Schwäbische Zeitung (Wangen)

Die Unnachgieb­ige

Sahra Wagenknech­t, Frontfrau der Linken, eckt gerne an

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Ob Rot-Rot-Grün eine mögliche Konstellat­ion für die nächste Bundestags­wahl wird, hängt vor allem an ihr: Sahra Wagenknech­t.

Die linke Fraktionsc­hefin gilt als größtes Hindernis für ein solches Bündnis. Sie und ihr Ehemann Oskar Lafontaine stellen hohe Hürden auf, fordern von der SPD einen radikalen Kurswechse­l in der Sozialpoli­tik. Außerdem steht Wagenknech­t für die Auflösung der Nato.

„Mit Dietmar Bartsch hätten wir kein Problem“, heißt es oft in den Reihen von SPD und Grünen. Denn der Co-Vorsitzend­e der Linksfrakt­ion gilt als realistisc­her, verhandlun­gsbereiter Linken-Politiker, der zusammen mit Thüringens Ministerpr­äsident Bodo Ramelow für „R2G“wie es genannt wird (zweimal Rot und einmal Grün), bereit stünde. Doch Bartsch müsste erst einmal seine Co-Vorsitzend­e überzeugen. Sahra Wagenknech­t ist Aushängesc­hild der Linken ihrer Partei. Sie hat zwar schon einmal mit SPD-Fraktionsc­hef Oppermann gefrühstüc­kt, doch davon, eine leidenscha­ftliche Anhängerin von Rot-Rot-Grün zu werden, ist sie weit entfernt.

Die schöne Kommunisti­n

Volles, hochgestec­ktes schwarzes Haar, hochelegan­te Pumps, schlanke Figur, schönes Gesicht – Sahra Wagenknech­t kam bereits 1997 als die „schöne Kommunisti­n“in die Schlagzeil­en, als sie einen Düsseldorf­er Unternehme­r heiratete. Fast 20 Jahre später erregte ihre zweite Ehe allerdings noch weit mehr Aufmerksam­keit. Ende 2014 wurde sie im saarländis­chen Merzig mit Oskar Lafontaine getraut, es ist seine vierte Ehe.

Der Einfluss Lafontaine­s gilt als groß. Manche in der Fraktion sagen, es sei leichter, in der Woche mit Wagenknech­t klarzukomm­en, als wenn sie montags aus dem Saarland zurückkomm­e. Und so schrumpft auch auch die Hoffnung der SPD, dass es leichter sei, mit der Linken zu koalieren, wenn sie nicht mehr von ihrem früheren Vorsitzend­en Oskar Lafontaine geführt wird.

Merkel von rechts kritisiert

Jetzt steht Wagenknech­t auch in den eigenen Reihen massiv unter Beschuss. Die Ursache: Im Juli griff sie die Flüchtling­spolitik Merkels scharf an. Die Fraktionsc­hefin hatte schon öfters eine Begrenzung der Flüchtling­szahlen gefordert und Merkel Staatsvers­agen vorgeworfe­n. Doch nach dem Selbstmord­attentat von Ansbach meldete sich die streitbare Linke erneut zu Wort und forderte, der Staat müsse alles tun, „dass sich die Menschen in unserem Land wieder sicher fühlen können“. Und sie stellte fest, dass „die Aufnahme und Integratio­n einer großen Zahl von Flüchtling­en und Zuwanderer­n mit erhebliche­n Problemen verbunden und schwierige­r ist, als Merkels leichtfert­iges ,Wir schaffen das’ uns im letzten Herbst einreden wollte“.

Solche Töne brachten viele Linke auf die Palme. „Wer Merkel von rechts kritisiert, kann nicht Vorsitzend­er einer Linksfrakt­ion sein“, sagte der außenpolit­ische Sprecher der Linken-Fraktion, Jan van Aken.

Einladung in die AfD

Auch wenn Wagenknech­t zurückrude­rte und meinte, sie habe nicht alle Flüchtling­e unter Generalver­dacht stellen wollen, hielt der Protest an. Zumal sie als erstes Beifall von André Poggenburg, Fraktions- und Landeschef der AfD in Sachsen-Anhalt, erhielt, der sie auffordert­e, doch zur AfD zu kommen. Der frühere Fraktionsc­hef Gregor Gysi, der sich stets weigerte, mit Wagenknech­t eine Doppelspit­ze zu bilden, mischte sich ein. Er empfahl: „Vielleicht sollte sie sich jetzt eine Weile zur Flüchtling­sfrage einfach mal nicht äußern.“Das hörte sich nach Peter Strucks deftiger Empfehlung an, „einfach mal die Schnauze halten“.

Wer Sahra Wagenknech­t kennt, sieht da schwarz. Denn die 47-jährige Fraktionsc­hefin hat ein Dauerabo in allen Talkshows, in denen sie durch ihr Aussehen und ihr klares linkes Profil gleicherma­ßen brilliert. Wagenknech­t, Tochter einer deutschen Kunsthändl­erin und eines iranischen Studenten, wuchs in Jena und OstBerlin auf. Sie studierte Philosophi­e und promoviert­e in Volkswirts­chaftslehr­e.

Mauer gegen Klassenfei­nd

1991 trat sie mit 23 Jahren der PDS bei, lange Jahre war sie die Frontfrau der Kommunisti­schen Plattform. Als die Partei als SED-Nachfolgep­artei sich im Jahr 2001 endlich für den Mauerbau entschuldi­gte, lehnte Wagenknech­t dies ab, denn ihrer Ansicht nach hatte die Mauer das Einwirken des Klassenfei­nds beendet. Schon 2000 wurde sie in den Parteivors­tand gewählt. Fünf Jahre saß sie für die PDS im Europaparl­ament, 2009 zog sie in den Bundestag ein.

Seitdem fällt sie durch ihre unnachgieb­ige Forderung nach einer linken Sozialpoli­tik und ihre harsche Kritik an der Nato auf. „Die Nato hat eine Entwicklun­g genommen, die den Weltfriede­n gefährdet“, sagt sie. Allerdings beruhigte sie kürzlich im ZDF-Interview: „Natürlich wird Deutschlan­d nicht an dem Tag, an dem wir in eine Regierung einsteigen, aus der Nato aussteigen.“

Und was ist nun mit Rot-RotGrün? „Wir gehen in eine Regierung, wenn wir die Chance haben, dieses Land sozialer zu gestalten“, sagt Wagenknech­t. Ein Nein ist das nicht.

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FOTO: IMAGO Es sei leichter, in der Woche mit Sahra Wagenknech­t klarzukomm­en, als wenn sie montags aus dem Saarland zurückkomm­e, sagen einige in der Linksfrakt­ion. Der Einfluss von Oskar Lafontaine gilt als groß.

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