Den Ahnen auf der Spur
Die Lyrikerin Dagmar Nick wird 90
MÜNCHEN (dpa) - Als eine der bedeutendsten Lyrikerinnen Deutschlands hat sich Dagmar Nick einen Namen gemacht. Vor ihrem 90. Geburtstag am heutigen Montag hat sie einen Erzählband herausgebracht, in dem sie sich mit ihrer jüdischen Familiengeschichte befasst.
Drei Jahre lang hat Dagmar Nick ihre Familiengeschichte recherchiert, Bücher gewälzt und in Archiven gegraben. Immer mehr Verwandte tauchten auf. „Eingefangene Schatten. Mein jüdisches Familienbuch“heißt das Werk, das im vergangenen Sommer erschienen ist. Eine Familiensaga, in der sie die Geschichte ihrer Vorfahren lebendig werden lässt. Gewidmet hat Nick das Werk dem kürzlich gestorbenen Historiker Fritz Stern, ein Freund und – wie sollte es anders sein – Familienmitglied.
Nick selbst hat Repression erlebt und fliehen müssen. 1926 in Breslau als zweites Kind des Komponisten und Musikschriftstellers Edmund Nick und der Konzertsängerin Kaete Nick-Jaenicke geboren, wuchs sie in einer Künstlerfamilie auf. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten verlor ihr Vater seine Arbeit beim Rundfunk in Breslau, die Mutter durfte nicht mehr auftreten. Die Familie floh nach Bayern zu Verwandten.
Als sie 19 war, erschien ihr Gedicht „Flucht“in der „Neuen Zeitung“in München. Feuilletonchef war Erich Kästner. „Die letzte Strophe kann der größte Dichter nicht besser schreiben“, soll Kästner gesagt haben. „Ob du auch so um dein Leben bangst? Alles andre ist schon fortgegeben. Ach, ich habe nichts mehr, kaum ein Leben, nur noch Angst“, heißt es da.
Anfangs prägten die Themen Vertreibung und Flucht ihre Werke, wie etwa ihren ersten Gedichtband „Märtyrer“(1947). In weiteren Gedichtbänden beschäftigte sie sich mit Abschied, Trauer, aber auch mit der unbesiegbaren Liebe. Dreimal war die Autorin, die seit mehr als 50 Jahren in München lebt, verheiratet. Kinder hat sie nicht, aber ihre über alle Welt verzweigte Familie.