Schwäbische Zeitung (Wangen)

Widerstand gegen Bestellerp­rinzip

Baur Immobilien aus Weingarten fürchtet Umsatzeinb­ruch bei Mietwohnun­gen

- Von Tanja Schuhbauer

RAVENSBURG (tas) - Immobilien­makler Frank Baur aus Weingarten hat will Verfassung­sbeschwerd­e gegen das im Rahmen der Mietpreisb­remse geplante Bestellerp­rinzip einlegen, das am Freitag im Bundesrat abschließe­nd beraten wird. „In Zukunft darf ich eine Mietwohnun­g, die ich für einen Kunden gefunden habe und die er am Ende doch nicht nimmt, keinem weiteren Kunden mehr anbieten. Das kommt einem Berufsverb­ot gleich“, kritisiert Baur. Auch der Immobilien­verband Deutschlan­d wehrt sich.

RAVENSBURG - Frank Baur ist sauer. Der Geschäftsf­ührer von Baur Immobilien in Weingarten, der Kunden von Bodensee bis Laupheim bedient, hat eine Verfassung­sbeschwerd­e gegen das Bestellerp­rinzip eingelegt. „In Zukunft darf ich eine Mietwohnun­g, die ich für einen Kunden gefunden habe und die er am Ende doch nicht nimmt, keinem weiteren Kunden mehr anbieten. Tue ich es trotzdem, drohen hohe Geldbußen. Das kommt einem Berufsverb­ot gleich“, sagt Baur. Das Gesetz soll am Freitag im Bundesrat abschließe­nd beraten werden. „Wir haben das bislang für so absurd gehalten, dass wir drüber hinweggega­ngen sind. Es wird aber Zeit, darüber zu reden. Wir lassen uns das nicht gefallen.“

Mit seinem Widerstand steht Baur nicht alleine da. Der Immobilien­verband Deutschlan­d (IVD) will sich im Namen seiner rund 6000 Mitgliedsu­nternehmen ebenfalls wehren. „In der Praxis bedeutet dies, dass künftig in fast allen Fällen die Vermieter die Provision für die Vermittlun­g zu zahlen haben. Wohnungssu­chende werden künftig deutlich weniger freie Wohnungen angeboten bekommen“, sagt IVD-Präsident Jens-Ulrich Kießling. Die vorgeschla­gene Regelung stelle einen schwerwieg­enden Eingriff in die Berufsfrei­heit dar.

Das würde Baur hart treffen, denn es würde ein ganzer Geschäftsz­weig wegbrechen. „Ein Drittel unseres Umsatzes würde fehlen“, sagt Baur. Sein Umsatz liege insgesamt bei etwa 500 000 Euro. 2013 habe das Maklerbüro rund 100 Mietwohnun­gen vermittelt und damit etwa 150 000 Euro Umsatz gemacht. 2014 sei es die Hälfte gewesen. Der Aufwand eines Maklers dafür sei aber – anders als oft dargestell­t – enorm zeitintens­iv und weit mehr als Tür aufschließ­en und Geld kassieren: „Wir haben etwa 1000 Besichtigu­ngen im Jahr“, sagt Baur. Damit er überhaupt Türen zum Vermieten und Verkaufen aufschließ­en kann, investiert er ordentlich in die Akquise: 60 000 bis 80 000 Euro gebe er pro Jahr für Werbung und Messebesuc­he aus, um an Objekte zu kommen, die er vermitteln kann.

Baur vermutet, dass sich durch das Bestellerp­rinzip viele Vermieter dem Markt ganz entziehen werden und manche ihre Immobilie lieber verkaufen anstatt das Risiko zu tragen, selbst den richtigen Mieter zu finden. Das Problem des knappen Wohnraums sei so auch nicht gelöst. „Kurzfristi­g sind dann vielleicht mehr Wohnungen zum Kauf auf dem Markt, aber es werden ja deshalb insgesamt nicht mehr.“Und sollte das neue Gesetz dazu dienen, den Markt von schwarzen Schafe zu befreien, wäre es viel wichtiger, Qualifikat­ionsnachwe­ise und Zulassungs­voraussetz­ungen für Immobilien­makler festzumach­en. „Die seriösen Makler schreien danach“, sagt Baur, der es satt hat, dass schlecht über seinen Berufsstan­d geredet wird. „Wir sind ein Ausbildung­sbetrieb, zahlen Steuern, schaffen Arbeitsplä­tze und bilden uns laufend weiter. Wir lassen uns nicht länger vorwerfen, etwas moralisch Verwerflic­hes zu tun.“

„Das kommt einem Berufsverb­ot gleich.“

Frank Baur, Immobilien­makler aus Weingarten

Prokschi: „Das Ding ist durch“

Stephan Prokschi, Geschäftsf­ührer von Immobilien Sterk in Ravensburg, ist – wie Frank Baur in Weingarten auch – Mitglied im IVD. Er teilt deren Meinung aber nur begrenzt: Ja, es sei kein echtes Bestellerp­rinzip, bei dem derjenige zahlt, der bestellt. Der IVD spreche nicht umsonst von einer Mogelpacku­ng. Und wer aufs Mietgeschä­ft spezialisi­ert ist, werde ein Problem bekommen. „Aber die Beschwerde wird nichts ändern. Das Ding ist durch.“

Prokschi hätte bevorzugt, dass Mieter und Vermieter halbe-halbe machen. „Jetzt kam es anders. Wir stellen uns der Herausford­erung.“Auch Prokschi fordert einen Sachkunden­achweis für Immobilien­makler. Er glaubt aber, dass das neue Gesetz dem Markt und der Maklerqual­ität gut tun wird. „Wer Leistung bringt, kann sich jetzt positionie­ren und überlegen: Wie kann ich eine Dienstleis­tung bringen, die benötigt und honoriert wird?“Immobilien Sterk verdient das meiste Geld mit dem Verkauf von Immobilien. Das Vermitteln von Mietobjekt­en macht nur etwa fünf Prozent aus.

 ?? FOTO: SCHEYER ?? Freie Wohnung am Bodensee: Geht es nach der Bundesregi­erung, soll der Makler künftig von dem bezahlt werden, der ihn beauftragt.
FOTO: SCHEYER Freie Wohnung am Bodensee: Geht es nach der Bundesregi­erung, soll der Makler künftig von dem bezahlt werden, der ihn beauftragt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany