Noch 30 000 offene Lehrstellen im Handwerk
Schulabgänger bevorzugen Handels- und Kaufmannsberufe
NÜRNBERG/OSNABRÜCK (dpa/ AFP) - Den Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) plagen angesichts 30 000 offener Lehrstellen unmittelbar vor Beginn des Ausbildungsjahrs am 1. September Nachwuchssorgen. „Unsere klare Botschaft ist: Wir wollen jeden, der Interesse hat“, sagte ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Entscheidend seien das Interesse der Jugendlichen an der Ausbildung, ihre Teamfähigkeit und ihre soziale Kompetenz. Im vergangenen Jahr schlossen 516 600 Jugendliche einen neuen Ausbildungsvertrag ab, das war ein Rückgang um 0,3 Prozent im Vergleich zu 2014. Viele Lehrstellen blieben unbesetzt.
Auf einer Liste der zehn beliebtesten Ausbildungsberufe in Deutschland rangieren weiterhin klassische Handels- und Kaufmannsberufe statt zukunftsweisender Informationstechnik-Jobs ganz oben. Das geht aus Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervor. Die zehn gefragtesten Ausbildungsberufe führt der Kaufmannsberuf mit Schwerpunkt Büromanagement an. Von den 509 600 jungen Leute, die sich in den vergangenen Monaten bei ihrer Lehrstellensuche an die Arbeitsagenturen wandten, sahen darin knapp 36 000 ihre Wunsch-Ausbildung. 33 000 (Platz zwei) suchten eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann, gefolgt von der Verkäufer-Ausbildung (Platz 3/29 800 Jugendliche). Für eine Lehrstelle zum Industriekaufmann interessierten sich 21 500 Jugendliche (Platz 6).
Dabei sind die Aussichten auf einen Azubiplatz im Handel selbst eineinhalb Monate vor Beginn der meisten Berufsausbildungen gar nicht so schlecht. Trotz der großen Nachfrage sind derzeit noch viele Lehrstellen für angehende Kaufleute und Verkäufer frei. So steht auf der Liste der Ende Juli noch immer unbesetzten Ausbildungsplätze die Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann mit 12 800 Stellen auf Platz eins, gefolgt von knapp 11 400 Verkäuferstellen.
Beste Aussichten haben auch junge Leute mit Spaß am Kochen: Die Gastronomie sucht derzeit noch mehr als 6200 Nachwuchsköche – ein Ausbildungsberuf, der damit auf Platz drei rangiert. Gute Chancen haben junge Leute auch als Büromanagement-Kaufmann (Platz 4/5300 freie Stellen), Bäckerei-Fachverkäufer (Platz 5/4600 freie Stellen), als Handelsfachwirt (Platz 6/4500 freie Stellen), als angehender Hotelfachmann (Platz 7/4400 freie Stellen), als Friseur (Platz 8/4300 Stellen), als Restaurant-Fachkraft (Platz 9/4100 Stellen) und als Logistik-Fachkraft (Platz 10/3900 Stellen).
Um noch unvermittelte Bewerber schneller in eine Ausbildung zu bringen, rief Bundesagentur-Vorstandsmitglied Raimund Becker Bewerber und Betriebe dazu auf, erfolgreiche Vermittlungen sofort den örtlichen Arbeitsagenturen zu melden. „Wir wollen alle Kapazitäten für die tatsächlich unversorgten Bewerber und noch offenen Stellen einsetzen“, sagte Becker. Damit werde vermieden, dass sich junge Leute auf bereits vergebene Lehrstellen bewerben. Zwar hatten Ende Juli 148 000 junge Männer und Frauen noch keine Lehrstelle gefunden; dies sind rund 6600 oder 4,2 Prozent weniger als zum selben Zeitpunkt des Vorjahres. Ihnen standen aber noch 172 200 unbesetzte Ausbildungsplätze gegenüber.