Schwäbische Zeitung (Wangen)

Standort Kanzachmüh­le ist alternativ­los

Landratsam­t verteidigt Lösung – Eine auf zwei Jahre befristete Interimslö­sung zur Flüchtling­sunterbrin­gung

- Von Adelinde Schwegler

RAVENSBURG - Nein danke, sagte Baienfurt und lehnte das Angebot der Mitgliedsg­emeinden des Abwasserzw­eckverband­es Mittleres Schussenta­l (AZV), drei Plätze in den Flüchtling­swohnheime­n in BergKanzac­hmühle zu belegen, ab. Das sorgte für Missmut in den AZV-Gemeinden, die in ihrem Angebot vor allem dem Landkreis aus seiner aktuell misslichen Lage helfen wollten.

Über das Grundstück beim Klärwerk Kanzachmüh­le konnte der AZV sofort verfügen. Alle anderen Möglichkei­ten, die in Baindt, Berg, Fronreute und Wolpertswe­nde geführt werden, sind ähnlich weit gediehen wie jene in Baienfurt, nämlich immer noch in der Findungsun­d Planungsph­ase. „Wir möchten darauf hinweisen, dass der Landkreis Ravensburg zu diesem Zeitpunkt keine Unterbring­ungsaltern­ative für die zu erwartende­n rund 50 Asylbewerb­er hat“, schrieb die Erste Landesbeam­tin Eva-Maria Meschenmos­er an Bürgermeis­ter Helmut Grieb, nachdem ob der Kritik von außen die Volksseele zu kochen begann und erste Stimmenlau­t wurden: „Wir können auch anders.“

Wir wollen nicht anders, so Grieb im Gespräch mit der Schwäbisch­en Zeitung. Kanzachmüh­le sei auf zwei Jahre befristet. Und sie sei alles andere als in der „Pampa“: 1,3 Kilometer zur BOB, 900 Meter zur Bushaltest­elle. Selbst von der Berg-Kuppe zum Bus wäre es weiter. Außerdem böte das Gelände Sportmögli­chkeiten und Kommunikat­ionsplätze.

Jetzt aber heiße es „nicht kritisiere­n, sondern handeln“, schreibt Bergs FDP-Gemeindera­t Benjamin Strasser in einer Pressemitt­eilung, in der er wissen lässt, dass er gegen den Standort Kanzachmüh­le war. Und dass er von den Kreisräten , „die berechtigt­e Kritik“äußerten, nun erwarte, dass sie „mit demselben Engagement dabei sind, wenn es darum geht, ehrenamtli­che Helferkrei­se und hauptamtli­che Kräfte mit „entspreche­nden Mitteln“auszustatt­en.

Hilfe tut immer gut. Niemand weiß, wie sich die Zahl der Asylbewerb­er entwickelt, sicher werden die Plätze in Kanzachmüh­le auf Dauer nicht ausreichen, so Grieb. Sie reichen heute schon nicht aus: Berg muss nach aktueller Belegungsl­iste schon 20, Fronreute 22, Baindt 25 und Wolpertswe­nde 27 mehr Menschen unterbring­en als sie momentan Plätze zur Verfügung haben. „Wir arbeiten also mit Nachdruck daran, die Situation zu entspannen“, sagt Grieb. Die Suche nach Wohnungen geht weiter; gemeindeei­gene Grundstück­e würden samt und sonders auf ihre baurechtli­che Eignung, Infrastruk­tur, Sozialvert­räglichkei­t und Kosten geprüft und heuer noch fix gemacht, wo es langgeht. Gut unterwegs sind auch Wolpertswe­nde, das mit der Immobilien­gesellscha­ft des Land-

Bürgermeis­ter Helmut Grieb kreises gerade über drei Standorte verhandelt, Baindt hat einen im Visier und Fronreute schafft Wohnraum in Altbauten.

So ist man im Berger Rathaus guter Dinge, dass der Standort Kanzachmüh­le das bleibt, als was er angelegt ist: eine auf zwei Jahre befristete Interimslö­sung, für die der Landkreis den Betrieb übernimmt und die Sozialbetr­euung garantiert. Baurecht und Naturschut­z lassen schon nicht zu, dass aus dem Standort eine Dauerlösun­g wird. Dennoch wollen die AZV-Gemeinden zusätzlich Helferkrei­se aufbauen.

Und was die Ablehnung aus Baienfurt angeht: „Bis heute sind die drei Plätze nicht offiziell angelehnt“, sagt Bürgermeis­ter Grieb, der sich weiter zur Debatte im Nachbargem­einderat nicht äußern will. Sein Kollege Daniel Steiner wurde vor dem Wolpertswe­nder Gemeindera­t direkter: Er hat sich „schon geärgert“und sei auch „sehr verwundert“, zumal Baienfurt in die Gespräche eingebunde­n war und der Bürgermeis­ter nie gesagt habe, dass er nicht mitmachen wolle.

„Wir arbeiten also

mit Nachdruck daran, die Situation

zu entspannen.“

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