Schwäbische Zeitung (Wangen)

Absturz in unwegsamer Region

Katastroph­enort in den französisc­hen Alpen ist schwer erreichbar – Unglücksur­sache des Airbus A320 unklar

- Von Christine Longin

PARIS - Um 10.47 Uhr am Dienstag empfing der Kontrolltu­rm von Aixen-Provence angeblich die letzte Nachricht von der Germanwing­sMaschine, die mit 150 Menschen an Bord von Barcelona nach Düsseldorf unterwegs war. Ob es ein Notruf war, den der Airbus A320 absetzte, oder ob der Kontrolltu­rm Gefahr für das Flugzeug sah, war zunächst nicht ganz klar. Die französisc­he Flugkontro­lle teilte später mit, es habe keinen Notruf gegeben.

Auf alle Fälle sei jedoch der Flug 4U9525 in einer „nicht normalen Situation“gewesen, sagte Verkehrsmi­nister Alain Vidalies. Denn das Flugzeug sackte offenbar binnen weniger Minuten von 11 000 Metern auf 2000 Meter ab. Die Radarverbi­ndung brach schließlic­h auf etwa 1800 Meter Höhe ab.

Gute Wetterbedi­ngungen

Die Maschine, die unter anderen 67 deutsche Passagiere trug, zerschellt­e bei relativ guten Wetterbedi­ngungen an einem der Berghänge. Überlebt habe das Unglück niemand, zerstreute Verkehrsmi­nister Vidalies schnell alle Hoffnungen.

Die Absturzste­lle liegt annähernd 100 Kilometer nordwestli­ch von Nizza im Massiv „Trois Evêchés“in einer Gletscherr­egion, die nur erfahrenen Bergsteige­rn zugänglich ist. Mit dem Auto ist das Gebiet nicht zu erreichen. Ein Hubschraub­er konnte am Nachmittag dort landen, ohne dass zunächst Überlebend­e gefunden wurden.

„Ich war im Sessellift, als ich ein lautes Geräusch einer Flugzeugtu­r- bine gehört habe“, berichtet ein Augenzeuge im Fernsehen. Ein weiterer Augenzeuge berichtete von einem Flugzeug, das extrem niedrig flog. Warum die Maschine mit 144 Passagiere­n und sechs Besatzungs­mitglieder­n massiv an Flughöhe verlor, ist unklar. „Keine Hypothese wird ausgeschlo­ssen“, sagte der französisc­he Premiermin­ister Manuel Valls. Über zwei Quadratkil­ometer sollen die Trümmertei­le verstreut sein, von denen die ersten bereits auf dem Gelände der Gemeinde Barcelonne­tte gefunden wurden.

Krisenstab in Seyne gebildet

In Seyne-les-Alpes, rund 30 Kilometer westlich, wurde am Dienstag ein Krisenstab eingesetzt, den am Nachmittag Innenminis­ter Bernard Cazeneuve zusammen mit der deutschen Botschafte­rin Susanne Wasum-Rainer besuchte. Von dort aus starteten auch Hubschraub­er und Rettungswa­gen Richtung Absturzste­lle.

In die Gemeinde mit 1400 Einwohnern, die zehn Kilometer von der Absturzste­lle entfernt liegt, sollen später auch die Überreste der Opfer gebracht werden. Doch das könne mehrere Tage dauern, teilte die Gendarmeri­e mit. Wie lange die Bergung dauert, hängt auch vom Wetter ab.

„Das ist eine Tragödie“, sagte der französisc­he Präsident Francois Hollande, der mit Angela Merkel telefo- niert hat. Hollande besuchte am Dienstag mit Felipe VI. und dessen Frau Letizia das Krisenzent­rum im Innenminis­terium. Die spanischen Monarchen kürzten ihren Staatsbesu­ch in Frankreich ab und strichen das vorgesehen­e Programm.

Die Katastroph­e in den Bergen ist das schwerste Flugzeugun­glück seit mehr als 40 Jahren in Frankreich. 1974 war eine Maschine der Turkish Airlines bei Paris verunglück­t, 346 Menschen starben. Unvergesse­n ist im August 2000 der Absturz des Überschall­flugzeugs Concorde nach dem Start in Paris, bei dem 113 Menschen ums Leben kamen.

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FOTO: AFP Militärhub­schrauber und zivile Rettungskr­äfte treffen in der Nähe des Absturzort­es bei Seyne im südöstlich­en Frankreich ein.
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FOTO: DPA Wrackteile und Trümmer liegen an einem Berghang.

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