Winzlinge im Weltall
Milliarden-Projekt entwickelt Mini-Raumschiffe – Stephen Hawking beteiligt
NEW YORK (dpa) - Der russische Milliardär Juri Milner spart nicht, wenn es um seine Passion geht. Als Physiker, der nach dem Studium mit Internetgeschäften reich wurde, investiert er Millionen in die Weltraumforschung. Sein neues Projekt heißt „Breakthrough Spaceshot“. Es soll mögliches Leben und die Lebensbedingungen in dem benachbarten Sternensystem Alpha Centauri erkunden – und zwar „in einer Generation und nicht in Jahrhunderten, wie bisher erwartet“. Für die Mission sollen Tausende Raumschiffe eingesetzt werden, jedes etwa so klein wie eine Briefmarke.
Für das Projekt gewann Milner einen der klügsten Köpfe unserer Zeit, den britischen Astrophysiker und Kosmologen Stephen Hawking. Mit ihm stellte er Einzelheiten des Plans in New York vor, bei einer perfekt inszenierten Pressekonferenz unter der Antenne des neuen World Trade Center, dem höchsten Punkt der Stadt. Der nach dem russischen Kosmonauten Juri Gagarin benannte Juri Milner hatte dafür ein ganz besonderes Datum gewählt: Am 12. April vor 55 Jahren war Gagarin als erster Mensch ins All geflogen. Neben Milner und Hawking ist auch FacebookGründer Mark Zuckerberg Vorstand des Projekts. Die Projektleitung hat der frühere Direktor der US-Weltraumbehörde Nasa, Pete Worden.
Die Erde sei zwar ein schöner Platz, sagte Hawking, aber ihre Zeit sei möglicherweise begrenzt. „Früher oder später müssen wir uns nach den Sternen umgucken.“Dabei fürchtet sich Hawking weniger vor den Folgen des Klimawandels als vor einem möglichen Nuklearkrieg, wie er immer wieder angedeutet hat.
Voraussetzung für die „Breakthrough“-Mission ist nach Worten ihres russischen Finanziers, „dass wir von unserer Vision großer Raumfahrzeuge Abstand nehmen“. Laut Milner geben technische Entwicklungen der vergangenen 15 Jahre Hoffnung auf die Verwirklichung seiner spektakulären Ideen. So passe die nötige Ausrüstung, Kameras, Batterien und Transmitter heute in winzige Chips. Segel für die Raumfähren ließen sich aus superleichtem Material fertigen. Dem Team schwebt außerdem vor, kilometerweite Laserfelder einzurichten und die Strahlen zu bündeln: Auf die Segel gerichtet, könnte durch den Rückstoß auftreffender Lichtteilchen eine enorme Beschleunigung erzielt werden.
Tausende Raumfahrzeuge
„Eine fundamentale Hürde gibt es nicht“, meint Milner. Die Experten schätzen, die erforderliche Technik in ein bis zwei Jahrzehnten im Griff zu haben. Dann wollen sie Tausende Raumfahrzeuge voll ausgerüstet ins All schießen. Wie viele trotz Weltraummüll ihr Ziel erreichen, sei nicht abzusehen. Die Reise zum Alpha Centauri dürfte 20 Jahre dauern. Bis Daten und Aufnahmen vom fernen Sternensystem zurück auf die Erde gelangen, werden noch einmal vier Jahre vergehen.
Ob sich Milners abenteuerliche Pläne verwirklichen lassen, wird von Experten wie Markus Pössel, Leiter des Hauses der Astronomie in Heidelberg, bezweifelt. „Das ist zunächst einmal eine durchaus vollmundige Ankündigung, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Die beteiligten Experten haben jetzt erst einmal die Bringschuld zu zeigen, wie sich ihre Pläne in die Praxis umsetzen lassen.“