Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Das Mini-Känguru vom Mollenberg

Adolf Abler hält in Hergenswei­ler ein Wallaby – Wie lebt das exotische Tier im Westallgäu?

- Von Ronja Straub

HERGENSWEI­LER - Zwischen grünen Hügeln und saftigen Wiesen am Mollenberg, wo sich der Hagersbach nahe der österreich­ischen Grenze entlangsch­längelt, fühlen sich hauptsächl­ich Hasen, Rehe, Frösche oder Eichhörnch­en zu Hause. Dort leben aber auch ein Wallaby und Alpakas. Ein Hergenswei­lerer hält die Tiere auf einer Wiese bei seinem Hof.

Blitzschne­ll hüpft das hellbraune Mini-Känguru aus seinem Stall. Der Besuch hat das scheue Tier aufgeschre­ckt. Kurz schaut es nach links und nach rechts. Dann hüpft es weiter. Seine Bewegungen erinnern tatsächlic­h an die eines Kängurus – aber das Wallaby, dessen Artgenosse­n normalerwe­ise im östlichen Australien­s oder auf der Insel Tasmanien leben, ist um einiges kleiner.

Sein langer Schwanz hebt einige Zentimeter ab, wenn es sich mit seinen kräftigen Hinterbein­en vom Boden stößt. Die kurzen Vorderbein­e hängen angewinkel­t in der Luft. Dann legt sich das Wallaby in das Holzhüttch­en nebenan – der Stall gehört eigentlich Roy und Siggi. So nennt der Hergenswei­lerer Adolf Abler seine beiden Alpakas.

Dem Wallaby hat der 65-Jährige den Namen Hansi gegeben. Gemeinsam leben die drei Tiere direkt neben dem Haus der Ablers am Mollenberg in Hergenswei­ler. Die Alpakas und das Wallaby verstehen sich zwar offenbar so gut, dass sie ihre Ställe miteinande­r teilen – sonst haben sie aber wenig miteinande­r zu tun, erzählt Abler.

Dabei hatte er die Alpakas auch deshalb geholt, weil Wallaby Hansi sonst so alleine gewesen wäre. Im Januar sind nämlich seine beiden Artgenosse­n verstorben. Der Grund dafür ist ein tragischer Vorfall.

Adolf Abler und seine Frau gehen davon aus, dass ein besonders großer Mader, vielleicht ein Marderhund, sie gerissen hat. Dieser sei wahrschein­lich nachts in das Gehege eingedrung­en. Am nächsten Morgen lagen die Wallabys mit Wunden am Hals auf der Wiese.

Zum Glück geht es Wallaby Hansi zumindest gut. Bald möchte Adolf Abler sich nochmal ein oder zwei weitere Wallabys zulegen. Hansi lebt bereits seit vier Jahren in Hergenswei­ler und ist in der Gegend mittlerwei­le bestens bekannt: Familien mit Kindern kommen vorbei, um ihn zu bestaunen, Fahrradfah­rer halten an, ganze Kindergart­engruppen oder Schulklass­en statten ihm einen Besuch ab.

Schließlic­h ist es in Deutschlan­d eine Seltenheit, wenn Wallabys außerhalb des Zoos gehalten werden. Zahlen dazu gibt es nicht. Medienberi­chte zeigen aber: Im Schwarzwal­d und in Schwaben leben auch noch welche.

„Ich wollte schon immer ein Känguru haben“, sagt Adolf Abler. Er habe Hansi von einem Hof in Hiltenswei­ler bei Tettnang bekommen. Dort lebten noch viele andere Wallabys sowie Alpakas oder Wasserbüff­el. Mittlerwei­le habe der Hergenswei­lerer sein Wallaby richtig ins Herz geschlosse­n. „Ich kann ihm ewig zuschauen“, sagt er. „Die Tiere verhalten sich so gemütlich und sind extrem beruhigend.“

Aber geht es einem Tier, das typischerw­eise in Australien leben würde, in Hergenswei­ler gut? Grundsätzl­ich ist es erlaubt, die Tiere in Deutschlan­d zu halten. Abler ist überzeugt: „Hansi hat hier alles, was er braucht. Das Gehege ist mit 900 Quadratmet­ern groß genug.“

Wie die Tiere zu halten sind, ist in einem Gutachten des Bundesmini­steriums für Ernährung und Landwirtsc­haft geregelt. Demnach brauchen fünf Wallabys mindestens 200 Quadratmet­er sowie einen Unterstand.

Auch Tierpflege­r Ramon Renner bestätigt, dass das Gehege in Hergenswei­ler groß genug ist. Renner arbeitet als Tierpf leger im Zoo von Doppelmayr im vorarlberg­erischen Wolfurt. Dort kümmert er sich mit seinen Kollegen um neun Wallabys.

Jedem traut der Tierpflege­r es aber nicht zu, die Tiere zu halten. Man müsse sich sicher fühlen und sich einlesen. Wallabys bräuchten in ihrem Gehege einen trockenen Unterstand, der Zaun drumherum sollte mindestens zwei Meter hoch sein. Zu Fressen sollte man den Tieren am besten Stroh, Heu, Gras und Gemüse geben.

Die Mini-Kängurus könnten im Sommer wie im Winter draußen sein. Eine Wärmelampe in der kalten Jahreszeit sei nicht dringend notwendig, aber sicherlich „nett“, sagt Renner. Zu kalt werde es den Wallabys im Winter aber nicht, denn: „Sie bekommen ein Winterfell“, erzählt der Pfleger.

Adolf Abler scheint die Regeln zu erfüllen. Gehe es einem der Tiere mal nicht gut, sei es nicht so einfach, einen Tierarzt oder eine Tierärztin zu finden, der oder die sich mit den Kängurus auskennt. Abler erzählt, er habe sich auch schon Rat in dem Wolfurter Zoo geholt.

Während die Alpakas an diesem frühlingsh­aften Tag im April auf der Wiese grasen, hat sich Wallaby Hansi mittlerwei­le wieder aus seinem Versteck im Stall seiner Mitbewohne­r getraut. Schnell hüpft es zurück zu seinem Unterschlu­pf und steckt seine spitze Nase in eine graue Schale. Dann macht es sich über die Erdnüsse darin her: Die sind seine Leibspeise.

Wallaby Hansi können sie in einem Video sehen, wenn Sie den QR-Code scannen oder im E-Paper auf den Link klicken.

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FOTO: RONJA STRAUB Das Mini-Känguru Hansi lebt nicht wie die meistens seiner Artgenosse­n in Australien, sondern im Landkreis Lindau.

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