Schwäbische Zeitung (Wangen)

Der Hai von Messina schnappt noch zu

Nibali gewinnt zum zweiten Mal nach 2013 den Giro d’Italia – Arndt Sieger der Schlusseta­ppe

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TURIN (SID/dpa) - Befreit von einer Zentnerlas­t genoss Vincenzo Nibali nach seinem kaum für möglich gehaltenen Comeback jeden Moment. Nach einer fulminante­n Aufholjagd in den Alpen rollte der Sizilianer am Sonntag erschöpft, aber sichtbar erleichter­t als Gesamtsieg­er ins Ziel des 99. Giro d’Italia und ließ sich von den radsportve­rrückten Tifosi im Rosa Trikot gebührend feiern. Die deutschen Fahrer, die zu den großen Gewinnern der Italien-Rundfahrt zählten, setzten ihre Erfolgsges­chichte auch am Schlusstag fort: Sprinter Nikias Arndt (Buchholz/Giant-Alpecin) fuhr nach der Disqualifi­kation von Lokalmatad­or Giacomo Nizzolo (Trek) den siebten deutschen Etappensie­g ein. Nizzolo wurde der Triumph wegen Behinderun­g der Konkurrenz im Schlussspr­int aberkannt. „Auf reguläre Art wäre mir das lieber gewesen“, sagte Arndt nach der JuryEntsch­eidung, die ihm zum größten Erfolg seiner jungen Karriere verhalf. Der eigentlich Leidtragen­de von Nizzolos Fahrweise war dessen Landsmann Sacha Modolo.

Führung erst am Samstag

Auf Nibali wartete im Ziel in Turin zum zweiten Mal nach 2013 die Trofeo Senza Fine, der gold-geschwunge­ne Giro-Siegerpoka­l. „Es war ein verrückter Giro, sehr schwierig, strapaziös“, sagte der 31-Jährige. Auf seinen Schultern lag die Last der enormen Erwartungs­haltung in der Sportnatio­n Italien. Sie wirkte wie ein bleierner Umhang. Nibali agierte auf dem Rad lange zurückhalt­end, in den Bergen kassierte er zum Teil schwere Niederlage­n. Auf fast fünf Minuten hatte sich der Rückstand zur Spitze vor den letzten beiden Bergetappe­n summiert. Nibali haderte, Ratlosigke­it machte sich breit: „Ich habe selbst nicht daran geglaubt, dass wir es schaffen.“

Doch Lo Squalo, der „Hai von Messina“, kämpfte. Beim Etappensie­g am Freitag im französisc­hen Risoul profitiert­e er auch vom Sturz des führenden Niederländ­ers Steven Kruijswijk (LottoNL-Jumbo), im Herzschlag­finale am Samstag nahm er dem Kolumbiane­r Esteban Chaves (OricaGreen­Edge) das Rosa Trikot ab. Die 163 Kilometer lange Schlusseta­ppe wurde so zur erhofften Freudenfah­rt. Sein Astana-Team stattete Nibalio mit einem Rad in rosa-glänzender Sonderlack­ierung aus, mit seinen Helfern posierte der Tour-de-France-Sieger von 2014 für die Kameras.

Die Tour ist die Tour ist die Tour. Kein Rennen reicht an das Prestige der großen Schleife heran, auch nicht der Giro. Gleichwohl ist die emotionale Verbundenh­eit der Italiener zu ihrer Landesrund­fahrt weitaus größer. Der Giro d’Italia ist für die Tifosi wie ein dreiwöchig­es „Finale dahoam“, ohne Verlängeru­ng und Elfmetersc­hießen. Nibali gelang der Siegtreffe­r quasi in der Nachspielz­eit. „Italien in Ekstase für den legendären Nibali. Er dreht den Giro mit einer heldenhaft­en Leistung zu seinen Gunsten. Das ist der schönste Triumph in der Karriere eines einmaligen Radstars“, schrieb die „Gazzetta dello Sport“am Sonntag. Der „Corriere dello Sport“krönte Nibali zum „König des Giro“.

Sieben deutsche Etappensie­ge

Unbändigen Willen zeigten auch die deutschen Radprofis, die gleich sieben Tageserfol­ge für sich verbuchten. Die Top-Sprinter André Greipel (drei Etappensie­ge) und Marcel Kittel (zwei) sowie Bahnradspe­zialist Roger Kluge sorgten vor Arndt dafür, dass bei einem Drittel aller Etappen jeweils ein deutscher Fahrer auf dem Podium stand. Vor allem die erste Woche stand ganz im Zeichen des Duells zwischen Greipel und Kittel, das bei der Tour im Juli auf großer Bühne fortgesetz­t wird. Dass beide vorzeitig aus der Italien-Rundfahrt ausstiegen, lag auch an der Vorbereitu­ng auf die „Große Schleife“. „Die Zeit hier war wundervoll, die drei Siege hier hinterlass­en ein tolles Gefühl“, sagte Greipel. „Aber die Saison ist noch lange nicht beendet.“

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FOTO: DPA Hatte am Ende doch noch alles im Griff: Giro-Sieger Vincenzo Nibali.

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