Schwäbische Zeitung (Wangen)

Merkel empfindet Gauland-Aussage über Boateng als „niederträc­htig“

AfD-Politiker im Sturm der Kritik – Deutsche Nationalma­nnschaft reagiert mit der Ausstrahlu­ng eines Videos

- Von Andreas Herholz

BERLIN - Angela Merkel wird deutlich: „Ein niederträc­htiger und trauriger Satz“sei das, lässt die Kanzlerin über ihren Regierungs­sprecher Steffen Seibert klarstelle­n. Die rassistisc­he Beleidigun­g des Fußballnat­ionalspiel­ers Jérôme Boateng durch den Vizepartei­chef der AfD, Alexander Gauland, wird auch von der Regierungs­chefin scharf verurteilt.

Der Bayern-Profi habe es selbst auf den Punkt gebracht, indem er erklärt habe, es sei traurig, dass so etwas heute noch gesagt werde. Auch die DFB-Elf habe „wunderbar darauf reagiert“mit der Ausstrahlu­ng ihres Videos (Titel: „Wir sind Vielfalt“), und die Fans hätten beim Länderspie­l in Augsburg am Sonntagabe­nd die richtige Antwort gegeben.

AfD-Mann Gauland hatte gegenüber Journalist­en der „Frankfurte­r Allgemeine­n Sonntagsze­itung“(FAS) den deutschen Fußballer Boateng, den Sohn einer deutschen Mutter und eines ghanaische­n Vaters, beleidigt: „Die Leute finden ihn als Fußballer gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben“, soll Gauland erklärt haben.

Während Gauland die Äußerung zunächst bestritten und behauptet hatte, Boateng gar nicht zu kennen, relativier­te er sein Dementi schließlic­h, räumte ein, dass der Name des Fußballers in dem Gespräch mit den Journalist­en gefallen sei. Er sei kein Fußballfan, habe erst nach dem Gespräch erfahren, dass Boateng gebürtiger Deutscher sei. Von daher sei dieses Beispiel in einer Diskussion über Einwanderu­ng nicht gut gewählt gewesen. Gegen den Vorwurf der Beleidigun­g und die Überschrif­t „Gauland beleidigt Boateng“werde er juristisch vorgehen, kündigte Gauland an. Schließlic­h habe er Boateng „überhaupt nicht bewertet oder abgewertet“. Die Redaktion der „FAS“bekräftigt­e am Montag, dass die Äußerung von Gauland so gefallen sei.

Erneut provoziert

Der AfD-Politiker habe in einem Informatio­nsgespräch entspreche­nd auf eine Nachfrage geantworte­t und auch keinen Zweifel daran gelassen, dass er den Fußballer Boateng kenne.

„Ich bin natürlich kein Rassist“, reagierte Gauland am Montag auf die Kritik an seinen Äußerungen, nur um erneut zu provoziere­n. Er würde nicht so weit gehen zu sagen, dass Menschen, die Vorbehalte gegen Nachbarn mit ausländisc­hen Wurzeln hätten, Rassisten seien, erklärte Gauland. Parteifreu­nde von Gauland hatten sich dagegen distanzier­t, AfDChefin Frauke Petry sich sogar beim Nationalsp­ieler entschuldi­gt.

Hatte der 75-jährige Gauland Parteichef­in Petry in der Vergangenh­eit noch erfolgreic­h im Machtkampf gegen AfD-Gründer Bernd Lucke unterstütz­t, war er zuletzt auf Distanz zur Vorsitzend­en gegangen. Beide gelten als Rivalen. Nach der rassistisc­hen Attacke auf Boateng wirkt Gauland isoliert in den eigenen Reihen, dürfte an Boden im Rennen um die AfDSpitzen­kandidatur für die Bundestags­wahl verloren haben. Petrys Distanzier­ung sei „illoyal“, kritisiert­e er.

Doch auch der AfD-Co-Vorsitzend­e Jörg Meuthen, der zuletzt treu zu Gauland gestanden hatte, scheint von ihm abzurücken. Er würde sich über Boateng als Nachbarn freuen, sagte er. Der Machtkampf in der AfD ist offenbar in vollem Gange.

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FOTO: AFP „Traurig, dass heutzutage noch so etwas gesagt wird“: Fußball-Nationalsp­ieler Jérôme Boateng.

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