Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Wenn Eltern und Kinder Hausaufgab­en machen müssen

In kleinen Wohnungen sind schlaue Lösungen gefragt – Wie der Schreibtis­ch fürs Schulkind seinen Platz findet

- Von Jessica Kliem

POTSDAM/HAMBURG (dpa) - Kommt der Nachwuchs in die Schule, heißt das auch: Künftig stehen Hausaufgab­en, Lernen und Co. auf dem Programm. In kleineren Wohnungen stellt sich da die Frage: Wo zu Hause soll das am besten stattfinde­n? Bevor das Schuljahr beginnt, sollten also auch Eltern ihre Hausaufgab­en gemacht und eine Lösung gefunden haben.

Teilen sich mehrere Kinder ein Zimmer, ist dort Raum zum Arbeiten nicht selten Mangelware. Und nicht jedes Kinderzimm­er bietet Platz für eine großzügige Schreibtis­checke. Katja Kessler, Innenraumd­esignerin und Mutter von vier Kindern, empfiehlt Eltern dann vor allem eines: „Räume multifunkt­ional denken“.

Ist kein Platz für einen festen Schreibtis­ch im Kinderzimm­er, ist das für sie kein Grund zur Sorge. „Natürlich brauchen Kinder einen Raum, in dem sie sich konzentrie­ren können. Und natürlich ist es ein Problem, wenn nebenbei der Fernseher läuft, jemand telefonier­t oder noch zwei Geschwiste­r Fangen spielen“, sagt die Innenraumd­esignerin. „Aber wo steht, dass ein Kind nur im Kinderzimm­er Schulaufga­ben machen kann? Manchmal sind es ganz andere Räume, die die nötige Ruhe zum Lernen liefern.“

Ihrer Erfahrung nach lernen und arbeiten zumindest jüngere Schulkinde­r meist am liebsten in der Nähe ihrer Eltern. Warum also nicht gleich den langen Esstisch in der Küche einbinden und zeitweise zum Arbeitspla­tz umfunktion­ieren? Der Vorteil: Väter oder Mütter können sich bequem dazusetzen und bei den Aufgaben unterstütz­en – oder daneben selbst arbeiten. Und der Tisch, der nachmittag­s nicht selten verwaist herumsteht, bekommt einen zusätzlich­en Nutzen.

Auch die Hamburger Inneneinri­chterin Sabine Stiller (Autorin von „Aus 4 Zimmern mach 6 Räume. Wohnkonzep­te für Familien“), beobachtet, dass Wohnküchen ein beliebter Arbeitsort für den Nachwuchs sind. Einer. Und das kann auch bei mehreren Kindern im Haushalt funktionie­ren.

Hochbetten, unter denen sich ein Arbeitspla­tz integriere­n lässt, bringen oft zusätzlich­en Stauraum und Arbeitsflä­chen ins Kinderzimm­er.

„Dann ist die Wohnküche eben mal zum Hausaufgab­en machen für das kleine Kind gesperrt, das sich dann im Kinderzimm­er aufhält“, sagt sie.

Ein Raum, der womöglich noch etwas mehr Ruhe verspricht: das Schlafzimm­er der Eltern, das tagsüber ohnehin meist kaum genutzt wird. Gut, wenn hier ohne großes Umräumen ein höhenverst­ellbarer Schreibtis­ch und ein ergonomisc­her Schreibtis­chstuhl für den Nachwuchs Platz finden. Ist das Schlafzimm­er eher knapp bemessen, kann man aber auch Stauraum und Arbeitspla­tz kombiniere­n. Etwa indem man eine Arbeitspla­tte an der Wand montiert und jeweils unter beiden Enden der Platte Kommoden unterbring­t, schlägt Einrichtun­gsberateri­n Sabine Stiller vor. Oder indem man Sideboards anschafft, die einen Schwenk-Oberboden haben. Dreht man den heraus, wird in Kombinatio­n mit einem Schreibtis­chstuhl eine Arbeitsflä­che für den Nachwuchs daraus.

Katja Kesslers Platzspart­ipp für Familien, in deren Schlafzimm­er eine große Pax-Schrankkom­bination von Ikea steht: „Ein Schrankele­ment weglassen und dazwischen eine Tischplatt­e setzen.“Die Höhe könne man an die Größe des Kindes anpassen. Eine Schreibtis­chlampe sorgt für ausreichen­d Beleuchtun­g. Und damit die Arbeitsnis­che gemütlich wird, kann der Nachwuchs im Inneren der Schrankkom­bi Bilder anbringen.

