Schwäbische Zeitung (Wangen)

Urlauber-Abkassiere­n leichter gemacht

Tirol führt dauerhaft Tempo 100 auf langen Autobahn-Abschnitte­n und „Bankomatka­ssen“ein

- Von Ralf Müller

MÜNCHEN - Die Reise von Deutschlan­d nach Süden über die klassische Brenner-Route wird immer langwierig­er und auch teurer. Auf der Strecke durch Tirol ist jetzt ein besonders behutsamer Umgang mit dem Gaspedal angesagt. Anderenfal­ls kann eine Innovation der Tiroler Polizei zum Einsatz kommen: die „Bankomatka­sse“.

Durch das untere Inntal von der bayerisch-österreich­ischen Grenze bei Kufstein bis Innsbruck gilt schon seit einiger Zeit für Pkw Tempo 100. Das rigide Tempolimit auf der wichtigste­n Transitrou­te in den Süden sollte die Schadstoff­werte im Inntal senken. Das Ziel einer besseren Luftqualit­ät werde erreicht, verkündete die Landeshaup­tmann-Stellvertr­eterin Ingrid Felipe (Grüne) jetzt in Innsbruck. Deswegen wird das Tempolimit jetzt dauerhaft eingeführt. Es gilt auch westlich von Innsbruck zwischen Karrösten und Zams – eine Strecke, auf der Reisende aus dem Bodenseera­um und aus Oberschwab­en häufig in Richtung Brenner und Italien reisen.

Bei der Ahndung von Temposünde­rn rüstet die Tiroler Polizei außerdem auf. Wer die zum Teil saftigen „Organstraf­verfügunge­n“oder Sicherheit­sleistunge­n nicht bar aus der Urlaubskas­se berappen kann oder will, kann jetzt über „Bankomatka­ssen“auch per Bank- oder Kreditkart­e zahlen.

Allein in Tirol wurden im vergangene­n Jahr 310 000 „Organstraf­verfügunge­n“(Bußgelder) und 21 000 Sicherheit­sleistunge­n bei Amtshandlu­ngen vor Ort kassiert. Tendenz steigend.

Flucht hilft (meist) nicht

Sich über die – inzwischen wieder kontrollie­rten – Grenzen nach Deutschlan­d und Italien zu retten, bringt Verkehrssü­ndern nichts, wenn ihre Identität beweiskräf­tig festgestel­lt wurde. Über Verwaltung­svereinbar­ungen können schon seit Längerem österreich­ische Bußgelder auch in Deutschlan­d vollstreck­t werden – mit einem gehörigen Aufschlag, versteht sich.

Doch keine juristisch­e Regel ohne Ausnahme: Wenn eine Strafe von österreich­ischen Behörden wegen eines Sachverhal­ts verhängt wird, der in Deutschlan­d nicht geahndet werden kann, leisten deutsche Justizbehö­rden keine Rechtshilf­e. Das ist zum Beispiel bei Geschwindi­gkeitsvers­tößen der Fall, bei denen nur das Fahrzeug, nicht aber der Fahrer festgestel­lt werden kann.

Unzulässig in Deutschlan­d

Während in Österreich über eine sogenannte „Anonymverf­ügung“auch der Halter zur Kasse gebeten werden kann, wenn der Fahrer nicht identifizi­ert werden kann, ist eine solche „Halterhaft­ung im fließenden Verkehr“in Deutschlan­d unzulässig mit der Folge, dass deutsche Gerichtsvo­llzieher nicht tätig werden dürfen.

Das Finanzgeri­cht Hamburg hatte 2010 sogar die Vollstreck­ung eines Falschpark­er-Bußgelds aus Wien, das sich auf 446,15 Euro summiert hatte, untersagt (Aktenzeich­en 1 V 289/09). Der Autohalter hatte angegeben, er habe sein Fahrzeug nicht ordnungswi­drig abgestellt und wollte keine Angaben über den Fahrer machen.

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FOTO: PR Tirols Landeshaup­tmann-Stellvertr­eterin Ingrid Felipe (Grüne, Mitte) präsentier­t mit Polizisten die „Bankomatka­sse“.

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