Hoteldirektorin contra Hotelturm
Mit 1300 Betten ist das Angebot in Kempten schon jetzt größer als in einem Konzept geplant – Kritikerin fürchtet, dass das Angebot Familienbetrieben schadet
KEMPTEN (jan) - Eine Hotelier-Managerin macht Front gegen den geplanten Hotelturm an der Hangkante hoch über Kempten: In der Stadt gebe es schon jetzt mehr Hotelbetten als im Jahr 2010 von Touristikern und Verwaltungsexperten als langfristiges Ziel formuliert, sagt Sabine Bartz, Direktorin des Hotel Peterhof. Heuer komme noch ein subventioniertes Hotel des Vereins für Körperbehinderte dazu und deshalb kommt Bartz zu dem Ergebnis: Langsam muss es genug sein. Heinz Buhmann als Chef von Kempten Tourismus sagt dazu: „Die Dinge entwickeln sich.“
Der Unternehmer Walter Bodenmüller, der neben der Keck-Kapelle den mehr als 60 Meter hohen Hotelturm und eine Senioren-Residenz plant, will sich zunächst nicht zu der Kritik äußern. Er hat allen Hoteliers angeboten, ihnen sein Projekt mit 200 Hotelbetten vorzustellen.
Übernachtungszahlen sind massiv gestiegen
Im Jahr 2010 hatten viele am Tourismus Beteiligte ein Zukunftskonzept erarbeitet, das auf das Jahr 2020 abzielte. Darin heißt es: Das Angebot wächst auf circa 1200 Hotelbetten. Dieses Ziel ist längst erreicht: Derzeit sind etwa 1300 Betten am Markt, sagt Buhmann. Er verweist allerdings darauf, dass auch die Übernachtungszahlen massiv gestiegen sind. 2010 waren es 120 000, im vergangenen Jahr 260 000. „Das ist doch beachtlich.“
Wie die Verdopplung der Übernachtungszahlen zustande kam, ist Bartz ein Rätsel, sie zweifelt die Werte an. Es seien nur einige Hotels dazugekommen, bei den Etablierten habe sich die Auslastung wenig verändert. „Das beste Geschäftsjahr im Peterhof war 2012, da hatten wir 13 Prozent mehr Umsatz als jetzt.“Die Hoteliere glaubt, dass Übernachtungszahlen geschätzt werden, sofern Hotels diese nicht melden. Tourismus-Chef Buhmann verweist darauf, dass das statistische Landesamt Zahlen auf Basis der Pflichtmeldungen der Hotels veröffentliche.
Bartz schätzt die Zukunft so ein: „Durch den Bau eines Hotels dieser Größenordnung wird das Angebot die Nachfrage bei Weitem übersteigen und sicherlich die Hotellerie in Kempten empfindlich treffen.“Viele Häuser seien Familienbetriebe, „die mit den finanziellen Möglichkeiten eines solchen Projektes einfach nicht Schritt halten können“. Den Hotelturm soll eine internationale Kette betreiben. Bei all dem sei gar nicht berücksichtigt, dass es ihrer Überzeugung nach mit solch einem Hotelturm zu einer Amerikanisierung der historischen Stadtsilhouette komme.