Kultusministerin will Schulbetreuung finanzieren
Kultusministerin Eisenmann bringt Bewegung in schulische Ganztagesangebote
STUTTGART (kab) - Das Land steigt wieder verstärkt in die Finanzierung von schulischen Betreuungsangeboten ein. Das bestätigt die neue Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) im Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“. Das entspreche dem Wunsch der Eltern, nicht nur zwischen Halbtag oder gebundenem Ganztag wählen zu können, sondern auch mehr Flexibilität in der Nachmittagsbetreuung zu erreichen, sagte Eisenmann. Bislang zog sich das Land aus der Finanzierung flexibler Betreuungsangebote in Randzeiten zurück, sobald eine Grundschule den gebundenen Ganztag angeboten hat. In vielen Fällen haben die Kommunen flexible Betreuungsangebote gestoppt, „weil die Finanzierung alleine dann schwierig wurde“, erklärte Eisenmann.
STUTTGART - Die 44 neunjährigen Gymnasien im Land will die neue Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) unbegrenzt weiterführen, das hat sie bereits angekündigt. Wie sie mit den Kontroversen um den Bildungsplan umgehen möchte und was sich im Bereich der Ganztagesschulen ändern wird, erklärt Eisenmann im Gespräch mit Kara Ballarin und Katja Korf.
Bildungsplan und Koalitionsvertrag setzen Ihnen klare Handlungsanweisungen. Haben Sie Herzensanliegen, die sie zusätzlich durchsetzen wollen?
Stand heute kann ich das nicht erkennen. Der Koalitionsvertrag deckt viel ab – das gilt es nun umzusetzen. In den vergangenen Jahren hatten wir im Bildungsbereich viele Reformen und Veränderungen. Jetzt beginnt die Phase des Konsolidierens.
Und auch der neue Bildungsplan startet im September ...
Der Bildungsplan tritt in Kraft, das ist richtig. Jetzt soll erstmal damit gelehrt werden um zu sehen: passen Inhalte, passen Fächerkombinationen?
Zum Beispiel beim Fächerverbund Biologie, Naturphänomene und Technik, wogegen es eine von Eltern initiierte Petition gibt.
Exakt. Da habe ich großen Respekt vor der Argumentation der Eltern. Auch beim Stichwort „sexuelle Vielfalt“, was Diskussionen ausgelöst hat, werden wir uns anschauen, wie damit umgegangen wird. Dafür brauchen wir aber erst einmal Erfahrungswerte. Als Grundlage gilt: Ein Schuljahr muss damit auf allen Ebenen gearbeitet werden, sodass wir frühestens im Sommer 2017 eine erste Bewertung vornehmen können.
Ist der Punkt „Akzeptanz von Vielfalt“etwas, bei dem sich Ihre Partei gesellschaftspolitisch modernisieren muss?
Ich halte es für einen Fehler zu sagen: „Die Partei muss ...“Wir sind eine Volkspartei mit vielen Strömungen. Dass es in diesem Bereich große Bedenken gab, ist legitim. Ob es diese Emotionalität aber hergibt, werden wir sehen, wenn damit gearbeitet wird.
Es heißt, ein Kultusminister kann sich immer nur in die Nesseln setzen. Sind Sie darauf vorbereitet, sich unbeliebt zu machen?
Ich glaube, dafür muss man gerüstet sein, wenn man politisch tätig ist – ganz unabhängig von der Funktion. Dass es nach politischen Prozessen Kompromisse gibt, die beim einen Freude auslösen und beim anderen Ablehnung, ist ein normaler Vorgang. Gesellschaft ist komplex, Bildungsfragen sind das auch. Ziel ist es, ein Höchstmaß an Konsens zu erreichen. Bildung unterliegt gesellschaftlichen Veränderungen und Herausforderungen. Da gibt es einen stärkeren Veränderungsbedarf als bei anderen Themenfeldern. Ich glaube aber sehr wohl, dass man mit Bildung Wahlen gewinnen kann. Die Aussage, dass das nicht geht, habe ich noch nie verstanden.
Sie haben an anderer Stelle gesagt, dass der Koalitionsvertrag im Bildungsbereich einen Modernisierungsschub für die CDU im Land bedeute. Bringt die Koalition mit den Grünen insgesamt mehr Modernität in die Landes-CDU?
Dass manche Positionen moderner sind als noch vor fünf, sechs Jahren, das ist logisch. Es wäre ja schlimm, wenn die CDU keiner Entwicklung unterliegen würde – so wie die Gesellschaft auch.
Bei welcher Schulart geht es mit der Ganztagesschule voran? Der Koalitionsvertrag nennt nur die Realschule.
Im Koalitionsvertrag hat GrünSchwarz das Ziel formuliert, auch an den weiterführenden Schulen die Ganztagsangebote gesetzlich zu verankern und auszubauen. Das betrifft dann vor allem die Unterstufe, also die Klassen 5 bis 7.
Bei Werkrealschulen und Gymnasien ist das kein Thema?
Mit welchen Schularten wir beginnen und wie der Ausbau im Einzelnen erfolgen soll, muss jetzt erst noch konkret erarbeitet werden. Aber, ich muss es ja auch umsetzen können. Wir haben jetzt im Land ein gutes Angebot im Bereich der Grundschulen. Dass Eltern, die den gebundenen Ganztag in der Grundschule gewählt haben, bei der weiterführenden Schule sagen: Wie geht es jetzt weiter, vor allem in Klasse 5,6, 7? Das verstehe ich.
Und der gebundene Ganztag in der Gemeinschaftsschule wird aufgeweicht?
Wir werden überprüfen, inwieweit bei der Gemeinschaftsschule die Schulpflicht von 8 bis 16 Uhr verändert werden soll – analog zum Elternwillen.
Im Koalitionsvertrag ist von einem Ganztagsgipfel die Rede.
Wir werden im Herbst einen Gipfel abhalten mit der Frage: Wie viel Flexibilität brauche ich ohne Steuerung durchs Land. Das ist eine Aufgabenstellung, die wir mit allen, die daran arbeiten, diskutieren werden.
Viele Eltern wünschen sich flexiblere Zeiten. Lesen wir im Koalitionsvertrag richtig, dass es die geben wird?
Die Förderung im Bereich der flexiblen Nachmittagsbetreuung wird weiterlaufen. Das ist neu und war ein zentraler Wunsch der CDU für den Koalitionsvertrag. Das entspricht dem Wunsch der Eltern, nicht nur zwischen Halbtag oder gebundenem Ganztag wählen zu können, sondern auch mehr Flexibilität in der Nachmittagsbetreuung zu erreichen. Bislang war es so, dass die Landesförderung für die Horte beispielsweise wegfällt, wenn eine Grundschule auf Ganztag umgestellt hat. Und die Kommunen haben sich daran orientiert, weil die Finanzierung alleine dann schwierig wurde.
Wollen Sie die Kommunen bei der Finanzierung stärker in die Pflicht nehmen?
Ein großes Thema, das sich zu Recht durch den Koalitionsvertrag zieht, ist die Digitalisierung. Da ist die Frage: Was ist Technik und damit Ausstattung, für die die Kommunen zuständig sind, und was sind Inhalte? Darüber muss man mit den Kommunen verhandeln. Es ist politisch unbestritten, dass wir mit Medientechnik und Medienpädagogik an den Schulen einen Schwerpunkt setzen müssen.