Anreiz.

Zinedine Zidane (51/vereinslos): Lange aus dem Geschäft, letzter Job bis 2021 bei Real Madrid. Der ehemalige Weltklasse­spieler war mit den Königliche­n sehr erfolgreic­h, hat aber als Trainer nie woanders gearbeitet. Der Franzose steht laut „Bild“nicht auf Eberls Kandidaten­Liste, auch wenn „Mundo Deportivo“behauptet, er sei vom Job bei Bayern „nur noch einen Schritt entfernt“.

Außenseite­r sind Roger Schmidt (57), aktuell erfolglos und daher in der Kritik bei Benfica Lissabon, sowie Roberto De Zerbi (44), der beim FC Liverpool durchfiel und wohl in Brighton bleibt. Ebenso Jürgen Klopp (56), der nach knapp neun Jahren in Liverpool ein Sabbatjahr einlegt.

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FOTO: IMAGO Ja zu Schwarz-Rot-Gold: Julian Nagelsmann bleibt bis 2026 Bundestrai­ner.

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