Lächelnd in die Mutprobe
Beim zweiten Wiedersehen mit Klopp will Borussia Dortmund weniger verkopft agieren
LIVERPOOL (dpa/SID/sz) - Für Jürgen Klopp läuft es rund beim FC Liverpool. Und das soll gegen Borussia Dortmund am heutigen Donnerstag im Viertelfinalrückspiel der Europa League (21.05 Uhr/Sport1 und Sky) auch so bleiben. Die „Reds“strotzen vor Selbstvertrauen. Ein halbes Jahr nach seinem Amtsantritt hat Klopp aus der Mittelmaß-Truppe der englischen Premier League eine offensivstarke Mannschaft geformt. Nach dem 1:1 in Dortmund soll seine alte Liebe an der Anfield Road den neuen Angriffswirbel zu spüren bekommen.
Obwohl die Europa League für seinen Klub die letzte Gelegenheit ist, noch in die Champions League einzuziehen, gab sich Klopp am Mittwoch gelassen: „Wir haben keinen Druck, sondern sehen es als große Chance, in das Halbfinale einzuziehen. Das ist für uns aber kein absolutes Muss.“Der 48-Jährige kündigte einen engagierten Auftritt des FC Liverpool an. „Mutig zu sein, gehört zu den wichtigsten Dingen im Fußball.“
Liverpool hat jetzt Alternativen
In der heimischen Liga sind die „Reds“anno 2016 mit 28 Treffern das torhungrigste Team. Am Sonntag war Stoke City mit 4:1 noch gut bedient, obwohl Klopp kräftig rotieren ließ. „Als ich vor sechs Monaten kam, wurde ich zu Spielern befragt, die nicht einsatzfähig waren“, erklärte er. „Wir hatten nicht genug Profis, und ich musste darüber nachdenken, wie ich die Anfangsformation, das System oder so gut wie alles ändern musste.“Mittlerweile gibt es vor allem im Sturm Alternativen; Daniel Sturridge und Hinspiel-Torschütze Divock Origi sind fast in jedem Spiel erfolgreich. Aber auch in Abwehr und Mittelfeld kann Klopp längst variieren. „Ich muss jetzt harte Entscheidungen treffen“, sagte er. „Das ist nicht mein Hobby, aber für einen Trainer das Beste. Allerdings benötigen wir auch diese Möglichkeiten, weil wir bei den Vielzahl der Matches nicht immer mit der gleichen Startelf spielen können.“
Origi gilt als der größte Profiteur des Wechsels zu Klopp – und als Trainers Liebling. Der Nationalstürmer, unter Vorgänger Brendan Rodgers (wenn überhaupt) nur Kurzzeit-Joker, machte einen großen Sprung. „Er war so oft verletzt. Die Zeit hat er zuletzt genutzt, um kräftiger zu werden. Jetzt benötigt er ein neues Trikot“, scherzte Klopp. Ein Sonderlob gab es auch für Daniel Sturridge. „Ich war sehr zufrieden mit ihm“, sagte Klopp. Nach den warmen Worten richtete der Nationalstürmer eine Kampfansage an BVB-Kapitän und Abwehrchef Mats Hummels: „Ich blicke nicht auf ihn, als wäre er größer oder besser als ich. Ich bin auf Augenhöhe.“
Dazu setzen Klopp und sein Team auf den Faktor Anfield. Dort hat noch nie (!) eine deutsche Mannschaft gewonnen. „Die Fans sind ein größerer Vorteil, wenn wir gut spielen, als das Auswärtstor in Dortmund“, sagte Klopp. Englands Nationalspieler James Milner erklärte: „Europäische Nächte in Anfield sind besser als sonst wo auf dem Planeten.“Sein Teamkollege Joe Allen, der den verletzten Kapitän Jordan Henderson vertreten wird, kündigte an: „Die Atmosphäre wird gigantisch werden.“
„Wir wollen angreifen, ein, zwei oder noch mehr Tore schießen, Risiken eingehen und unser Spiel durchziehen.“
BVB-Trainer Thomas Tuchel
Heißt, BVB? „Die Mannschaft ist zu 120 Prozent bereit. Alle sind extrem fokussiert“, hat Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke beobachtet. „Wir werden nicht nur ein Tor schießen, wir werden zwei machen“, tönte Torhüter Roman Weidenfeller. Trainer Thomas Tuchel indes gab nüchtern-sachlich zu verstehen, dass er seine Folgerungen gezogen hat aus dem Remis der Vorwoche: „Wir grübeln ein bisschen. Wir waren zu verkopft. Ich hätte mir gewünscht, wir spielen es mit einem Lächeln auf den Lippen.“
Kann noch kommen. Sagt Kapitän Mats Hummels. Denn: „Bei uns ist deutlich mehr Luft nach oben. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass wir eine Runde weiterkommen.“