Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ein bösartiger Satz

- Von Markus Riedl m.riedl@schwaebisc­he.de

Einige Eckdaten zu Jérôme Boateng: Geboren 1988 in Berlin, deutsche Mutter, ghanaische­r Vater. Erstes Bundesliga­spiel im Jahr 2007 für Hertha BSC, seither vermutlich in äußerst geordneten Vermögensv­erhältniss­en lebend. Debüt für die deutsche Nationalma­nnschaft im Jahr 2009, Fußball-Weltmeiste­r mit Deutschlan­d 2014. Gilt als zurückhalt­end, ausgesproc­hen freundlich, und ist Recherchen der „Frankfurte­r Allgemeine­n Sonntagsze­itung“zufolge in seiner Nachbarsch­aft im gediegenen Münchner Vorort Grünwald äußerst beliebt. Und so einen soll man nicht als Nachbarn wollen?

Das Gerede von AfD-Vize Gauland ist rassistisc­h. Als Fußballer würden „die Leute“ihn ja gut finden, aber „einen Boateng“nicht als Nachbar wollen, findet Gauland. Der Schwarze, so soll dieser bösartige Satz ankommen, darf beim Sport die Massen mit seinen Kunststück­chen belustigen, soll aber ansonsten unter „seinesglei­chen“bleiben. Es passt zudem offenbar nicht in Gaulands Weltbild, dass ein Deutscher auch eine dunkle Hautfarbe haben kann. Das ist Rassismus in Reinform, und er bleibt es auch, wenn sich AfD-Chefin Petry wachsweich dafür entschuldi­gt.

Obendrein hat sich Gauland den völlig Falschen für seine Art der Argumentat­ion ausgesucht. Neben den eingangs aufgeführt­en Attributen ist Boateng auch gläubiger Christ, hat sich sogar ein Kreuz und die Jungfrau Maria tätowieren lassen. Ausgerechn­et mit Boateng als Feindbild eine angebliche Islamisier­ung des christlich­en Abendlande­s herbeizufa­ntasieren, wie es die AfD unentwegt tut, ist schon grober Unfug.

Wenn sich Gauland dann auch noch hinter „den Leuten“verschanzt, die angeblich dieser Meinung seien, so ist das genauso anmaßend und feige wie dumm. In nicht einmal zwei Wochen startet die Fußball-EM in Frankreich. Jérôme Boateng wird, wenn nichts Überrasche­ndes mehr geschieht, für Deutschlan­d, das Land, in dem er geboren wurde, auflaufen. Und Millionen Fans – „die Leute“– werden ihm und den anderen Nationalsp­ielern dann zujubeln – völlig unbeeindru­ckt davon, was „ein Gauland“davon hält.

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