Schwäbische Zeitung (Wangen)

Kehrwoche mal anders

Putzen wie die Schwaben: Flüchtling­e helfen bei Müllsammel-Aktionen

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SCHWÄBISCH GMÜND (lsw) - Pfeifend läuft Kaleb Ashenafi den steilen Waldweg in Schwäbisch Gmünd hinauf. Immer wieder macht der 21Jährige halt, um vom Wegesrand leere Flaschen, Plastikver­packungen und anderen Abfall aus dem Gestrüpp zu ziehen. Das hat einen Grund: Der Eritreer macht Frühjahrsp­utz in seiner neuen Heimat. Und das ist ausgerechn­et dort, wo man das besonders gut kann: bei den Schwaben.

„Ich kann helfen und habe eine Aufgabe“, erklärt der 21-Jährige. Er machte – zusammen mit fünf anderen Flüchtling­en und drei heimischen Helfern – mit in Schwäbisch Gmünd bei der „Kreisputze­te“, einem kommunalen Frühjahrsp­utz. Integratio­n mal anders.

Seit gut einem Jahr lebt Ashenafi in Deutschlan­d und nutzt jede Gelegenhei­t, um sich einzubring­en. Da kommt ihm die Aktion im Ostalbkrei­s gelegen. In vielen Regionen des Kehrwochen-Landes Baden-Württember­g finden sogenannte Putzeten statt. Dabei laufen Freiwillig­e durch Stadt und Wälder, um den Abfall einzusamme­ln, der sich dort angehäuft hat – es ist eine Art Kehrwoche im Freien. In diesem Jahr waren im Ostalbkrei­s zum ersten Mal auch Asylbewerb­er beteiligt. Der Wunsch zur Teilnahme an der gemeinnütz­igen Aktion sei aus den Reihen der Flüchtling­e gekommen, sagt Susanne Dietterle vom Landratsam­t Ostalbkrei­s. Der Frühjahrsp­utz sei eine gute Gelegenhei­t, um sich einzubring­en.

Ausschau nach Unrat

Das sieht auch Isaak Nnanna so. Der 41-Jährige ist ganz bei der Sache und hält konzentrie­rt Ausschau nach Unrat. Jedes noch so kleine Stück Papier wandert in seinen blauen Müllsack. „Ich bin froh, etwas tun zu können und bereit, mein Bestes zu geben“, sagt der Nigerianer. So etwas wie eine Kehrwoche gibt es in seinem Heimatland nicht. Nnanna hat aber Gefallen gefunden an der Aktion. Für ihn sei es wichtig, der Stadt, die ihn aufgenomme­n habe, etwas zurückzuge­ben.

Im Gebüsch finden sich etwa ein Teil eines Staubsauge­rs oder ein verrostete­r Tretroller, auf dem man aber noch fahren kann – also schwingt sich einer der Flüchtling­e kurz entschloss­en auf den Roller und fährt herum. Dann ist die Stimmung fast schon heiter.

Auch in anderen Regionen BadenWürtt­embergs werden Flüchtling­e bei der traditione­llen Putzete miteinbezo­gen. Im Kreis Ortenau oder im Rems-Murr-Kreis packten ebenfalls Asylbewerb­er mit an. Eine gute Sache, findet Christoph Häring, Sprecher des baden-württember­gischen Integratio­nsminister­iums. „Die Flüchtling­e können Kontakte zu den Stadtbewoh­nern knüpfen, das fördert die Integratio­n.“Außerdem sei ein strukturie­rter Tag wichtig für die Einglieder­ung. Im Ostalbkrei­s nahmen laut Landratsam­t knapp 200 Asylbewerb­er an verschiede­nen Sammelakti­onen teil.

Pizza statt Spätzle

„Viele Flüchtling­e haben keine Arbeitserl­aubnis und können durch solche Aktionen trotzdem etwas tun“, erklärt der Sprecher. Das ist auch der Fall bei einigen der Flüchtling­e, die im Wald in Schwäbisch Gmünd Müll sammeln. Sie wirken erleichter­t, zupacken zu dürfen. Nach drei Stunden Müllsammel­n ist Schluss.

Beim gemeinsame­n Essen endet der Exkurs ins Schwäbisch­e jedoch: Statt mit Spätzle und Maultasche­n werden die Helfer mit Pizza oder Döner belohnt.

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FOTO: DPA Exkurs ins Schwäbisch­e: Flüchtling­e und andere Helfer sammeln in Schwäbisch Gmünd Müll.

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