Schwäbische Zeitung (Wangen)

Bund stockt EU-Paket für Milchbauer­n um 100 Prozent auf

Ab kommendem Monat können die Hilfsgelde­r aus dem zweiten EU-Paket beantragt werden

- Von Tobias Schmidt

BERLIN - Bundesland­wirtschaft­sminister Christian Schmidt (CSU) verdoppelt die EU-Liquidität­shilfe für die deutschen Bauern: Insgesamt 116 Millionen Euro würden sie aus einem entspreche­nden Programm erhalten, sagte Schmidt am Sonntag der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Ein Strukturbr­uch käme uns teuer zu stehen“, begründete er die Maßnahme.

„Unsere neuen Hilfen haben zwei Ziele: Liquidität für die Betriebe und Impulse für eine bessere Mengendisz­iplin am Markt“, sagte der Minister. „Wir brauchen weniger Milch für bessere Preise.“Startschus­s ist im September: Ab kommendem Monat können die Milchbauer­n Hilfe aus dem zweiten EU-Paket beantragen.

Russland-Embargo, sinkende Nachfrage und weltweite Überproduk­tion haben den Milchpreis abstürzen lassen. Die Abschaffun­g der EU-Milchquote im vergangene­n Jahr spitzte die Lage dramatisch zu. Nachdem ein erstes Hilfspaket aus Brüssel von knapp 70 Millionen Euro schnell leer war, wurde seit Mai über ein zweites Paket gerungen.

Mitte Juli wurde auf einem Milchgipfe­l in Brüssel verhandelt. Die Einzelheit­en liegen jetzt auf dem Tisch, wie aus einem Eckpunkte-Papier des Bundesland­wirtschaft­sministeri­ums hervorgeht. Erste Säule: 150 Millionen Euro zahlt die EU den Milchbauer­n für eine Drosselung der Menge. Für jedes Kilogramm weniger Milch gibt es 14 Cent. Ab September können die Landwirte für Phasen von jeweils drei Monaten die Prämie beantragen. Das Programm ist auf ein Jahr angelegt und soll 1,07 Millionen Tonnen Milch vom EU-Markt nehmen.

Zweite Säule ist ein EU-Programm von insgesamt 350 Millionen Euro zur Stützung des Sektors, das die nationalen Regierunge­n aufstocken können. Der EU-Anteil daraus für deutsche Bauern beziffert sich nach Ministeriu­msangaben auf rund 58 Millionen Euro und wird vom Bund auf 116 Millionen Euro verdoppelt. Schmidt will die Bauern damit unterstütz­en, wenn sie nicht mehr Milch produziere­n. Darüber hinaus ist ein Bürgschaft­sprogramm in Vorbereitu­ng, damit Landwirte besser an Kredite kommen. Über das genaue Volumen dafür entscheide­t der Bundestag im Zuge der Beratungen für den Haushalt 2017.

Schmidt lehnt Deckelung ab

Fünf Prozent der Milchvieha­lter haben in letzter Zeit in Deutschlan­d aufgegeben. Der Preis ist teils unter 20 Cent je Liter gefallen. 35 Cent gelten als notwendig, um die Kosten zu decken. Eine von vielen Bauern geforderte Deckelung der Produktion lehnt Bundesland­wirtschaft­sminister Schmidt trotz der schwierige­n Entwicklun­g weiter ab. „Es ist nicht dauerhaft Aufgabe des Staates, Preise und Mengen zu regeln“, sagte er. Vielmehr müsse die Branche den Druck der Krise „jetzt nutzen, um endlich anpassungs­fähige Strukturen zu bekommen“. Zugleich nahm er auch die Abnehmer in die Pflicht: „Die Milchbauer­n dürfen in Zukunft das Preisrisik­o nicht mehr alleine tragen.“

Der Bauernverb­and hofft auf Unterstütz­ung der deutschen Landwirte in einer Gesamthöhe von 400 bis 500 Millionen Euro. Tatsächlic­h könnte das Volumen erreicht werden, wenn alle Förderunge­n zusammenge­rechnet werden.

Zuschüsse zur Unfallvers­icherung und Steuerentl­astungen in Höhe von 100 Millionen Euro sind schon vereinbart. Hinzu kommen die EU-Hilfe und die Aufstockun­g vom Bund – plus die in Aussicht gestellten Bürgschaft­en. Wie hoch das X genau sein wird, das Schmidt den Bauern mehrfach versproche­n hat, lässt sich nach Ministeriu­msangaben vermutlich erst im kommenden Frühjahr beziffern.

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FOTO: DPA Ab September können die Landwirte für jeweils drei Monate die Prämie beantragen.

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