Standort Kanzachmühle ist alternativlos
Landratsamt verteidigt Lösung – Eine auf zwei Jahre befristete Interimslösung zur Flüchtlingsunterbringung
RAVENSBURG - Nein danke, sagte Baienfurt und lehnte das Angebot der Mitgliedsgemeinden des Abwasserzweckverbandes Mittleres Schussental (AZV), drei Plätze in den Flüchtlingswohnheimen in BergKanzachmühle zu belegen, ab. Das sorgte für Missmut in den AZV-Gemeinden, die in ihrem Angebot vor allem dem Landkreis aus seiner aktuell misslichen Lage helfen wollten.
Über das Grundstück beim Klärwerk Kanzachmühle konnte der AZV sofort verfügen. Alle anderen Möglichkeiten, die in Baindt, Berg, Fronreute und Wolpertswende geführt werden, sind ähnlich weit gediehen wie jene in Baienfurt, nämlich immer noch in der Findungsund Planungsphase. „Wir möchten darauf hinweisen, dass der Landkreis Ravensburg zu diesem Zeitpunkt keine Unterbringungsalternative für die zu erwartenden rund 50 Asylbewerber hat“, schrieb die Erste Landesbeamtin Eva-Maria Meschenmoser an Bürgermeister Helmut Grieb, nachdem ob der Kritik von außen die Volksseele zu kochen begann und erste Stimmenlaut wurden: „Wir können auch anders.“
Wir wollen nicht anders, so Grieb im Gespräch mit der Schwäbischen Zeitung. Kanzachmühle sei auf zwei Jahre befristet. Und sie sei alles andere als in der „Pampa“: 1,3 Kilometer zur BOB, 900 Meter zur Bushaltestelle. Selbst von der Berg-Kuppe zum Bus wäre es weiter. Außerdem böte das Gelände Sportmöglichkeiten und Kommunikationsplätze.
Jetzt aber heiße es „nicht kritisieren, sondern handeln“, schreibt Bergs FDP-Gemeinderat Benjamin Strasser in einer Pressemitteilung, in der er wissen lässt, dass er gegen den Standort Kanzachmühle war. Und dass er von den Kreisräten , „die berechtigte Kritik“äußerten, nun erwarte, dass sie „mit demselben Engagement dabei sind, wenn es darum geht, ehrenamtliche Helferkreise und hauptamtliche Kräfte mit „entsprechenden Mitteln“auszustatten.
Hilfe tut immer gut. Niemand weiß, wie sich die Zahl der Asylbewerber entwickelt, sicher werden die Plätze in Kanzachmühle auf Dauer nicht ausreichen, so Grieb. Sie reichen heute schon nicht aus: Berg muss nach aktueller Belegungsliste schon 20, Fronreute 22, Baindt 25 und Wolpertswende 27 mehr Menschen unterbringen als sie momentan Plätze zur Verfügung haben. „Wir arbeiten also mit Nachdruck daran, die Situation zu entspannen“, sagt Grieb. Die Suche nach Wohnungen geht weiter; gemeindeeigene Grundstücke würden samt und sonders auf ihre baurechtliche Eignung, Infrastruktur, Sozialverträglichkeit und Kosten geprüft und heuer noch fix gemacht, wo es langgeht. Gut unterwegs sind auch Wolpertswende, das mit der Immobiliengesellschaft des Land-
Bürgermeister Helmut Grieb kreises gerade über drei Standorte verhandelt, Baindt hat einen im Visier und Fronreute schafft Wohnraum in Altbauten.
So ist man im Berger Rathaus guter Dinge, dass der Standort Kanzachmühle das bleibt, als was er angelegt ist: eine auf zwei Jahre befristete Interimslösung, für die der Landkreis den Betrieb übernimmt und die Sozialbetreuung garantiert. Baurecht und Naturschutz lassen schon nicht zu, dass aus dem Standort eine Dauerlösung wird. Dennoch wollen die AZV-Gemeinden zusätzlich Helferkreise aufbauen.
Und was die Ablehnung aus Baienfurt angeht: „Bis heute sind die drei Plätze nicht offiziell angelehnt“, sagt Bürgermeister Grieb, der sich weiter zur Debatte im Nachbargemeinderat nicht äußern will. Sein Kollege Daniel Steiner wurde vor dem Wolpertswender Gemeinderat direkter: Er hat sich „schon geärgert“und sei auch „sehr verwundert“, zumal Baienfurt in die Gespräche eingebunden war und der Bürgermeister nie gesagt habe, dass er nicht mitmachen wolle.
„Wir arbeiten also
mit Nachdruck daran, die Situation
zu entspannen.“