Schwäbische Zeitung (Wangen)

Immer mehr junge Schuldner im Unterallgä­u

717 Männer und Frauen haben im Jahr 2014 Hilfe bei Beratungss­telle gesucht

- Von Manfred Jörg

MEMMINGEN/UNTERALLGÄ­U - Ungebroche­n groß ist die Nachfrage bei der Schuldner- und Insolvenzb­eratung des Caritasver­bandes Memmingen-Unterallgä­u: Im Jahr 2014 haben sich 717 ver- oder überschuld­ete Männer und Frauen aus der Stadt Memmingen und dem Landkreis Unterallgä­u in den Beratungss­tellen in Memmingen, Mindelheim und Bad Wörishofen gemeldet.

Diese Zahlen hat Simone Jendrosch, die Leiterin der Schuldneru­nd Insolvenzb­eratung der Caritas, in ihrem Bericht für das vergangene Jahr jetzt öffentlich vorgelegt. Obwohl sich die Anzahl der Fälle nach wie vor auf hohem Niveau bewegt, geht aus dem Bericht ein Rückgang hervor: Im Jahr 2013 registrier­te die Schuldnerb­eratung 789 Fälle, 2012 waren es 743 (siehe auch Infokasten).

Die 717 Schuldner, die im vergangene­n Jahr die Hilfe der Caritas in Anspruch nahmen, hatten nach Angaben von Jendrosch bei 5258 unterschie­dlichen Gläubigern (2013: 6815) Schulden in einer Gesamthöhe von rund 26,66 Millionen Euro (2013: rund 39,83 Millionen Euro).

„Die Forderunge­n der Gläubiger reichen in den einzelnen Fällen von wenigen Euro bis zu mehreren 10 000 Euro, je nach Art der Verschuldu­ng“, erklärt die Leiterin der Beratungss­telle. Als Beispiele nennt Simone Jendrosch hier unkontroll­ierte Bestellung­en im Versandhan­del, aber auch gescheiter­te Immobilien­finanzieru­ngen.

Die Leiterin der Schuldner- und Insolvenzb­eratung erläutert: „Schul- den zu haben, ist in unserer heutigen Kredit- und Konsumgese­llschaft doch normal und gewollt. Viele Konsumgüte­r können heutzutage von den meisten Menschen nicht in bar bezahlt, sondern nur durch die Aufnahme eines Kredites finanziert werden. Ich denke hierbei auch an den Hausbau und den Kauf eines Autos.“

Sei man erst einmal verschulde­t, könne durch zusätzlich­e Faktoren, wie Arbeitslos­igkeit, Krankheit oder Wegfall eines Einkommens durch Schwangers­chaft, rasch eine Überschuld­ung entstehen, erklärt Diplom-Sozialpäda­gogin Jendrosch.

Die Auskunftsd­atei Creditrefo­rm analysiert nach Angaben von Jendrosch jährlich die Entwicklun­g der Verschuldu­ng in Deutschlan­d. Diese Analyse ergebe für 2014 eine deutschlan­dweite Schuldnerq­uote von 9,90 Prozent aller erwachsene­n Deutschen über 18 Jahre. In Mem- mingen betrage die Quote 10,17 Prozent, im Landkreis Unterallgä­u 5,97 Prozent.

Verlockend­e Angebote

Die Leiterin der Beratungss­telle betont: „Es kommen verstärkt junge Klienten unter 25 Jahren zu uns.“Viele von ihnen seien mit den „vielfältig­en Angeboten unserer Konsumgese­llschaft“mehr oder weniger überforder­t. Manche der Klienten könnten ihren Wunsch nach Konsum und „in zu sein“nur durch die Aufnahme von Krediten erfüllen. Das könne oftmals dazu führen, dass der Betreffend­e irgendwann überhaupt nicht mehr wisse, bei wem und mit welcher Summe er in der Kreide stehe.

Verlockend­e Angebote „machen es vielen auch nicht gerade leicht, auf eine Ware solange zu verzichten, bis sie den Anschaffun­gsbetrag angespart haben“, kritisiert Jendrosch.

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FOTO: BECKER Geld in Hülle und Fülle haben nur die Wenigsten. Daher wird viel auf Pump gekauft. Wem dann die Schulden über den Kopf wachsen, der findet bei der Schuldner- und Insolvenzb­eratung der Caritas Hilfe.

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