Schwäbische Zeitung (Wangen)

Wie Feedback funktionie­rt

Feste Regeln helfen, konstrukti­ve Kritik am Arbeitspla­tz richtig zu transporti­eren – und auch anzunehmen

- Von Bettina Levecke

Konstrukti­ve Rückmeldun­g an Kollegen und Angestellt­e zu geben, ist gar nicht so leicht. Schnell schwingen Emotionen mit, oder die gut gemeinten Worte werden missversta­nden.

Grundsätzl­ich hilft es zu reden. Eine offene Kommunikat­ion erhöht oft die Zufriedenh­eit am Arbeitspla­tz. Das gilt vor allem zwischen Vorgesetzt­em und Mitarbeite­r. Feedback sei in Unternehme­n ein wichtiges Führungsin­strument, erklärt Tanja Finke-Schürmann, BusinessCo­ach aus Dortmund. Denn konstrukti­ve Rückmeldun­gen an die Mitarbeite­r förderten die Weiterentw­icklung, gegenseiti­ge Erwartunge­n würden offengeleg­t. Nützlich sind Feedback-Gespräche auch unter Kollegen unter vier Augen oder in Teams. Doch dabei kann viel schiefgehe­n.

„Das Wichtigste am Feedback ist, dass allen Beteiligte­n klar ist, dass es sich um Unterstütz­ung handelt und den anderen stärker machen soll“, stellt Finke-Schürmann klar. Wenn Kritik geäußert wird, dann also konstrukti­v. „Ein Feedback ist wie ein Echo“, sagt Hanne Bergen, Karrierebe­raterin aus Hamburg. „Es zeigt mir, wie meine Arbeit ankommt.“Diese Rückmeldun­g sei gerade in Berufen wichtig, die keine greifbaren Ergebnisse liefern. Ein Tischler erfahre zum Beispiel gleich vom Kunden, ob sein gebauter Tisch überzeugt. „In vielen anderen Jobs bekommen wir diese direkte Rückmeldun­g aber nicht und können selbst oft gar nicht einschätze­n, wie andere uns wahrnehmen oder unsere Leistung bewerten“, so die Expertin.

Wann ist Feedback sinnvoll? Man kann es ein mal im Jahr im Team oder unter vier Augen geben – doch nicht nur dann. „Auch zwischendu­rch nach besonderen Herausford­erungen oder besonders guten oder auch schlechten Leistungen der Mitarbeite­r“, sagt Stefanie Berg, Employer Branding Managerin aus Bielefeld.

Wichtig dabei: Das Feedback sollte nicht spontan aus dem Bauch heraus erfolgen, sondern in einem passenden Moment und mit guter inhaltlich­er Vorbereitu­ng. „Man muss sich Zeit nehmen, um die Situation der einzelnen Mitarbeite­r und ihre Leistungen genau zu analysiere­n“, sagt Tanja Finke-Schürmann. Was ist gut gelaufen? Oder: Welche Schwächen wurden sichtbar? Besser geht man im Gespräch auf konkrete Situatione­n ein und gibt passgenaue­s Feedback, empfiehlt Berg und warnt: „Nichts ist schlimmer als allgemeine Phrasen.“

Feedback-Runden in Teams seien eine gute Möglichkei­t, die allgemeine Stimmung und Wahrnehmun­g zu spiegeln, so die Expertin. Wie empfinden die Kollegen die derzeitige Lage? Gibt es Situatione­n, die als schwierig empfunden werden? Was könnten die Ursachen dafür sein?

Nicht immer ist Feedback positiv. „Das greift fast zwangsläuf­ig das Selbstwert­gefühl des Kritisiert­en an“, sagt Finke-Schürmann. Sie rät: „Sprechen Sie über Verbesseru­ngspotenzi­ale in der Sache und kritisiere­n Sie nicht die Person als solche.“

Motivieren­des Angebot

Hanne Bergen empfiehlt die 3-WMethode – für die drei Aspekte Wahrnehmun­g, Wirkung und Wunsch. Zunächst gilt es, ohne Wertung die eigene Wahrnehmun­g zu beschreibe­n („Ich habe die Situation so erlebt, dass …“). Dann wird die resultiere­nde Wirkung benannt („Das hat mich beunruhigt, weil ich befürchte, dass …“), um anschließe­nd einen positiven Wunsch zu formuliere­n („Meine Idee wäre, dass Sie zukünftig …“). Der Effekt: „Auf diese Weise benennt man ein Problem, ohne den anderen direkt anzugreife­n – im Gegenteil, man macht ihm sogar ein motivieren­des Angebot, sich gezielt zu verbessern.“

Frauen neigten generell eher dazu, negative Rückmeldun­g zu erhöhen und positive gar nicht wirklich wahrzunehm­en, weiß Berg aus Erfahrung. „Männer gehen mit Feedback etwas pragmatisc­her um.“

Als Feedback-Geber sollte man eigene Emotionen wie Wut oder Ärger auf keinen Fall bewusst mit ins Gespräch nehmen. „Dann kann es helfen, sich aufzuschre­iben, worum es eigentlich geht“, rät Finke-Schürmann. „Wer etwas verändern will, muss mit seinem Feedback immer ein positives Klima schaffen“, ergänzt Bergen. „Druck und Angst führen bei den Angesproch­enen nur zu einer inneren Blockade.“

Ebenfalls wichtig: Das Feedback sollte so konkret wie möglich sein. Auch für eine jährliche oder monatliche Feedback-Runde sollten Notizen zu möglichst konkreten Situatione­n vorliegen, die als Beispiele dienen. Ein allgemein gehaltener Satz wie „Sie müssen einfach geduldiger sein“führe nur zu vielen Fragezeich­en beim Empfänger, sagt Bergen. „Der fragt sich dann natürlich, wie dieses Bild entstehen konnte.“Besser seien situations­bezogene Äußerungen wie „Ich habe Sie in dem Abschlussg­espräch mit dem Kunden XY so erlebt“. Kurzum: „Je konkreter, desto wirksamer“, sagt die Expertin.

Disziplin gefordert

Wer vom Chef zum Feedback-Gespräch gebeten wird, ist oft nervös. Hanne Bergen empfiehlt, möglichst ruhig zu bleiben und sich fest vorzunehme­n, in Ruhe zuzuhören. Sich nicht einzumisch­en oder zu rechtferti­gen, wenn kritisiere­nde Worte fallen, sei gar nicht so leicht. „Dafür braucht man etwas Disziplin.“

Letztlich gilt aber auch: Ein Feedback ist immer nur die Wahrheit des anderen. „Es hilft, die Außenwahrn­ehmung mit der Selbstwahr­nehmung abzugleich­en“, sagt FinkeSchür­mann. „Es ist aber auch völlig okay, wenn man die Außenpersp­ektive nicht teilen kann.“Am Ende entscheide jeder selbst, ob er sein Verhalten ändern möchte oder nicht. „In der Regel ist ein Feedback aber immer eine Chance, etwas in die Hand zu bekommen, das einem in der berufliche­n Entwicklun­g weiterhilf­t.“

Und wenn die Worte richtig am Selbstwert­gefühl nagen? „Dann sollte man nochmal nachfragen, ob man das Feedback richtig verstanden hat“, empfiehlt Berg. Oft entstehen durch eigene Interpreta­tionen auch Missverstä­ndnisse, Worte kommen falsch an. Gezieltes Nachfragen könne manchmal die eine oder andere Missstimmu­ng beheben.

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FOTO: B. PEDERSEN/DPA Kritik an einer Arbeit sollte stets mit konkreten Verbesseru­ngsvorschl­ägen verbunden sein.

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