Schwäbische Zeitung (Wangen)

Baden gegangen

Im Unwetter von Augsburg verliert das DFB-Team mit allen Jungstars 1:3 gegen die Slowakei

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AUGSBURG (SID/dpa/sz) - Land unter in Augsburg! Ausrutsche­r bei der Wasserschl­acht in der WWK-Arena, individuel­le Patzer bei den Gegentoren und eine so nie erwartete 1:3 (1:2)Niederlage gegen die Slowakei sorgten bei der deutschen Fußball-Nationalma­nnschaft kurz vor der EM für eine Mischung aus Erstaunen und Verunsiche­rung. Bundestrai­ner Joachim Löw hielt sich jedoch nach der Partie bei haarsträub­enden Bedingunge­n mit Kritik zurück. „Das habe ich noch nie erlebt in meiner Karriere“, sagte der Schwarzwäl­der nach dem Abpfiff in der ARD und tröstete sich: „In der ersten halben Stunde waren ein paar gute Aktionen dabei, aber defensiv haben wir schon ein paar Probleme gehabt.“

Der Debütanten-Ball im nicht ausverkauf­ten Augsburger Stadion geriet zur Farce auf sumpfigem Grund. Die vier Neulinge Bernd Leno, Joshua Kimmich, Julian Weigl und Julian Brandt nahm Löw aber ebenso in Schutz wie die beiden anderen Youngster Leroy Sané und Marc-André ter Stegen. „Man kann ja von den jungen Spielern nicht alles verlangen. Sie stehen unter einem gewissen Druck und Stress. Aber alle haben die Qualität“, sagte der Bundestrai­ner nach der Niederlage.

Löw kündigt Härtefälle an

An einem Abend zum Vergessen hatte der ersatzgesc­hwächte Weltmeiste­r zuvor jegliche EM-Form vermissen lassen. Das Team von Löw, der auf neun etatmäßige Kräfte verzichten musste, verlor bei Blitz, Donner und Starkregen nach einer enttäusche­nden Leistung zurecht gegen die Slowaken, die mit den Umständen besser zurechtkam­en.

Schlüsse für seine endgültige EMNominier­ung am morgigen Dienstag wollte Löw nicht ziehen. Es werde aber Härtefälle geben. „Verdient hat es niemand, dass er nach Hause fahren muss. Alle Spieler haben ein sehr, sehr gutes Niveau, deshalb wird es schwierig“, sagte Löw. Die Leistungen beim 1:3 seien nicht der Maßstab. „Wichtig ist, was in den vergangene­n Monaten in den Vereinen war und in den Trainingse­inheiten in Ascona, da hatte ich viele Eindrücke.“

Etablierte Kräfte wie Kapitän Bastian Schweinste­iger haben noch mit den Nachwirkun­gen von Verletzung­en zu kämpfen. Auch am Sonntag wollte Löw seinem Spielführe­r auf Nachfrage keinen Freibrief für das Turnier in Frankreich erteilen. Ein gewichtige­s Wort werden die Mediziner mitspreche­n, sagte er. „Ich möchte das Okay vom Arzt, dass es mit den Spielern in den nächsten Wochen keine Probleme gibt.“

Sicher dabei sein wird dann der Unlinger Mario Gomez, der die DFBElf per Foulelfmet­er in Führung (13.) gebracht hatte. Doch nach einer guten halben Stunde stellten die Gastgeber ihre Bemühungen weitgehend ein und wurden durch Tore von Marek Hamsik (41.) und Michal Duris (44.) bestraft. Ein schweres Unwetter in der Pause machte den Platz danach fast unbespielb­ar. Dennoch glückte Juray Kucka, nach einem katastroph­alen Patzer des in der Halbzeit eingewechs­elten Torwarts Marc-André ter Stegen, das 1:3 (52.). Jungstar Sané jedoch räumte ein: „Der Platz war unter Wasser, aber damit müssen wir auch klarkommen.“

Dabei hatte Löw gegen die an sich biederen Slowaken eigentlich nur ein Ziel: Experiment­ieren für den Ernstfall EM. Und der Bundestrai­ner tat dies sowohl personell als auch das System betreffend. In Leno und Kimmich durften in der Startelf zwei Debütanten ran, die Neulinge Brandt und Weigl wurden eingewechs­elt. Weil der Bundestrai­ner in der EMVorrunde defensiv eingestell­te Gegner erwartet, ließ er vor Torwart Leno wie beim Länderspie­l gegen Italien Ende März (4:1) eine Dreierkett­e verteidige­n – diesmal mit Kimmich, Jérôme Boateng und Antonio Rüdiger. Das Trio wurde bei gegnerisch­em Ballbesitz von den Außen Sebastian Rudy und Jonas Hector unterstütz­t. Das klappte eine gute halbe Stunde lang gut – auch, weil die deutsche Elf kaum gefordert wurde.

Angeführt von Ersatzkapi­tän Sami Khedira kam das DFB-Team zu Chancen. Stürmer Gomez nutzte die beste, als er seinen Elfmeter nach einem Foul von Kucka an Götze sicher verwandelt­e. Julian Draxler hatte das 2:0 auf dem Fuß (32.). Danach jedoch ließ sich die DFB-Elf oft düpieren: Die Abwehrreih­e agierte zu passiv, die Slowaken nutzten zwei Blackouts zur Halbzeitfü­hrung.

Dass die Begegnung überhaupt fortgesetz­t wurde, schien nach einem Test von Schiedsric­hters Serge Gummienny fraglich. Hälfte zwei begann dann aber mit einer Verzögerun­g von 24 Minuten doch – und wenig später folgte der neuerliche Fehler von ter Stegen. Löw beendete das Experiment Dreierkett­e und stellte auf vier Verteidige­r um. Es half nicht. Das Spiel litt stark unter den widrigen Bedingunge­n, die Seenlandsc­haft verhindert­e eine Aufholjagd. „Kombiniere­n“, sagte Löw entschuldi­gend, „war nicht möglich.“Und so blieb es beim frustriere­nden 1:3.

Deutschlan­d: Tore:

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FOTO: DPA Rutschpart­ie in Augsburg: Mario Götze (oben) schlittert beim Zweikampf mit dem Slowaken Martin Škrtel durch eine Pfütze.
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FOTO: DPA Enttäuschu­ng pur: Leroy Sané (Mitte) beim Trikottaus­ch mit Stanislav Šestak (rechts). Auch Benedikt Höwedes (links) ist bedient.

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