Vidal macht den Weg frei
Bayerns Mittelfeldabräumer und Thomas Müller treffen beim 2:2 in Lissabon
LISSABON (SID/dpa/sz) - Bayern München hat sich nach einer wackligen Vorstellung im Hexenkessel von Lissabon zum fünften Mal in Folge ins Halbfinale der Champions League gezittert und darf weiter vom Triple träumen. Vor den Augen des mitgereisten Edelfans Uli Hoeneß erkämpften sich die Bayern ein 2:2 (1:1) im Viertelfinal-Rückspiel beim portugiesischen Meister Benfica Lissabon. Das Hinspiel hatten sie 1:0 gewonnen.
Die Mannschaft von Pep Guardiola trennen damit nur noch zwei Schritte vom Finale in Mailand. Dort gelang 2001 der vierte von inzwischen fünf Siegen in der Königsklasse. Doch wenn am 28. Mai Titel Nummer sechs folgen soll, brauchen die Münchner eine gehörige Leistungssteigerung. Die Halbfinalspiele steigen am 26./27. April und 3./4. Mai, Bayerns Gegner wird bei der Auslosung am Freitag (11.30/Eurosport und Sky) ermittelt.
Nach dem Führungstreffer Benficas durch Raúl Jiménez (27.) schienen die Bayern kurz zu taumeln, doch der überragenden „Krieger“Arturo Vidal (38.) sorgte mit einem fulminanten Schuss mit dem Spann für den Ausgleich. Thomas Müller (52.) ließ die etwa 4000 mitgereisten Bayern-Fans in der portugiesischen Hauptstadt jubeln, ehe ein herrlicher Freistoß von Anderson Talisca (76.) noch einmal vor Spannung sorgte.
Müller war erleichtert: „Natürlich hatten wir uns das nicht so vorgestellt, dass wir 1:0 in Rückstand geraten. Aber wir wussten, dass die Welt ganz anders aussieht, wenn wir treffen. Es war ein bisschen wie im Hinspiel. Wir waren tonangebend, aber Benfica hat gezeigt, wie unangenehm sie sind.“Auch Sportchef Matthias Sammer war glücklich: „Wir sind auf der Zielgeraden der Saison. Es ist alles zu gewinnen oder zu verlieren. Wir müssen aber eben mehr Lust aufs Gewinnen haben, und das haben wir. Was mir gefällt, sind die Aussagen der Spieler, die wirklich an den Erfolg glauben.“
Guardiola steht damit in seiner siebten Saison als Trainer in der Königsklasse auch zum siebten Mal im Halbfinale – zuletzt war dort mit den Bayern zweimal Endstation.
Lewandowski fehlt
Vor dem Spiel kreiste Benfica-Adler Vitória (Sieg) über dem Estádio da Luz, und 63 235 heißblütige Portugiesen verwandelten das feuerrote Rund darauf ins versprochene „Inferno“. Doch die Bayern, die überraschend ohne Topstürmer Robert Lewandowski, der Medienberichten zufolge in einen leichten Verkehrsunfall verwickelt gewesen sein soll, begannen, bewahrten in der aufgeheizten Atmosphäre zunächst kühlen Kopf.
Trainer Guardiola setzte auf Stabilität. In seinem 4-1-4-1-System fehlte im Vergleich zum Hinspiel auch Juan Bernat. Dafür begannen Javi Martínez im Abwehrzentrum und „Sechser“Xabi Alonso, der das Spiel mit seinen Präzisionspässen immer wieder zu verlagern suchte.
Die erste brenzlige Situation hatten die Bayern schon in der 3. Minute zu überstehen, als Eliseus Freistoß am Tor vorbeistrich. Angeführt vom starken Kapitän Philipp Lahm, der mit seinem 103. Spiel in der Königsklasse den deutschen Rekord von Oliver Kahn einstellte, übernahmen sie bald die Ballkontrolle. Doch wie zuletzt so oft fehlten dem Offensivspiel Präzision. Guardiolas Plan sah vor, über die Außen Douglas Costa und Franck Ribéry Stürmer Thomas Müller zu suchen. Das klappte erstmals, als Costa Platz für Lahm machte, Müller dessen Flanke aber neben das Tor setzte (19.).
Benfica tat sich ohne den gesperrten Torjäger Jonas und den verletzten Regisseur Nicolas Gaitán schwer. Meist ging der Ball schon im Aufbau verloren, wo die Bayern aggressiv störten. Auch bei langen Bällen auf den großen Angreifer Jiménez waren Martínez und Co. da – bis sich Neuer verschätzte. Der Torwart segelte am Ball vorbei, Jiménez setzte sich gegen David Alaba und Martínez durch und köpfte zur Führung ein.
Kurz darauf bügelte Neuer seinen Fehler wieder aus, als er die Bayern gegen Jiménez vor dem 0:2 bewahrte (30.). Vidal nutzte dann einen Abpraller zum 1:1 und hatte kurz vor der Pause sogar die Chance zum 2:1 (45.).
Nach der Pause erhöhten die Bayern den Druck, Müllers Treffer im Anschluss an einen Eckstoß von Alonso war wie ein Befreiungsschlag. Während Benfica zwar bemüht, aber viel zu harmlos wirkte, fanden die Münchner mehr und mehr ins Spiel. Costa (60.) hätte auf 3:1 erhöhen können, traf aber nur den Pfosten. Am Ende hatte Martínez viel Glück, dass Schiedsrichter Björn Kuipers ein heftiges Einsteigen des Spaniers kurz vor dem Strafraum nur mit Gelb ahndete (74.) – Rot wäre die richtige Wahl gewesen. Talisca versenkte den Freistoß sehenswert im Winkel und sorgte nochmals für Spannung. Kurz vor dem Ende hätte er nach einem weiteren Martinez-Foul fast zum 3:2 getroffen.