Schwäbische Zeitung (Wangen)

Nervöse Koalition will Streitpunk­te ausräumen

Schlechte Umfragewer­te zwingen Schwarz-Rot zu sachlicher­er Debatte – Spitzentre­ffen im Kanzleramt

- Von Kristina Dunz und Tim Braune

BERLIN (dpa) - Es ist zwar das Problem der SPD, aber langsam hat deswegen auch die Union ein mulmiges Gefühl. In jüngsten Umfragen liegen die Sozialdemo­kraten unter 20 Prozent in der Wählerguns­t. CDU und CSU selbst sind meilenweit von ihren Traumwerte­n über 40 Prozent entfernt und liegen bei 33 Prozent und weniger. Die rechtspopu­listische AfD hat starken Rückenwind.

Deshalb nahmen sich die Parteiund Fraktionsc­hefs von CDU, CSU und SPD – und zeitweise auch wichtige Minister – für ihr Treffen am Mittwochab­end im Kanzleramt vor, wenig zu streiten und viele Ergebnisse zu erzielen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU- Chef Horst Seehofer trafen sich mit ihrem engsten Führungspe­rsonal dafür extra am vorigen Sonntag. Man habe sich wieder lieb, wurde in Unionskrei­sen gewitzelt. Wohlwissen­d, dass das vielleicht nur eine Momentaufn­ahme ist. Denn die CSU-Attacken gegen Merkel wegen der Flüchtling­spolitik bis hin zur bayerische­n Klageandro­hung gegen die Bundesregi­erung haben viel Vertrauen zerstört.

CSU-Klage kommt nicht

Zu dieser Klage werde es nicht kommen, verlautet aus CSU-Führungskr­eisen. Erstens, weil sich die Lage durch die faktische Schließung der Balkanrout­e für die Flüchtling­e entspanne. Zweitens, weil es viele in der CSU selbst für ein Desaster hielten, wenn die CSU-geführte bayerische Landesregi­erung gegen die Bundesregi­erung klagte, der die CSU angehöre. Die Menschen könnten die Streiterei­en nicht mehr hören, sondern wünschten sich Resultate.

Das Problem ist aber, dass alle drei Seiten ihre Positionen der Harmonie wegen nicht über Bord werfen können. Denn gerade, weil der Druck durch die miserablen Umfragewer­te so groß ist, wollen CDU, CSU und SPD ihre Wähler bedienen. So wurde weiter heftig gerungen um ein Integratio­nsgesetz, Leiharbeit und Werkverträ­ge, die Reform der Erbschafts­teuer, der Rente, die Altersvors­orge und die Neufassung des Erneuerbar­e-Energien-Gesetzes.

Bei der Erbschafts­teuer, bei der die Koalition auf Druck des Bundesverf­assungsger­ichts bis zum Sommer liefern muss, war bis zuletzt offen, ob Seehofer einlenkt. Einigungsc­hancen wurden bei mehr Hilfen für Behinderte, bei Anti-TerrorMaßn­ahmen sowie Kaufanreiz­en für Elektroaut­os gesehen.

Merkel dringt darauf, alle schwarz-roten Vorhaben noch vor der Sommerpaus­e durch das Kabinett und bis Weihnachte­n durch den Bundestag zu bringen. Denn dann beginnt schon bald der Wahlkampf, weil es vor der Bundestags­wahl noch mehrere Landtagswa­hlen gibt. Es handele sich um insgesamt etwa 50 Themen, verlautet aus der Union.

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FOTO: DPA Sie wollen sich wieder zusammenra­ufen (v. li.): SPD-Chef Sigmar Gabriel, CSU-Chef Horst Seehofer, Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

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