Jérôme Boateng ist Fußballer des Jahres
Der Bayern-Profi wird als erster Abwehrspieler seit Jürgen Kohler 1997 zum „Fußballer des Jahres“gekürt
Jérôme Boateng, der in der EM-Partie gegen die Ukraine die deutsche Fußballnationalmannschaft mit einer spektakulären Rettungsaktion im Spiel hielt (Foto: dpa), ist Fußballer des Jahres 2016. Der Abwehrchef des FC Bayern München setzte sich bei der vom Fachmagazin „Kicker“organisierten Wahl klar gegen seine beiden Vereinskollegen Thomas Müller und Robert Lewandowski durch.
MÜNCHEN (dpa) - Jérôme Boateng reagierte erstaunt. Mit der Wahl zu Deutschlands „Fußballer des Jahres“hatte der Weltmeister „überhaupt nicht gerechnet“. Abwehrspieler stehen bei derartigen Auszeichnungen gewöhnlich im Schatten der Torjäger, aber der herausragende Verteidiger der deutschen Nationalmannschaft und des FC Bayern München setzte die Regel für 2016 außer Kraft. „Natürlich bin ich unglaublich stolz, dass ich so etwas erreichen konnte“, erklärte Boateng im Interview mit dem „Kicker“. Das Fachmagazin führt die Wahl seit 1960 unter Deutschlands Sportjournalisten durch. Der gebürtige Berliner ist der Nachfolger des früheren Wolfsburgers Kevin De Bruyne und der erste Verteidiger seit Jürgen Kohler 1997, der gewinnen konnte.
Die Auszeichnung rückte den verletzten Boateng am Tag, an dem die Bayern den Supercup gewannen in den Fokus. Und sie dürfte den Vollblutfußballer, der sich im verlorenen EM-Halbfinale gegen Frankreich einen Muskelbündelriss im rechten Oberschenkel zugezogen hatte, im Aufbautraining zusätzlich motivieren. „Ohne Fußball fehlt etwas Riesiges in meinem Leben“, gestand Boateng. Sein Comeback ist für Anfang September geplant.
Boatengs Wahl kommt zu einem spannenden Zeitpunkt. Nach dem Rücktritt von Bastian Schweinsteiger muss Bundestrainer Joachim Löw Ende des Monats einen neuen Kapitän der Nationalelf bestimmen. „Ich weiß, dass ich das gerne machen würde und es zu mir passt“, erklärte der 27 Jahre alte Boateng, „aber es gibt auch andere tolle Spieler, die das machen können.“Als Favorit gilt aber Manuel Neuer. Boatengs Ernennung wäre auch ein Signal, gerade nach den verbalen Anfeindungen des AfD-Politikers Alexander Gauland im Sommer. Das weiß auch Boateng: „Natürlich wäre es ein Zeichen. Es wäre eine große Ehre, als erster Farbiger in Deutschland so ein Amt zu bekleiden. Das wäre aussagekräftig.“Boatengs Vater stammt aus Ghana.
Beim Bundestrainer genießt Boateng eine hohe Wertschätzung. „Jérôme gehört zu unseren Führungsspielern und nimmt diese Rolle auch an“, äußerte Löw während der EM. In Frankreich zählte Boateng zu den Leistungsträgern. Die Führungsrolle übte er besonders aus, als er während und nach dem 0:0 gegen Polen seine Teamkollegen aufrüttelte und mehr Willenskraft anmahnte.
Die interne Anerkennung dokumentierte Kollege Thomas Müller. Er titulierte Boateng wegen seiner bemerkenswerten langen Pässe in der Spieleröffnung augenzwinkernd einmal als „Kaiser“– in Anspielung an die Spielkünste der Münchner Club-Legende Franz Beckenbauer.