Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Zweifel an Gesetz zu Schutz von Politikern
Justizminister sieht neuen Straftatbestand kritisch – Antifa bekennt sich zu Angriff auf AfD
BERLIN/STUTTGART (dpa) - Mit härteren Strafen lässt sich die zunehmende Aggression gegen Politiker nach Überzeugung von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) nicht eindämmen. „Der Versuch, das gesellschaftliche Problem einer allgemeinen Verrohung der politischen Auseinandersetzung mit dem Strafrecht allein zu lösen, wird scheitern“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Nach dem Angriff auf den SPDPolitiker Matthias Ecke in Dresden hatten sich die Innenminister von Bund und Ländern dafür ausgesprochen, Angriffe auf Politiker und Wahlhelfer härter zu bestrafen. Der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla hält dies hingegen für „Quatsch“. „Ein Politiker ist doch nichts Besseres als ein normaler Arbeitnehmer oder Arbeitgeber“, erklärte er am Freitag im rbb-Inforadio.
Zuletzt hatten sich Angriffe auf Politiker gehäuft. In Dresden wurde der SPD-Wahlkämpfer Ecke krankenhausreif geschlagen, die Kommunalpolitikerin Yvonne Mosler (Grüne) wurde in der sächsischen Landeshauptstadt beim Aufhängen von Wahlplakaten angerempelt und bedroht. In Berlin wurde Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) von einem Angreifer verletzt, in Stuttgart zwei Landtagsabgeordnete der AfD attackiert.
Zu dem Übergriff auf die AfDPolitiker bekannte sich inzwischen das Antifaschistische Aktionsbündnis
Stuttgart und Region. Im Rahmen einer Protestaktion sei es zu einem „Handgemenge“gekommen, räumte die Gruppe auf ihrer Homepage und auf Instagram ein. Die Antifa-Aktivisten beklagen allerdings, dass sie ihrerseits von den AfD-Abgeordneten sowie von deren Security-Mitarbeitern körperlich bedrängt worden seien. Auf die Information der Polizei, wonach die Politiker verletzt worden seien, geht die Antifa nicht ein.
Chrupalla betonte, dass Gewalt niemals ein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein dürfe. „Es ist einfach zu verurteilen, wenn Menschen angegriffen werden – egal aus welcher Gesinnung oder aus welcher Parteizugehörigkeit.“
Dass seine Partei für die wachsende Zahl von Übergriffen verantwortlich sei, wies er zurück. Politiker anderer Parteien benutzten auch hartes Vokabular, sagte der AfD-Chef und mahnte: „Verbale Abrüstung tut uns allen gut.“
Vor dem Hintergrund zahlreicher Übergriffe beabsichtigt Sachsen einen Gesetzentwurf in den Bundesrat einzubringen, der einen neuen Straftatbestand vorsieht. Demnach soll die Beeinf lussung von Amts- und Mandatsträgern durch sogenanntes politisches Stalking geahndet werden. Justizminister Buschmann warnte allerdings vor möglicherweise unpräzisen Formulierungen, die auch legitimes Verhalten kriminalisieren würden.