Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Wie der Kontowechsel gelingt
Auf den ersten Blick viel Arbeit, doch in der Praxis einfacher als gedacht – Banken sind zur Hilfe verpflichtet
RAVENSBURG - Viele Verbraucher scheuen ihn: einen Wechsel des Girokontos. Dabei müssen die Banken ihre Kunden dabei unterstützen, was den Umzug deutlich leichter macht als früher. Wie man ihn am besten angeht und verhindern kann, dass von dem alten Konto doch noch eine unerwartete Abbuchung abgeht.
Was spricht für einen Wechsel des Girokontos?
Für viele Verbraucherinnen und Verbraucher ist es die Schnittstelle der eigenen Finanzen: das Girokonto. Hier gehen regelmäßig zu zahlende Beträge etwa für Versicherungen oder Vereinsmitgliedschaften ab, Abbuchungen am Geldautomaten oder per Karte beglichene Beträge sowie situative Überweisungen etwa beim Online-Shopping. Und, ganz wichtig: Je nach Arbeitsverhältnis gehen hier Gehalt oder Honorare ein, Bezüge oder Sold, Rente oder Pension. Kein Wunder, dass sich viele Menschen schwer damit tun, das eigene Girokonto bei der angestammten Bank aufzulösen und ein neues Institut zu suchen. Denn auf den ersten Blick sieht es vor allem nach einem großen Berg Arbeit aus.
Doch es gibt gute Gründe für einen Wechsel. Da sind zunächst die Kontoführungsgebühren. Die Stiftung Warentest empfiehlt, dass ein Girokonto jährlich nicht mehr als 60 Euro kosten sollte. In einer Untersuchung von 474 Konten hätten jedoch nur 74 diese Grenze eingehalten. Da es auch Institute gibt, die ein kostenloses Girokonto anbieten – etwa als Gehaltskonto – lässt sich bereits hier häufig sparen. Doch nicht nur die monatlichen Kosten können zu Buche schlagen, sondern auch Zusatzkosten, etwa Gebühren für die Abhebung am Automaten oder für schnelle Überweisungen.
Wie wichtig sind die Zinsen?
Ein weiteres Argument für einen
Wechsel können die Zinssätze sein. Zwar gibt es in der Regel auf dem Girokonto keine Habenzinsen – doch gerade, wer mitunter knapp bei Kasse ist, sollte einen Blick auf die Dispozinsen werfen. So untersucht die Stiftung Warentest einmal im Jahr die Zinssätze für den Dispokredit und kam im vergangenen Jahr zu folgendem Ergebnis: Die günstigste Bank verlangt für eines ihrer Kontoangebote gar keine Dispozinsen. Die teuerste Bank lag dagegen bei 16,46 Prozent. In der Praxis heißt das: Bei nur 500 Euro im Minus sind das pro Monat knapp sieben Euro Zinsen, die anfallen – der Zinseszinseffekt über längere Zeiträume ist hier noch nicht eingerechnet.
Auch bei der Kontoverwaltung gibt es Unterschiede, die Grund sein können für einen Wechsel. So möchte oder kann nicht jeder eine App nutzen, um die etwa für eine Überweisung nötige TAN zu generieren. Das verlangen jedoch immer mehr Banken. Manche bieten jedoch TAN-Generatoren als Alternative an. Häufig muss man diese kaufen und auch hier unterscheiden sich die Preise deutlich.
Wie findet man die beste neue Bank?
