Drei Mann, 1400 Kontrollen, manchmal Ungeziefer
Lebensmittelüberwachung: Mehr als 1000 Betriebe in Kempten müssen sich Tests unterziehen
KEMPTEN/BUCHENBERG - Früher, da hat Markus Müller nur das Abfülldatum auf seine Likörflaschen gedruckt, dann gab ihm ein Lebensmittelüberwacher den Tipp, Chargennummern zu benutzen. Dadurch kann der Buchenberger Geflügelhofbesitzer die Flaschen schneller zuordnen, sollte mit seinem Eierlikör etwas nicht stimmen.
Thomas Doff nickt, während der Wochenmarkthändler erzählt, der Lebensmittelüberwacher ist mit einer blauen Tiefkühlbox auf Kontrollgang. 1200 Betriebe in Kempten, Gaststätten, Friseurläden, Bäckereien und der Schlachthof, müssen sich seinen Tests unterziehen. Zu dritt sind sie in den Büros am Rathausplatz, die Lebensmittelüberwachung gehört zum Ordnungsamt. Gerade einmal 70 Kontrolleure gibt es in Schwaben, dafür Aufmerksamkeit bei jedem Lebensmittelskandal – von BSE seinerzeit bis nun zu Bayern-Ei.
466 Tests im Jahr
Thomas Doff hat einige Skandale erlebt, routiniert hakt er den Kontrollbogen ab, auf 466 Tests kommt er rechnerisch pro Jahr, er trägt Schiebermütze zur Kühlbox und ein Thermometer. Die Proben, die er nimmt, müssen gekühlt sein, immer vormittags werden sie fürs Labor abgeholt. Ein paar Minuten, dann ist bei Wochenmarkthändler Müller alles vorbei und ein Stück Fleisch fürs Labor verpackt.
Eine „Chance“für die eigene Qualität sieht Müller in Doffs Besuch. Dieser nimmt nebenan Raunser Schinken mit, 500 Gramm am Stück, eine Unterschrift und einen Smalltalk über Knoblauch und Pfeffer später ist die Kontrolle vorbei. Den Rest erledigt nun das Labor, die Proben kommen vorübergehend in den Kühlschrank.
Schreibtisch, Computer, stapelweise Visitenkarten, der Kühlschrank, ein weißer Schrank mit mehr als zwei Dutzend Aktenordnern, ein paar rote Wälzer zum Lebensmittelrecht und ein Plan, der die Stadt in Gebiete aufteilt: So sieht Thomas Doffs Büro aus, die Verbindungstür zu seinen Kollegen steht offen. Paul Lenz, der Dienstälteste, ist seit 35 Jahren dabei, ein großgewachsener Mann mit festem Händedruck, der von den Anfängen der Kemptener Lebensmittelüberwachung berichten kann. Bis in die 70er-Jahre hinein war dafür die Polizei zuständig, bis per Gesetzesänderung Fachleute im Lebensmittelhandwerk zum Zug kamen. Paul Lenz sagt: Maßregeln und Geld abnehmen sei nicht die erste Aufgabe der Lebensmittelkontrolleure, Überzeugungsarbeit eher ihre Sache.
Bäckerei dichtgemacht
Damit die Kontrollen regelmäßig stattfinden, deren Turnus per Computerprogramm berechnet wird, arbeiten die Lebensmittelüberwacher mit Veterinären, Zoll, Polizei und Staatsanwaltschaft zusammen. Manchmal kontrollieren sie auch gemeinsam, unangekündigt. Wenn es sein muss, können die drei Lebensmittelkontrolleure Betriebe das Fürchten lehren, mit einer vorübergehenden Schließung.
Eine Bäckerei in der Kemptener Innenstadt beispielsweise haben Lenz und seine Kollegen vor einiger Zeit dichtgemacht. Die Zöllner, die wegen Schwarzarbeit ermittelten, hatten die Lebensmittelkontrolleure informiert. Sie fanden Schmutz, Dreck und Ungeziefer in der Backstube. Die Lebensmittekontrolleure setzten der Bäckerei eine Frist, um die Zustände zu beheben. Später gab es, wie gewöhnlich in solchen Fällen, eine Nachkontrolle.
Denn auch das ist Alltag der Kemptener Lebensmittelkontrolleure: Nur in vier Fällen gab es im vergangenen Jahr Anzeigen. Meistens bleibt es bei Belehrungen: 440 Mal im vergangenen Jahr in Kempten. ANZEIGE