Urlauber-Abkassieren leichter gemacht
Tirol führt dauerhaft Tempo 100 auf langen Autobahn-Abschnitten und „Bankomatkassen“ein
MÜNCHEN - Die Reise von Deutschland nach Süden über die klassische Brenner-Route wird immer langwieriger und auch teurer. Auf der Strecke durch Tirol ist jetzt ein besonders behutsamer Umgang mit dem Gaspedal angesagt. Anderenfalls kann eine Innovation der Tiroler Polizei zum Einsatz kommen: die „Bankomatkasse“.
Durch das untere Inntal von der bayerisch-österreichischen Grenze bei Kufstein bis Innsbruck gilt schon seit einiger Zeit für Pkw Tempo 100. Das rigide Tempolimit auf der wichtigsten Transitroute in den Süden sollte die Schadstoffwerte im Inntal senken. Das Ziel einer besseren Luftqualität werde erreicht, verkündete die Landeshauptmann-Stellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne) jetzt in Innsbruck. Deswegen wird das Tempolimit jetzt dauerhaft eingeführt. Es gilt auch westlich von Innsbruck zwischen Karrösten und Zams – eine Strecke, auf der Reisende aus dem Bodenseeraum und aus Oberschwaben häufig in Richtung Brenner und Italien reisen.
Bei der Ahndung von Temposündern rüstet die Tiroler Polizei außerdem auf. Wer die zum Teil saftigen „Organstrafverfügungen“oder Sicherheitsleistungen nicht bar aus der Urlaubskasse berappen kann oder will, kann jetzt über „Bankomatkassen“auch per Bank- oder Kreditkarte zahlen.
Allein in Tirol wurden im vergangenen Jahr 310 000 „Organstrafverfügungen“(Bußgelder) und 21 000 Sicherheitsleistungen bei Amtshandlungen vor Ort kassiert. Tendenz steigend.
Flucht hilft (meist) nicht
Sich über die – inzwischen wieder kontrollierten – Grenzen nach Deutschland und Italien zu retten, bringt Verkehrssündern nichts, wenn ihre Identität beweiskräftig festgestellt wurde. Über Verwaltungsvereinbarungen können schon seit Längerem österreichische Bußgelder auch in Deutschland vollstreckt werden – mit einem gehörigen Aufschlag, versteht sich.
Doch keine juristische Regel ohne Ausnahme: Wenn eine Strafe von österreichischen Behörden wegen eines Sachverhalts verhängt wird, der in Deutschland nicht geahndet werden kann, leisten deutsche Justizbehörden keine Rechtshilfe. Das ist zum Beispiel bei Geschwindigkeitsverstößen der Fall, bei denen nur das Fahrzeug, nicht aber der Fahrer festgestellt werden kann.
Unzulässig in Deutschland
Während in Österreich über eine sogenannte „Anonymverfügung“auch der Halter zur Kasse gebeten werden kann, wenn der Fahrer nicht identifiziert werden kann, ist eine solche „Halterhaftung im fließenden Verkehr“in Deutschland unzulässig mit der Folge, dass deutsche Gerichtsvollzieher nicht tätig werden dürfen.
Das Finanzgericht Hamburg hatte 2010 sogar die Vollstreckung eines Falschparker-Bußgelds aus Wien, das sich auf 446,15 Euro summiert hatte, untersagt (Aktenzeichen 1 V 289/09). Der Autohalter hatte angegeben, er habe sein Fahrzeug nicht ordnungswidrig abgestellt und wollte keine Angaben über den Fahrer machen.