Die Auswahl ist so groß, dass es schwierig wird, auf eigene Faust den jeweils besten Anbieter zu finden. Einen umfangreichen Blick auf den Markt bietet die Stiftung Warentest mit ihrem GirokontenVergleich, aktuell enthält er 471 Konten. Hier lassen sich in einer Tabelle Details zu den einzelnen Angeboten ablesen. Neben dem monatlichen Grundpreis gibt es unter anderem Informationen darüber, ob kostenloses Geldabheben inbegriffen ist, wie hoch der Dispozinssatz liegt oder welches TAN-Verfahren genutzt wird und welche Kosten dafür entstehen. Einen Vergleichsrechner bietet das Portal Finanztip. Hier lässt sich unter anderem einstellen, ob man Wert auf eine Bank mit Filialen und eine Kreditkarte liegt. Angezeigt werden laut Finanztip nur bundesweit verfügbare Angebote. Auch weitere Portale wie Verivox bieten Vergleichsrechner. Wie immer bei Vergleichsrechnern gilt es, darauf zu achten, ob tatsächlich das beste oder günstigste Angebot oben steht oder ob zum Beispiel gesponserte Treffer als Erstes zu sehen sind.
Welche Unterstützung muss die Bank bei einem Kontowechsel bieten?
Seit 2016 ist mit dem Zahlungskontengesetz vorgeschrieben, dass die Banken Verbraucher auf Wunsch beim Wechsel des Girokontos unterstützen müssen, und zwar sowohl das neue als auch das alte Institut. Unabhängig von dieser gesetzlichen Pflicht arbeiten einige Banken mit Fintechs, Firmen an den Schnittstellen von Finanzen und Technik, zusammen, um wechselwillige Kunden die Umstellung zu erleichtern. Es ist wichtig zu wissen, welchen dieser Pfade man wählt: So weist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) darauf hin, dass der freiwillig angebotene zusätzliche Wechselservice nicht den gesetzlichen Regeln aus dem Zahlungskontengesetz unterliegt. Das betrifft zum Beispiel die Bearbeitungsfristen.
Weil die gesetzliche Pflicht nur Verbraucher umfasst, gilt sie nicht für Geschäftskonten. Deren Inhaber können aber den freiwilligen Wechselservice in Anspruch nehmen. Im Kern funktioniert der gesetzliche Wechselservice so: Man eröffnet ein Konto bei der gewünschten Bank. Bei dieser meldet man die Kontowechselhilfe an, am einfachsten geht das über das von der Bank oder der Bafin bereitgestellte Formular. Das Formular zu benutzen ist nicht Pflicht, macht es aber leichter, nichts zu vergessen. Denn hier gilt es unter anderem auszuwählen, welche Zahlungsein- und -ausgänge – also etwa Daueraufträge und Lastschriften – auf das neue Konto umgestellt und welche Vertragspartner über die neue Kontoverbindung informiert werden sollen. Die neue Bank erhält dafür die Daten aus den vergangenen 13 Monaten. So soll sichergestellt werden, dass auch in größeren Abständen ein- oder ausgehende Buchungen erfasst werden, etwa die Auslandskrankenversicherung, für die nur einmal jährlich ein Betrag abgeht.
Außerdem muss in dem Formular festgelegt werden, wann das alte Konto geschlossen und der darauf befindliche Restbetrag auf das neue Konto transferiert werden soll. Aber Achtung: Wenn alte oder neue Bank außerhalb der Bundesrepublik ansässig sind, gilt die Verpflichtung zur gesetzlichen Wechselhilfe nicht. Ebenso gilt die Pflicht nicht, wenn altes und neues Konto in unterschiedlichen Währungen geführt werden.
Was gilt nach dem Wechsel?
Das Gehalt geht schon auf dem neuen Konto ein und dank Wechselservice sind alle, die regelmäßig etwas abbuchen über die neue Kontoverbindung informiert? Die Experten von Finanztip raten dennoch, das alte Konto nicht sofort zu kündigen, sondern es noch einige Monate laufen zu lassen mit einem Rest an Guthaben drauf. So lasse sich zum Beispiel verhindern, dass eine bereits zuvor auf das alte Konto erteilte Lastschrift nicht eingelöst werden kann und dadurch zusätzliche Kosten entstehen. Oder dass in einem Fall eine Übertragung nicht geklappt hat und eine Firma weiter vom alten Konto abbucht.
Außerdem sehr wichtig: Vor der Kündigung des alten Kontos im Onlinebanking hinterlegte Dokumente wie Kontoauszüge und Steuerbescheinigung herunterladen.