Mississippi bleibt stur
hil Bryant bleibt stur. Mit jedem Tag wächst der Druck auf den Gouverneur von Mississippi. Manche Demokraten im Parlament seines Bundesstaats warnen davor, dass Mississippi auf der Wirtschaftsrangliste der Vereinigten Staaten bis in alle Ewigkeit das Schlusslicht bilde, falls sich Bryant nicht eines Besseren besinne. Konzerne wie Nissan, Toyota und CocaCola haben den Republikaner öffentlich getadelt für die „House Bill 1523“, kurz HB 1523, ein Gesetz, das die Rechte von Schwulen und Lesben empfindlich einschränkt. Bryan Adams, der kanadische Rockstar, begründete die Absage eines Konzerts in Biloxi, einer Stadt an der Golfküste Mississippis, mit Worten, die es an Klarheit nicht fehlen ließen. Er könne nicht guten Gewissens in einem Staat auftreten, der bestimmten Leuten aufgrund ihrer sexuellen Veranlagung die Bürgerrechte verweigere.
Die Ehe sei als Bund eines Mannes mit einer Frau zu verstehen, sexuelle Beziehungen seien allein solchen Partnerschaften vorbehalten, postuliert HB 1523. Nach der Logik der Novelle darf kein Bäckermeister, keine Blumenhändlerin, keine Standesbeamtin gezwungen werden, gegen die eigenen religiösen Überzeugungen zu handeln und Schwulen oder Lesben zu Diensten zu sein.
Konservativer Süden
Natürlich ist es nichts anderes als die Reaktion des konservativen Südens auf den Meilenstein des Obersten Gerichtshofs, der vor knapp zehn Monaten bundesweit die Homo-Ehe legalisierte. Und den 14 US-Staaten, die die Homo-Ehe nicht anerkennen, das rechtliche Instrumentarium nahm, ihre Auffassung gegen den Willen der höchsten Instanz durchzusetzen. Mit HB 1523 versucht Mississippi de facto den Supreme Court zu umgehen.
Das Beispiel soll Schule machen, wobei fraglich ist, ob das gelingt. Nathan Deal, der Gouverneur Georgias, hat Ende März ein vergleichbares Gesetz mit seinem Veto verhindert, nachdem Unternehmen wie Apple, die Fluglinie Delta und Filmstudios aus Hollywood Protest angemeldet hatten. Bryant seinerseits spricht ungerührt von Überreaktionen und einem Sturm im Wasserglas.
Matt Steffey jedenfalls, Juraprofessor am Mississippi College, spricht von Paragrafen, die nicht nur gegen die Verfassung verstoßen, sondern auch gegen die Religionsfreiheit – „weil sie bestimmte Glaubenssätze über andere erheben“. Mitchell Gold, Gründer von „Faith in America“, einer Initiative, die sich für gleiche Rechte für Schwule und Lesben einsetzt, sieht einen Rückfall in überwunden geglaubte Zeiten und nimmt kein Blatt vor den Mund: Offenbar sei es gut fünfzig Jahre nach dem gesetzlichen Ende der Rassendiskriminierung im alten Süden noch immer akzeptabel, Menschenrechte massiv zu verletzen. In den Glaubensargumenten, die dazu ins Feld geführt werden, sieht Gold „dieselben Argumente, wie sie verwendet wurden, um den Horror der Sklaverei zu rechtfertigen“. Amerika, sagt er, müsse endlich aufhören, anderen Menschen im Namen der Religion Schaden zuzufügen.