Schwäbische Zeitung (Wangen)

Der deutsche Pavillon: Offenes Haus, offenes Land

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„Yes, we‘re open!“– „Ja, wir haben geöffnet!“Der deutsche Pavillon bei der Architektu­r-Biennale in Venedig ist ein offenes Haus. Deshalb wurden eben mal vier zusätzlich­e Eingänge in den markigen Klotz aus der NS-Zeit gebrochen, der bis zum sicher kühlen letzten Ausstellun­gstag am 27. November ohne Tür auskommen muss. Von außen schaut das wenig geschmackv­oll aus, doch im Inneren wird es angenehm licht. Dazu gewinnt man auf der Rückseite eine sagenhafte Aussicht auf Venedigs Lagune. Um das Ankommen in Deutschlan­d geht es im Pavillon, den Generalkom­missar Peter Cachola Schmal, Direktor des Deutschen Architektu­rmuseums (DAM) in Frankfurt, verantwort­et. Dieses Ankommen ist für viele bekannterm­aßen keine planvolle Angelegenh­eit, entspreche­nd improvisie­rt wirkt die Gestaltung der „Making Heimat“-Schau. Die Ausstellun­gstexte pappen wie billige Werbeplabe­zahlbar kate an der Wand, Sitzgelege­nheit bieten Camping-Plastikstü­hle. Wer mag, steht für einen Becher Ayran an, wer Saft braucht, lädt sein Smartphone an irgendeine­m Kabel. Doch was wird in diesem BiennaleCa­mp erzählt? Dass die „Arrival City“, die „Stadt des Ankommens“, sein muss, nicht irgendwo in der Pampa liegen und Arbeit bieten soll, die besten Schulen braucht, ein Netzwerk von Migranten sein soll. In Anlehnung an die Recherchen des kanadische­n Journalist­en Doug Saunders plädiert Schmal dafür, die Leute machen zu lassen, nicht jedes geschäftli­che Treiben zu kontrollie­ren. Das klingt romantisch, echte Probleme haben in diesem Jahr Pavillon-Verbot. Auch das Thema Angst wird komplett ausgespart. Aber ist nicht gerade davon eine Menge in Deutschlan­d zu spüren? Aber mäkeln wirkt wieder typisch deutsch. Also wenden wir uns dem Amüsanten zu, das in der herrlich selbstiron­ischen Titel-Verballhor­nung „Ützel Brützel“für eine Stuttgarte­r Kebab-Restaurant-Kette gipfelt. Einwandere­rs bunte Warenwelt zwischen abgefackel­ten Schweinefü­ßen und Nagelstudi­ozubehör ist ziemlich unterhalts­am. Schließlic­h kommt auch das Dringlichs­te vor: die Unterkunft. Nach einem Aufruf des DAM haben etwa 50 Architektu­rbüros ihre bereits umgesetzte­n Ideen eingereich­t, darunter Modulbaute­n, Container, schnell realisierb­are Gehäuse. Schön muss das nicht sein. Die Zeiten von Architekte­nTammtamm sind vorbei. (cis)

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Ein Eingang zum deutschen Pavillon auf der Architektu­r-Biennale.

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