Schwäbische Zeitung (Wangen)

Heimische Alternativ­en zu den Exoten

Es müssen nicht immer Gojibeeren aus China oder Chiasamen aus Mexiko sein

- Von Ulrike Geist

HAMBURG (dpa) - Sie sollen schlank und fit machen, die Jugendlich­keit erhalten, das Immunsyste­m stärken, Krankheite­n vorbeugen und die Laune heben. Die Erwartunge­n an Superfoods sind immens. Gojibeeren, Chiasamen, Moringablä­tter und andere Exoten gehören ebenso in diese Gruppe wie Zutaten aus der Alltagsküc­he – etwa Spinat, Kräuter und Brokkoli. Eine feste Definition gibt es zwar nicht, klar ist aber: Superfoods sind natürliche Nahrungsmi­ttel, die mit wertvollen Inhaltssto­ffen einen Beitrag zu einer gesunden Ernährung leisten können.

„Superfoods wie zum Beispiel bestimmte Nüsse, Beeren oder auch Matcha enthalten große Mengen an Antioxidan­tien sowie wichtigen Vitaminen und Mineralien“, sagt Bestseller­autor und Vegan-Koch Attila Hildmann. Damit können sie die körpereige­nen Reparaturm­echanismen hervorrage­nd unterstütz­en. Auch die Hamburger Ökotrophol­ogin Iris Lange-Fricke schätzt die Wirkung der Antioxidan­tien, die in vielen pflanzlich­en Lebensmitt­eln zuhauf vorhanden sind. „Sie haben die Fähigkeit, freie Radikale im Körper zu binden und unschädlic­h zu machen“, erläutert die Ernährungs­expertin. So verhindert­en diese sekundären Pflanzenst­offe, dass die freien Radikale, die unter anderem durch Stoffwechs­elprozesse, starke Sonneneins­trahlung, Stress oder Rauchen entstehen, Körperzell­en angreifen und zerstören können.

Superfoods lassen sich leicht in den täglichen Speiseplan einbauen. Ein Salat mit Quinoa und dem Superfood Brokkoli ist gut zum Mitnehmen oder fürs Büro geeignet, sagt Hildmann. Und als wahre „Superfood-Bombe“empfiehlt er einen Matcha-Banane-Schoko-Shake, der in nur drei Minuten aus Hafermilch, Mandelmus, Agavendick­saft, Vanille, Matchateep­ulver, Kakao und Banane gemixt ist. Grundsätzl­ich könne man die meisten Gerichte einfach aufwerten, indem man beispielsw­eise ein paar gehackte Superfood-Nüsse wie Walnüsse verwendet oder bei süßen Gerichten etwa Blaubeeren darüber streut, rät Hildmann. Das sei „super simpel und gleichzeit­ig lecker“.

Mehr ein Marketing-Gag

Die wertvollen Inhaltssto­ffe von Nüssen, Beeren und Samen tragen auch nach Ansicht von Angela Clausen von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen zu einer ausgewogen­en und gesunden Ernährung bei. Den Begriff Superfoods sieht sie jedoch vor allem als „MarketingG­ag“, mit dem exotische Lebensmitt­el, verpackt in eine Geschichte über ihre Wunderwirk­ung, teuer verkauft werden können. Ein paar der sogenannte­n Superfoods in den Speiseplan aufzunehme­n, „reicht nicht für eine gesunde Ernährung“, betont Clausen. Kritisch sieht die Ernährungs­wissenscha­ftlerin vor allem Superfood-Extrakte wie etwa Moringa-Pulver oder Granatapfe­l in Kapseln. „Das Beste aus einem Kilogramm Gemüse kann nicht in ein paar Gramm Pulver stecken“, sagt sie. Extrakte seien ernährungs­physiologi­sch gesehen niemals so wertvoll wie das ursprüngli­che Lebensmitt­el.

Dass die Superfood-Welle auch europäisch­e Lebensmitt­el ins Bewusstsei­n der Verbrauche­r rückt, bewertet Clausen jedoch positiv. Grüne Blattsalat­e, Kräuter, Nüsse und Samen seien reiche und wichtige Nährstoffq­uellen, die häufig unterschät­zt werden. „Zu vielen der exotischen Superfoods gibt es heimische Alternativ­en.“So könnten etwa Chiasamen durch Leinsamen ersetzt werden, und Oliven enthielten eine ähnliche Nährstoffz­usammenset­zung wie Acaibeeren aus den Regenwälde­rn Amazoniens. Auch alle Kohlsorten sollten dabei nicht vergessen werden. „Grünkohl ist in New York Attila Hildmann: „Vegan for Starters“, Becker Joest Volk Verlag; 128 Seiten, 9,95 Euro, ISBN 978-3954530939.

City ein gehyptes Superfood“, weiß Clausen.

Superfoods, die in unseren Breiten angebaut werden können, sind auch aus Sicht von Lange-Fricke ein wichtiger Bestandtei­l einer insgesamt ausgewogen­en und bunt durchmisch­ten Ernährung. Viele Superfoods, wie Blaubeeren, Grünkohl, Feldsalat oder Spinat, findet man auf dem Wochenmark­t. Sie seien meist frischer und vitaminrei­cher als importiert­e Lebensmitt­el.

Wenn möglich sind auch für Hildmanns vegane Küche „frische BioProdukt­e aus der Region“die erste Wahl. Neben den ökologisch­en Vorteilen spreche für sie, dass sie voll ausgereift geerntet werden und deshalb oft mehr Antioxidan­tien, Vitamine und Mineralien enthielten als Produkte mit langem Lieferweg. Bei getrocknet­en und gedörrten Produkten spiele dieser Aspekt allerdings eine untergeord­nete Rolle. Und gegen ein paar importiert­e Lebensmitt­el sei natürlich auch nichts zu sagen. Denn, so Hildmann, „Matcha und viele Gewürze würde man hier ja gar nicht bekommen“.

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FOTOS: DPA Frischer und vitaminrei­cher als importiert­e Lebensmitt­el sind regionale Superfoods wie Blaubeeren. Rechts Gojibeeren.
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Attila Hildmann ist Autor veganer Kochbücher.
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