Fast fünf Jahre Haft: Beim Angeklagten fließen die Tränen
Landgericht ahndet Vergewaltigung vom 3. Oktober 2015 in Ravensburg
RAVENSBURG - Eine Haftstrafe von vier Jahren und zehn Monaten ist am Mittwoch am Landgericht Ravensburg gegen einen 26-Jährigen verhängt worden, der vor rund einem halben Jahr in der Ravensburger Rudolfstraße eine 23-jährige Frau vergewaltigt und verletzt hat. Mit eingerechnet wurde dabei außerdem ein Fall von gefährlicher Körperverletzung ein Dreivierteljahr zuvor in einer Ravensburger Diskothek.
Bei der Urteilsverkündung am dritten Verhandlungstag brach der Angeklagte in Tränen aus. Von Emotionen überwältigt, drückte er in seinem letzten Wort sein Bedauern aus über den Überfall auf die Frau am 3. Oktober 2015, den er sich aus heutiger Sicht nicht mehr erklären könne. Er entschuldige sich bei allen Beteiligten, beim Gericht – und natürlich auch beim Opfer. Die junge Frau, die derzeit ein Freiwilliges Soziales Jahr im Ausland ableistet, hat nach wie vor mit den psychischen Folgen der Tat zu kämpfen. Dieser Umstand wirkte sich strafverschärfend aus. Eine Narbe an der Stirn erinnert sie noch heute täglich an den Vorfall.
Am zweiten Verhandlungstag hatte sie unter Tränen geschildert, wie sie am frühen Morgen des 3. Oktober 2015 den Angeklagten getroffen habe. Sie hatte am Abend zuvor ihren Bachelorabschluss gefeiert und wollte später in einer Diskothek noch Bekannte treffen. Auf dem Heimweg habe sie der Unbekannte angesprochen, unvermittelt zu Boden gestoßen und vergewaltigt. Mit Pfefferspray konnte sie ihn schließlich in die Flucht schlagen. Weil der Täter wegen der Pfeffersprayverletzung danach einen Krankenwagen rufen ließ, konnte er von der Polizei schnell ermittelt werden.
Strafmilderndes Geständnis
Der Strafrahmen für Vergewaltigung liegt zwischen zwei und 15 Jahren. Strafmildernd bewertete das Gericht das umfängliche Geständnis, das dem Opfer eine intensive Befragung vor Gericht ersparte. Dass es nicht zum Geschlechtsverkehr kam, wurde dem Angeklagten ebenfalls zugute gehalten. Wie Richter Franz Bernhard auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“erklärte, erfüllt allein das gewaltsame Eindringen in den Körper – auch mit dem Finger - den Tatbestand der Vergewaltigung. Und dabei sei der Angeklagte mit hoher krimineller Energie vorgegangen, so Richter Stefan Maier in der Urteilsbegründung. Die Umstände, der Überfall auf eine Unbekannte zur Nachtzeit, sprechen ebenfalls gegen den Täter. Das Opfer habe sich in Todesangst gewehrt, als ihr der Mund zugehalten wurde, und hinterher einen Bluterguss sowie Kratzund Schürfwunden gehabt.
Während das Strafmaß für diese Tat mit vier Jahren und vier Monaten festgelegt wurde, verhängte das Gericht eine weitere Einzelstrafe von zehn Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung für einen Vorfall in einer Ravensburger Diskothek am Neujahrstag 2015. Damals hatte der Angeklagte einem Besucher in der Toilette eine leere Getränkekiste aus Hartplastik an den Kopf geschlagen. Die fortgesetzte Beleidigung der Polizisten danach vor der Diskothek, im Streifenwagen und auf dem Revier wurde mit einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen geahndet, was, in Freiheitsstrafe „umgerechnet“, drei Monaten entspricht. Insgesamt wurde daraus eine Gesamtstrafe von vier Jahren und zehn Monaten gebildet.
Der Verteidiger des Angeklagten hatte unter Berücksichtigung des Geständnisses und seiner opferschonenden Wirkung auf eine Freiheitsstrafe nicht über vier Jahren und sechs Monaten plädiert. Staatsanwältin Juliane Prasse forderte eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten. Die Beweislage sei auch ohne das Geständnis eindeutig gewesen. Daran änderte auch ein Gutachten nichts, wonach DNA-Spuren am Slip der Frau nicht eindeutig dem Angeklagten zugeordnet werden konnten.