Merkel empfindet Gauland-Aussage über Boateng als „niederträchtig“
AfD-Politiker im Sturm der Kritik – Deutsche Nationalmannschaft reagiert mit der Ausstrahlung eines Videos
BERLIN - Angela Merkel wird deutlich: „Ein niederträchtiger und trauriger Satz“sei das, lässt die Kanzlerin über ihren Regierungssprecher Steffen Seibert klarstellen. Die rassistische Beleidigung des Fußballnationalspielers Jérôme Boateng durch den Vizeparteichef der AfD, Alexander Gauland, wird auch von der Regierungschefin scharf verurteilt.
Der Bayern-Profi habe es selbst auf den Punkt gebracht, indem er erklärt habe, es sei traurig, dass so etwas heute noch gesagt werde. Auch die DFB-Elf habe „wunderbar darauf reagiert“mit der Ausstrahlung ihres Videos (Titel: „Wir sind Vielfalt“), und die Fans hätten beim Länderspiel in Augsburg am Sonntagabend die richtige Antwort gegeben.
AfD-Mann Gauland hatte gegenüber Journalisten der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“(FAS) den deutschen Fußballer Boateng, den Sohn einer deutschen Mutter und eines ghanaischen Vaters, beleidigt: „Die Leute finden ihn als Fußballer gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben“, soll Gauland erklärt haben.
Während Gauland die Äußerung zunächst bestritten und behauptet hatte, Boateng gar nicht zu kennen, relativierte er sein Dementi schließlich, räumte ein, dass der Name des Fußballers in dem Gespräch mit den Journalisten gefallen sei. Er sei kein Fußballfan, habe erst nach dem Gespräch erfahren, dass Boateng gebürtiger Deutscher sei. Von daher sei dieses Beispiel in einer Diskussion über Einwanderung nicht gut gewählt gewesen. Gegen den Vorwurf der Beleidigung und die Überschrift „Gauland beleidigt Boateng“werde er juristisch vorgehen, kündigte Gauland an. Schließlich habe er Boateng „überhaupt nicht bewertet oder abgewertet“. Die Redaktion der „FAS“bekräftigte am Montag, dass die Äußerung von Gauland so gefallen sei.
Erneut provoziert
Der AfD-Politiker habe in einem Informationsgespräch entsprechend auf eine Nachfrage geantwortet und auch keinen Zweifel daran gelassen, dass er den Fußballer Boateng kenne.
„Ich bin natürlich kein Rassist“, reagierte Gauland am Montag auf die Kritik an seinen Äußerungen, nur um erneut zu provozieren. Er würde nicht so weit gehen zu sagen, dass Menschen, die Vorbehalte gegen Nachbarn mit ausländischen Wurzeln hätten, Rassisten seien, erklärte Gauland. Parteifreunde von Gauland hatten sich dagegen distanziert, AfDChefin Frauke Petry sich sogar beim Nationalspieler entschuldigt.
Hatte der 75-jährige Gauland Parteichefin Petry in der Vergangenheit noch erfolgreich im Machtkampf gegen AfD-Gründer Bernd Lucke unterstützt, war er zuletzt auf Distanz zur Vorsitzenden gegangen. Beide gelten als Rivalen. Nach der rassistischen Attacke auf Boateng wirkt Gauland isoliert in den eigenen Reihen, dürfte an Boden im Rennen um die AfDSpitzenkandidatur für die Bundestagswahl verloren haben. Petrys Distanzierung sei „illoyal“, kritisierte er.
Doch auch der AfD-Co-Vorsitzende Jörg Meuthen, der zuletzt treu zu Gauland gestanden hatte, scheint von ihm abzurücken. Er würde sich über Boateng als Nachbarn freuen, sagte er. Der Machtkampf in der AfD ist offenbar in vollem Gange.