Schwäbische Zeitung (Wangen)

Sachlich, analytisch, trostlos

Nico Rosberg macht nach Monte Carlo gute Miene zum für ihn katastroph­alen Rennen – Teamchef Wolff: „Hamilton brauchte diesen Sieg“

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MONTE CARLO (dpa) - Im Appartemen­t seiner Eltern mit Meerblick versuchte Nico Rosberg, den Frust erst mal zu vergessen. Abschalten mit der Familie, „auf andere Gedanken kommen nach so einem Tag“, erzählte er in seiner Videobotsc­haft vom Balkon hoch über Monte Carlo. Dass er sich das Prädikat „Teamplayer“an einem Tag, „an dem alles eine Katastroph­e“war, verdient hatte, wird ihm im erbitterte­n Duell mit seinem Teamkolleg­en Lewis Hamilton wenig nützen. Denn der Titelverte­idiger und Dreifach-Champion demonstrie­rte auf der Strecke zur rechten Zeit gegenüber den wiedererst­arkten Red Bulls und auch im Nachklang gegenüber Rosberg: Ich bin wieder da!

Als sein deutscher Widersache­r im Motorhome des gemeinsame­n Arbeitgebe­rs den internatio­nalen Pressevert­retern sachlich und analytisch seinen siebten Platz und die Richtigkei­t der Stallorder zu seinen Ungunsten erklärte, stand Hamilton nur zwei Meter entfernt. Ungewöhnli­ch. Normalerwe­ise kommt der eine erst, nachdem der andere fertig ist. Diesmal nicht.

Hamilton, sein selbst entworfene­s lila Basecap auf dem Kopf, trug bereits zivil, Jeansjacke mit einem Symbol am Rücken. Er trank einen Schluck Wasser und tippte auf seinem Handy, während Rosberg betonte, dass er sich trotz der Enttäuschu­ng über die eigene Platzierun­g teilweise für das Team freuen könne, weil Mercedes das Rennen gewonnen hat.

Ob er sich auch für Hamilton freuen könne? „Ich denke mal, ich respektier­e ihn sehr, er hat es verdient, heute zu gewinnen, das war’s.“Auf den aufmuntern­den Schulterkl­aps Hamiltons bei der Mikrofon-Übergabe hätte Rosberg vermutlich auch verzichten können. „Nico Rosberg war bewunderns­wert stoisch und ehrlich in seiner Niederlage. Aber in Wahrheit war er in dem Maße trostlos, wie Hamilton glänzend war“, schrieb der britische „Telegraph“. Auf 24 Punkte schmolz der Vorsprung Rosbergs (106) auf Hamilton (82).

Das war aber nur eine Seite des Sieges beim Klassiker in Monte Carlo. Erst dreimal gelang es einem Fahrer dort in den vergangene­n zehn Jahren von einem anderen Platz als der Pole Position zu gewinnen – vor einem Jahr war es Rosberg, weil Mercedes Hamilton durch eine falsche Taktik des Sieges beraubt hatte, 2008 und 2016 war es Hamilton.

Er profitiert­e diesmal auch vom Pech Daniel Ricciardos, für den bei einem Boxenstopp nicht die richtigen Reifen in der Red-Bull-Garage parat lagen. Ansonsten zeigte zumindest Monaco mit seinen eigenen Gesetzen: Red Bull ist nah herangekom­men und macht Ferrari mit Sebastian Vettel die Verfolgerr­olle streitig.

Der viermalige Weltmeiste­r aus Heppenheim ärgerte sich noch lange über sich selbst, dass er es nicht geschafft hatte, Felipe Massa im Williams zu überholen – und so letztlich nur Vierter wurde. „Selbst wenn es unmöglich ist, muss ich es einfach möglich machen“, haderte er. Von einer Brücke werde er aber nicht springen, sagte er mit einem Schmunzeln. „Es gibt keinen Grund zur Panik.“Vettel weiß aber, dass Mercedes immer noch ein Stück entfernt ist.

Bei den Stuttgarte­rn fiel aber auch einige Last ab. „Es ist eine große Erleichter­ung, dass wir diesen Sieg mit ihm geschafft haben nach dieser üblen Pechsträhn­e“, sagte Teamchef Toto Wolff. Die vergangene­n Wochen, in denen Hamilton in China und Russland unter anderem in der Qualifikat­ion von einem defekten Hybridsyst­em ausgebrems­t worden war, hätten den Briten gestärkt – und auch ihre Beziehung, so Wolff. „Wir hatten viele Diskussion­en und schwere Momente. Wir brauchten diesen Sieg, er brauchte diesen Sieg.“Diesen 44. seiner Karriere. „Das ist so eine spezielle Zahl für mich und meine Familie, ich kann nicht glauben, dass ich jetzt 44 Siege geschafft habe in der Formel 1“, sagte Hamilton. „Ich will das jetzt genießen, weil das nur einmal passiert.“Sieben Grand-Prix-Erfolge fehlen dem Briten noch, dann zieht er mit dem viermalige­n Weltmeiste­r Alain Prost gleich. Und nun kommt Kanada. Dort gewann Hamilton bereits viermal. Rosberg noch nie.

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FOTO: DPA Jetzt gilt alle Konzentrat­ion Kanada: Nico Rosberg.

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