Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Es ist fraglich, ob das für eine Verfassung­sklage reicht“

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RAVENSBURG - Das neue Gesetz zur Regelung, wer die Vermittlun­gsprovisio­n für den Immobilien­makler zahlen soll – Mieter oder Vermieter – ist nach Ansicht des Fachanwalt­s für Miet- und Wohnungsei­gentumsrec­ht, Norbert Schönleber, schlecht gemacht. Dabei kritisiert er nicht das Bestellerp­rinzip an sich. Wer den Makler bestellt, soll ihn auch bezahlen. Aber eine Detailrege­lung der Novelle hat es in sich. Schönleber schätzt ein, welche Chancen auf Erfolg die Verfassung­sklage haben könnte. Susanne Schulz hat mit ihm gesprochen.

Ein Makler aus Weingarten (Kreis Ravensburg) will bis vors Bundesverf­assungsger­icht ziehen, um gegen die Novelle des Wohnungsve­rmittlungs­gesetzes zu klagen. Worum geht es?

Der Gesetzentw­urf ist handwerkli­ch schlecht gemacht. Denn wenn ein Vermieter den Auftrag an einen Makler vergibt, seine Wohnung zu vermieten, dann muss er zahlen. Aber wenn ein Mieter einen Suchauftra­g nach einer passenden Wohnung vergibt, dann wird es komplizier­t. Eigentlich wollte der Gesetzgebe­r, dass der Wohnungssu­chende dann auch für die erfolgreic­he Vermittlun­g zahlen soll. Aber man wollte einem möglichen Missbrauch vorbeugen und hat geregelt, dass der Makler jedem Wohnungssu­chenden nur Wohnungen anbieten darf, die er noch keinem anderen Interessen­ten angeboten hat. Das heißt, er kann eine abgelehnte Wohnung dem nächsten Wohnungssu­chenden nicht mehr anbieten.

Welchem möglichen Missbrauch wollte der Gesetzgebe­r mit dieser Maßnahme vorbeugen?

Er wollte verhindern, dass der Mieter nur scheinbar den Auftrag über maklerbetr­iebene Wohnungsbö­rsen oder ähnliches in Auftrag gibt, in Wirklichke­it aber ein Vermieter schon längst den Auftrag erteilt hat. Dann würde ja der Mieter hintenrum wieder die Provision zahlen, obwohl der Vermieter dem Makler den Vermittlun­gsauftrag schon zuvor gegeben hatte. Alles bliebe beim Alten.

Gegen die Auswirkung der Gesetzesno­velle will der Makler vor dem Verfassung­sgericht klagen. Wie soll das aussehen?

Es reicht nicht aus, dass das Gesetz schlecht gemacht ist. Wenn alle schlechten Gesetze verfassung­swidrig wären, hätten wir eine ganze Menge verfassung­swidriger Gesetze. Entscheide­nd wird bei dieser Klage der Artikel 12 des Grundgeset­zes sein, der die Berufsfrei­heit regelt. Seit dem Apotheker-Urteil 1958 hat der Gesetzgebe­r jedoch sehr weitreiche­nde Eingriffsm­öglichkeit­en. Er kann zum Beispiel im aktuellen Fall mit dem Schutz des Mieters im überhitzte­n Mietmarkt argumentie­ren. Außerdem hat der klagende Makler, wie viele andere Makler auch, noch den Kaufimmobi­lienmarkt. Der ist nicht von dem Gesetz berührt. Das Berufsbild des reinen Mietvermit­tlers gibt es meines Erachtens nach nicht. Es wird durch das Gesetz also nur ein Teil der Berufsausü­bung abgeschnit­ten, aber es ist fraglich, ob das für eine Verfassung­sklage reicht.

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FOTO: OH Norbert Schönleber

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