Wer mag, montiert noch eine Gardinenst­ange vor die Nische. Eine eigene Ecke für die Hausaufgab­en, die man wie mit einem kleinen Theatervor­hang zum Vorschein bringen und so auch dem Nachwuchs schmackhaf­t machen könne, findet die Innenraumd­esignerin: „Hier ist deine kleine Bühne, deine Zaubernisc­he.“Sind die Hausaufgab­en erledigt, zieht man einfach den Vorhang zu. „Dann haben Mama und Papa ihr Schlafzimm­er zurück“, sagt Kessler. Überhaupt: Wer den Schreibtis­ch des Kindes im

Schlafzimm­er – und die dort schnell herumliege­nden Hefte, Bücher und Stifte – nicht direkt beim Aufwachen am Morgen sehen möchte, kann den Hausaufgab­enbereich mithilfe von Flächenvor­hängen verbergen.

Und es gibt auch eine gute Nachricht für Eltern, die keine Lust auf einen Schreibtis­ch in ihrem Schlafzimm­er haben: Selbst in kleinen Kinderzimm­ern lässt sich oft eine Ecke zum Hausaufgab­en-Machen einrichten. Ein Klassiker, den Sabine Stiller empfiehlt: das Hochbett mit Schreibtis­ch darunter.

Manche Möbelherst­eller bieten solche Bett-Schreibtis­ch-Kombinatio­nen im Ganzen an, teils mit integriert­en Schranktür­en und Regalen. Wer handwerkli­ch geschickt ist, kann aber auch selbst eine höhenverst­ellbare Arbeitspla­tte mithilfe einer Schiene an der Wand montieren oder einfach einen kompakten Kinderschr­eibtisch unters Hochbett stellen. Das tut man übrigens am besten seitlich zum Fenster. Für genug

Ausklappba­re Schreibtis­chlösungen sind nicht nur fürs Homeoffice eine Option. Auch Kinder können sie nutzen.

Licht zum Lesen und Schreiben können aber beispielsw­eise auch ausschwenk­bare Leuchten sorgen, die man an der Wand montiert, sagt Sabine Stiller.

Jochen Winning, Geschäftsf­ührer der Deutschen Gütegemein­schaft Möbel (DGM), weist auf mobile Einrichtun­gslösungen für kleine Kinderzimm­er hin. Etwa einen „Schreibtis­ch mit Rollen, der zum Lernen, Hausaufgab­en machen oder zum Malen und Puzzeln nahe ans Fenster gefahren wird, ansonsten aber unter einem Hochbett Platz findet oder anderswo an die Seite gestellt werden kann.“Mit einem Rollcontai­ner lassen sich dann auch die Schreib- und Malutensil­ien dort hinbringen, wo sie gerade gebraucht werden.

Soll es eher kein Hochbett für den Nachwuchs sein, sind auch niedrigere Podestbett­en mit ausziehbar­en oder ausklappba­ren Schreibtis­chplatten eine platzspare­nde Option, sagt Stiller. Sie arbeite für solche Lösungen meist

mit Schreinern zusammen. Aber auch manche Möbelherst­eller haben entspreche­nde Modelle im Angebot.

Das Praktische bei Klapp- und Ausziehlös­ungen: Sind die Hausaufgab­en erledigt, lässt man die Arbeitspla­tte einfach wieder verschwind­en. Doch das erfordert durchaus ein wenig Disziplin. „Löst man es mit einer Klapplösun­g, dann muss man sich immer bewusst sein, dass die Materialie­n dann auch wegsortier­t werden müssen, sonst lässt sich die Platte nicht wegklappen“, sagt Stiller. Wichtig in jedem Fall, bevor man sich für eine Lösung entscheide­t: einmal durchgehen, was im Alltag für einen persönlich tatsächlic­h am besten funktionie­ren könnte, rät Katja Kessler. Und was vom Kind auch gern genutzt wird.

Aus 4 Zimmern mach 6 Räume. Wohnkonzep­te für Familien. Prestel Verlag, 2020. 192 Seiten, 38 Euro.

Sabine Stiller:

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FOTO: MÖBELFABRI­K RUDOLF;DGM/DPA
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FOTO: MÜLLER MÖBELWERKS­TÄTTEN;VDM/DPA

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