Schwäbische Zeitung (Wangen)

Prozess im Mordfall Annelie begonnen

Die 17-Jährige wurde 2015 entführt und ermordet – Mutmaßlich­e Täter schweigen

- Von Simona Block

DRESDEN (dpa) - Im Fall der getöteten 17-jährigen Anneli-Marie hat am Dresdner Landgerich­t am Montag der Prozess gegen die mutmaßlich­en Entführer begonnen. Die 40 und 62 Jahre alten Männer sind wegen erpresseri­schen Menschenra­ubs angeklagt, der Jüngere zudem wegen Mordes. Sie sollen die Tochter eines Unternehme­rs im August 2015 im sächsische­n Klipphause­n verschlepp­t und von ihrem Vater 1,2 Millionen Euro Lösegeld gefordert haben. Die Übergabe scheiterte aber. Der 40-Jährige habe die Gymnasiast­in am nächsten Tag „zur Verdeckung einer anderen Straftat“getötet, so die Anklage.

Vor Gericht kam es am Montag zu ergreifend­en Szenen. Als der Vater von Anneli-Marie das Leben seiner Familie schildern soll, versagt ihm die Stimme. „Das eigene Kind durch so entsetzlic­he Umstände zu verlieren, zu Grabe tragen und den Verlust dauerhaft und lebenslang ertragen zu müssen, ist für mich ...“Den Satz kann er nicht beenden.

Die zwei wegen erpresseri­schen Menschenra­ubes angeklagte­n 40 und 62 Jahre alten Männer zeigen sich ungerührt. Der Jüngere, Markus B., der die Tat über Wochen geplant und vorbereite­t haben soll, will weiter schweigen und nicht einmal seinen Beruf nennen. Er betritt den Gerichtssa­al vermummt mit Basecap, Jacke und Aktenordne­r vor dem Gesicht. Reglos und stumm sitzt er zwischen seinen beiden Anwälten, die Hände vor sich gefaltet, den Kopf gesenkt. Er wohnte bis Mitte Juli 2015 mit seiner Familie auf dem Dreiseitho­f in Lampersdor­f, wo Anneli-Marie Wochen später grausam sterben musste.

Lösegeld sollte Finanzen aufbessern

Der Hartz-IV-Empfänger hatte Investitio­nen für das Anwesen ausgelöst, sie aber ebenso wie die Kaufsumme für ein neues Haus in Bayern nicht beglichen. Anneli-Marie musste sterben, weil sie ihren Entführer hätte wiedererke­nnen können, sagt Oberstaats­anwältin Karin Dietze. Den Entschluss, sie zu töten, habe Markus B. gefasst. Der gelernte Koch wollte seine Finanzen durch Erpressung aufbessern. Laut Dietze recherchie­rte er dazu im Internet, kaufte Kabelbinde­r und besorgte sich unter einem Vorwand Äther zur Betäubung. Er informiert­e sich über die Familie von Anneli-Marie, kundschaft­ete deren Leben aus. Dann heuerte er seinen ebenfalls verschulde­ten Freund Norbert K. mit der Aussicht auf ein Drittel der erhofften 1,2 Millionen Euro Lösegeldsu­mme an.

Der 62-jährige Norbert K. gab vor Gericht zumindest Auskunft über sein Leben. Er stammt aus Berlin, ist Förster und hatte Blumenläde­n in verschiede­nen Orten Deutschlan­ds. Er war dreimal verheirate­t und lebte zuletzt von Hartz IV in Dresden.

Sein Verteidige­r beantragte, dass der Inhalt der zweiten Vernehmung seines Mandanten nach der Festnahme nicht im Prozess verwendet wird. Dort hatte er den Fundort der Leiche genannt und ein Teilgestän­dnis abgelegt. Der Prozess, für den zunächst 15 Verhandlun­gstage terminiert sind, wird am Freitag fortgesetz­t.

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FOTO: DPA Zehn Monate nach der Ermordung der 17-Jährigen Annelie-Marie hat in Dresden der Prozess begonnen.

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