Kranken Albanern droht Abschiebung
Vater und Sohn leiden an seltener Erbkrankheit – Helferkreise sind entrüstet
FRIEDRICHSHAFEN - Sie wollten nicht mehr als eine Zukunft für ihren unheilbar kranken Sohn: 2014 flohen die Eltern Dritam und Jetmira Lleshi mit ihren drei Kindern Beram (8), Blerta (6) und Lhemali (3) nach Deutschland. Der achtjährige Beram leidet wie sein Vater am Alport-Syndrom. Jetzt droht der albanischen Familie, die in der Flüchtlingsunterkunft im Fallenbrunnen in Friedrichshafen lebt, die Abschiebung.
Vor zwei Jahren sind Dritam und Jetmira mit ihren Kindern aus Albanien nach Deutschland gekommen. Lange bevor die Bundesregierung den Balkan-Staat als „sicheres Herkunftsland“einstufte. Vater Dritam leidet seit seiner Kindheit am Alport-Syndrom. Hören kann er nur mittels eines Hörgeräts, seine Nieren arbeiten nicht mehr richtig. Dreimal in der Woche muss er zur Dialyse.
In Albanien, so erzählen sie, lebten sie auf dem Land. Sie hatten ein kleines Lebensmittelgeschäft. Die Gesundheitsversorgung dort sei aber schlecht gewesen. Mithilfe von Verwandten kratzten sie ihr letztes Geld zusammen, um für eine bessere Versorgung von Dritam in die Hauptstadt Tirana zu gehen. Sein Bruder und seine Cousine seien in jungen Jahren an der Krankheit gestorben, erzählt der 32-Jährige.
Allerdings konnten sie sich das Leben dort auf Dauer nicht leisten und als sich abzeichnete, dass auch Sohn Beram an der seltenen Erbkrankheit leidet, hätten sie sich auf den Weg nach Deutschland gemacht. Er wollte ein besseres Leben für seinen Sohn, erzählt Dritam Lleshi.
Zunächst ist dem Familienvater das gelungen. Beram besucht die Tannenhag-Schule in Fischbach, eine Sonderschule für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit starken Entwicklungsverzögerungen und geistiger Behinderung. „Hier wird Beram gefördert. In Albanien hat er keine Zukunft“, sagt Hannelore Miller vom Helferkreis Langenargen, die die fünfköpfige Familie mit Brigitte Böttger vom Helferkreis Schlossfreunde seit einem Jahr betreut. Gemeinsam mit Böttger organisierte sie Arztbesuche für Vater und Sohn.
Auch für die restliche Familie hat sich das Leben verbessert: Blerta besucht die Ludwig-Dürr-Schule in Friedrichshafen, sie spricht schon etwas Deutsch. Untergebracht ist die Familie in einem Container in der Flüchtlingsunterkunft Fallenbrunnen. Zu fünft schlafen sie in einem etwa 25 Quadratmeter großen Raum und haben auch sonst keinen Luxus, aber sie seien sehr zufrieden, wie die Eltern erzählen. Doch im April änderte sich alles.
Ein Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge hatte den Asylantrag der albanischen Familie abgelehnt. Offensichtlich unbegründet ist der Asylantrag in den Augen der Behörden. „Bei der Entscheidung wird eine Erkrankung berücksichtigt, wenn es sich um eine schwerwiegende Erkrankung handelt, die eine Gefahr fürs Leben darstellt und die im Herkunftsland nicht behandelt werden kann“, teilte eine Sprecherin auf Anfrage der Lindauer Zeitung mit. Eine Erbkrankheit, die zwangsläufig zu Nierenversagen führt, zählt für die Beamten offensichtlich nicht zu einer lebensbedrohlichen Krankheit.
Das Auswärtige Amt dagegen warnt vor der Gesundheitsversorgung in Albanien. „Die ärztliche Versorgung ist unzureichend und entspricht bei Weitem nicht deutschem Standard“, teilt die Behörde auf Nachfrage mit. Operationen sollten nur im äußersten Notfall durchgeführt werden. Das Auswärtige Amt empfiehlt Reisenden, sogenannte Flugrettungsverträge abzuschließen. Im Krankheitsfall können sich Reisende nach Deutschland ausfliegen lassen. Transparency International kritisiert zudem die Korruption der Ärzte. Ein Großteil der Patienten müsste Schmiergeld bezahlen, um behandelt zu werden, heißt es in einem Bericht.
Gegen den abgelehnten Asylbescheid und der damit verbundenen Abschiebung reichte die Familie Lleshi mit Hilfe des Häfler Rechtsanwalts Hubert Mangold inzwischen Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen ein. Die Chancen, dass die Familie bleiben darf, schätzt Mangold allerdings als gering ein. „Die Hürden, um aus gesundheitlichen Gründen in Deutschland bleiben zu dürfen, sind sehr hoch“, sagte Mangold. Dennoch versucht er eine Abschiebung zu verhindern. Eine Entscheidung fällt voraussichtlich Anfang Juni.